Zero Option: Thriller
wohlverdienten Erholungsphase aufzuscheuchen.«
Zahm erwiderte: »Kein Problem.«
Vater schaute ihn an. »Du und deine Leute, ihr habt im vergangenen Monat ganz hervorragende Arbeit abgeliefert. Ich bin sehr stolz auf dich.«
Aus Zahms Sicht hatte seine Einheit nichts besonders Hervorragendes geleistet, sondern ihre Arbeit erledigt, so wie bei jedem anderen Auftrag auch.
»Danke«, sagte er trotzdem, aus reiner Höflichkeit.
Nach ein paar weiteren Schritten meinte Vater: »Ich fürchte, ich muss dich noch einmal losschicken.«
»So schnell?«
Vater nickte. »Es hat sich erst kürzlich etwas ergeben, was ich keinem anderen anvertrauen kann.«
Sie gingen noch ein Stück. Zahms professionelle Neugier war geweckt, doch Vater legte zunächst einmal eine Pause ein. Er verabscheute jede Eile. Und für Fragen war es noch zu früh, daher schwieg Zahm ebenfalls. In einer stillen Ecke des Universitätsgeländes blieb Vater stehen und drehte sich zu ihm um. Die junge Frau war zwar nirgendwo zu sehen, aber Zahm war sicher, dass sie ganz in der Nähe war.
»Letzte Woche habe ich vier meiner Jungs verloren«, sagte Vater mit trauriger Stimme. »Sie waren bei einer Überwachungsoperation in Minsk und haben Verhandlungen zwischen einem weißrussischen Kriminellen und einem libanesischen Waffenschieber namens Gabir Yamout belauscht.«
Den Namen Yamout hatte Zahm schon einmal gehört. Er wusste, wer er war, was er machte und für wen er arbeitete. Zahm runzelte die Stirn ob der verpassten Gelegenheit.
Vater lächelte dünn. »Ich sehe, was du denkst, mein Sohn. Deine Fähigkeiten im Einsatz mögen außergewöhnlich sein, aber an deinem Pokerface müssen wir noch arbeiten.«
Zahm wandte sich ab.
»Ja«, fuhr Vater fort. »Wir haben gewusst, dass Yamout in Minsk war, und nein, ich habe niemanden entsandt, um ihn zu töten. Das hätte sich einfach nicht gehört, angesichts der Tatsache, dass Yamout für uns arbeitet.«
Vater setzte sich wieder in Bewegung. Zahm folgte ihm und versuchte mit aller Macht, die Fragen zu unterdrücken, auf die er so dringend eine Antwort haben wollte. Beim nächsten Halt ließ Vater sich auf den Rasen sinken und zog Socken und Sandalen aus. Er seufzte zufrieden und wackelte mit den Zehen. Zahm ging in die Hocke, die Schultern der Sonne zugewandt. Die junge Frau war wieder da. Jetzt trug sie eine leichte Jacke, eine Sonnenbrille, keine Ohrstöpsel und kein Eis, die Haare zu einem Pferdeschwanz gebunden. Ein oberflächlicher Beobachter hätte sie gar nicht wiedererkannt, aber Zahms geschultem Blick entging sie nicht.
»Yamout arbeitet für uns«, wiederholte Vater, »aber natürlich, ohne es zu wissen.« Erneut lächelte Vater, sodass seine weißen Zähne in der Sonne blitzten. »Seit einem Jahrzehnt haben wir ihn und Baraa Ariff unter Beobachtung. In ihren Häusern, in den Restaurants, die sie besuchen, wenn sie mit ihren Kindern in den Zoo gehen, und ganz besonders, wenn sie sich mit ihren Kunden treffen. Die Logik ist denkbar einfach: Unsere Feinde werden immer Waffen kaufen wollen, und wenn sie nicht von Ariff und Yamout versorgt werden, dann eben von jemand anders. Waffenhändler sind Mittelsmänner. Sie umzubringen löst keine Probleme.« Vater machte eine kurze Pause. »Aber wenn Ariff und Yamout am Leben sind, dann können wir sie und ihre Leute beobachten und erfahren, wen sie beliefern. Dadurch kennen wir unsere Feinde schon lange, bevor sie die Waffen gegen uns erheben können.«
Zahm nickte. Die Strategie leuchtete ihm ein, und er ärgerte sich über sich selbst, weil er seiner Wut nachgegeben hatte, ohne die Tatsachen zu kennen.
Vater sagte: »Da haben wir ja das Pokerface wieder.«
»Was ist der Überwachungseinheit zugestoßen?«, wollte Zahm wissen.
Vater wartete, bis zwei Studenten, die sich lauthals unterhielten, vorbeigegangen waren, dann fuhr er fort. »Yamout war nicht in Minsk, um Waffen zu verkaufen, sondern um zu kaufen, was wir vorher gar nicht gewusst haben. Während des Treffens mit seinem Lieferanten hat ein Attentäter versucht, ihn zu töten. Meine Jungs, leidenschaftlich und selbstlos, wie sie nun einmal waren, haben eingegriffen, um unsere Verbindung in Ariffs Organisation zu schützen.« Vater schüttelte den Kopf. »Überhastet und unvernünftig, keine Frage, aber eben auch sehr tapfer. Der Attentäter hat vier von insgesamt fünf Männern grausam ermordet.«
Sie gingen wieder ein paar Schritte. Vater sagte: »Yamout hat den Angriff überlebt. Unsere Leute
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