Zerrissenes Herz (German Edition)
stand auf seinem Hocker und putzte sich schnell die Zähne. „Okay, ich bin fertig für die Xbox.“
„Gut.“ Logan hob ihn hoch, legte sich ihn auf die Schulter und trug den lachenden Charlie ins Wohnzimmer. „Aber erst müssen Mom und ich dir noch was erzählen.“
„Geht das schnell?“
„Ich weiß nicht. Wenn du gut zuhörst.“
Daisy klopfte neben sich aufs Sofa. „Komm, setz dich zu mir!“
Charlie kletterte hinauf, Logan nahm neben ihm Platz. Er war erstaunt darüber, eine leichte Nervosität in der Magengegend zu spüren. Was, wenn dem Kleinen die Vorstellung nicht gefiel, dass sich ein Mann zwischen ihn und seine Mutter drängte? Vielleicht stimmte dieses freudianische Gerede davon, dass jeder Junge unterschwellig auf alle Männer in der Nähe seiner Mutter eifersüchtig sei. Was, wenn Charlie wieder auf Julian zu sprechen käme? Was, wenn …
„Hey, Charlie“, setzte Daisy fröhlich an. „Du weißt doch, wie gerne du es hast, wenn dein Dad vorbeikommt und Sachen mit dir unternimmt?“
„Hm-hm. Wie Xbox spielen.“
„Und schwimmen, Eis essen und hier bei dir sein. Ich habe den Eindruck, dass dir das ziemlich gut gefällt.“
„Ja!“
„Tja, weißt du, mir gefällt das auch ganz gut. Ich mag es, mit dir und deinem Dad zusammen eine Familie zu sein.“
„Wie die Drei Bären“, erwiderte Charlie.
„Genau. Und ich mag es auch, mit deinem Dad zusammen zu sein, wenn du nicht dabei bist. Wir sind, äh, ein wenig wie Freund und Freundin. Weißt du, was das bedeutet?“
„Ja. Küssen und Liiiebe.“ Er fing an, ungeduldig mit einem Fuß zu wackeln.
„Wow. Ich schätze, du weißt schon eine ganze Menge mehr, als ich gedacht habe.“
Logan sprang ein, weil er spürte, dass Charlie zappelig wurde. „Wir wollen nur sichergehen, dass es für dich in Ordnung ist, wenn Mom und ich ein wenig Küsse und Liebe teilen.“
„Ist okay.“ Er wackelte mit dem anderen Fuß.
„Und wenn ich hier mal übernachte?“, fragte Logan. „Ist das auch okay?“
„Ich mag Pyjamapartys.“
„Ich meinte die Art Pyjamaparty, bei der ich im Bett deiner Mutter schlafe.“
„Manchmal schlafe ich auch bei Mom“, entgegnete Charlie und runzelte leicht die Stirn.
„Das kannst du immer noch tun“, erklärte Logan. „Manchmal.“
„Okay.“
„Also ist es für dich in Ordnung, wenn dein Dad und ich zusammen sind?“, hakte Daisy nach.
„Ja. Kann ich jetzt Xbox spielen?“
Logan grinste Daisy über den Kopf ihres Sohnes an. Es war schwer zu sagen, wie viel Charlie wirklich verstanden hatte.
Die Zeit würde es zeigen.
18. KAPITEL
D aisy beugte sich dichter an ihren Computerbildschirm und betrachtete ein Foto, das sie für ihr neues Portfolio ausgesucht hatte. Sie hatte sich entschieden, die Absage des MoMA als persönliche Herausforderung anzunehmen, und arbeitete nun hart daran, ihr Selbstvertrauen zurückzuerlangen. Aufgeben war für sie keine Option.
Doch Hartnäckigkeit hatte ihren Preis. Daisy musste sich Stunden stehlen, wann immer sie konnte. Manchmal fühlte sie sich schuldig, weil sie Familienzeit oder Zeit für ihre Freunde nutzte, um zu arbeiten.
Die Arbeit war absolut vereinnahmend, und oft war das Ergebnis die einzige Belohnung. Das Bild, das sie derzeit auf ihrem Monitor hatte, war eine komplexe Komposition, für die sie Tage gebraucht hatte, um sie genau so einzufangen – und weitere Tage, um sie perfekt zu bearbeiten. Sie hatte einen bestimmten Blick auf die Avalon Free Library gewollt, auf das solide, im griechischen Stil erbaute Gebäude, das von einem parkähnlichen Wäldchen aus Rosskastanien umgeben war.
Als die Sonne gerade die richtige Position erreicht hatte und Menschen mit ihren Hunden im Park spazieren gingen, sah das Gebäude aus wie in einem Traum. Wie in einem sehr interessanten Traum, wie etwas, das der Künstler Seurat gemalt haben könnte. Ein Hauch von Nostalgie lag über dem Bild, ohne dass es dadurch kitschig wirkte. Stattdessen fing es das Leben in einer Gemeinde ein und erzählte genau die Geschichte, die Daisy erzählen wollte.
Sie hatte solche gemischten Gefühle bezüglich Avalon. Es war der Ort, den sie ihr Zuhause nannte, wo sie Unterstützung fand, wo ihre Freunde und Familie lebten, die Menschen, die sie liebte. Und dennoch gab es einen Teil von ihr – einen geheimen, leichtsinnigen Teil –, der sich manchmal nach einem anderen Leben sehnte. Mit Charlie in Deutschland zu leben war ein unglaubliches Abenteuer gewesen, aber anstatt ihr Fernweh zu
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