Zerrissenes Herz (German Edition)
Und ein andermal, so lernte sie gerade, hatte sie es in der Hand, Liebe zu erschaffen, sie Schicht für Schicht aufzubauen. Als sie Logan im Kreise ihrer Familie beobachtete, wusste sie, dass sie es ihm schuldig war – Charlie und sich auch –, es zu versuchen.
Im August sprachen sie das erste Mal darüber zusammenzuziehen. Daisy wusste nicht mehr, wer das Thema aufgebracht hatte. Vielleicht war es Logan gewesen, der in einer witzigen Randbemerkung sein Haus als etwas besseren Briefkasten bezeichnet hatte, in dem er praktischerweise auch seine Wäsche aus der Wäscherei abholen konnte. Oder sie war es gewesen, die eines Tages in den Kühlschrank geschaut und festgestellt hatte, dass der Inhalt sich komplett verändert hatte.
„Der ist ja voller Männeressen“, sagte Daisy eines Morgens, als sie auf der Suche nach dem Grapefruitsaft war.
„Was meinst du mit Männeressen?“ Logan schaute von seinem iPhone auf.
„Na ja, halt Sachen, die nur Männer essen.“
„Was zum Beispiel?“
„Bacon.“
„Wer mag denn keinen Bacon?“
„Das ist nicht der Punkt. Ich mag Bacon auch, aber ich kaufe ihn nicht, außer es ist Truthahnbacon.“
„Truthahnbacon.“ Er schüttelte sich. „Wenn man Bacon mag, sollte man auch Bacon kaufen.“
„Und das hier! Fünf verschiedene Sorten Aufschnitt. Senf in Geschmacksrichtungen, die man garantiert nicht in der Natur findet. Vollfettmilch. Das ist alles Männeressen.“
„Okay, schuldig im Sinne der Anklage. Was soll ich dagegen tun?“
„Nichts. Es war nur eine Feststellung.“
„Was hast du denn sonst in deinem Kühlschrank gehabt?“
„Joghurt. Gemüse. Sojamilch.“
„Mädchenessen. Kein Wunder, dass Charlie will, dass ich hier einziehe.“
Oh Gott. „Hast du mit ihm darüber gesprochen?“, wollte sie wissen. Sie war kurz vor einem Panikanfall.
„Komm schon, Daisy. Wofür hältst du mich? Wenn wir es ihm sagen, sagen wir es ihm zusammen.“
„Natürlich.“ Sie sah ihn entschuldigend an. „Tut mir leid. Ich weiß, dass du so etwas nie tun würdest.“
„Gut. Also, wegen Charlie … Wann willst du mit ihm darüber sprechen?“
„Als Erstes müssen wir herausfinden, was wir ihm überhaupt sagen wollen.“ Die Aussicht machte sie ein wenig nervös. Daisy merkte, dass dieses Gespräch mehr für sie und Logan gedacht war als für Charlie. Sie wünschte, sie könnte sich für diese Situation etwas von Logans Leichtigkeit aneignen.
„Na, das ist ja nicht schwer“, erwiderte er. „Wir sagen dem Jungen, dass wir ihn lieben und uns auch. Und dass wir die ganze Zeit über zusammen sein wollen. Er wird vor Freude ausflippen, das weißt du.“
Logan hatte recht. Ihr Sohn liebte nichts mehr, als wenn sie alle drei zusammen waren. Und im Grunde genommen ging es Daisy genauso. Wenn sie mit Logan und Charlie zusammen war, fühlte sie sich, als hätte sie ihren Platz in der Welt gefunden.
„Er wird nach Einzelheiten fragen“, merkte sie an. „Zum Beispiel, in welchem Haus wir wohnen werden und wo sein Zimmer ist.“
„Darüber habe ich auch schon nachgedacht“, stimmte Logan ihr zu. „Mein Haus wäre sicher am besten. Das hier ist nur gemietet und außerdem sehr klein. Ich finde, wir ziehen in mein Haus in der Caliburn Avenue.“
Logans Haus lag in einem Viertel mit sehr alten Häusern, die nach und nach renoviert wurden, um jüngere, gut situierte Familien anzulocken. Große Bäume säumten die Straßen und sauberen Fußwege. Daisys Haus dagegen stand in einer leicht flippigen, künstlerisch angehauchten Nachbarschaft, in der viele nette Leute wohnten, die mehr Vorstellungskraft als Geld hatten. Logans Viertel war der Traum aller Yuppies, was Daisy ein wenig ironisch fand. Er war als Erbe des O’Donnell-Reedereivermögens geboren worden. Hätte er sich an die Pläne seiner Familie gehalten, könnte er wohnen, wo er wollte. So aber musste er sich etwas beweisen. Er wollte es auf eigene Faust schaffen.
Sie konnte das gut nachvollziehen. Ihre Eltern hatten sie seit dem Moment unterstützt, in dem sie ihnen gebeichtet hatte, dass sie schwanger war und mit neunzehn alleinerziehende Mutter würde. Beide hätten ihr zu gerne auf jede nur erdenkliche Weise geholfen und ihr alles gegeben, was sie brauchte.
Doch sie hatte sich für ihre Unabhängigkeit entschieden, hatte sich ein eigenes Häuschen gemietet, es irgendwie geschafft, ihr Studium, die Arbeit und Charlie unter einen Hut zu kriegen. Es war auf diese Weise zwar schwerer gewesen, aber der Lohn
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