Zersetzt - Thriller (German Edition)
der Kisten bei Prothes gezogen hatte.«
»CE-Prüfsiegel?« Felix zuckte mit der Schulter.
Kapitel 6
A ls Julia zu weiteren Schlussfolgerungen ansetzen wollte, klingelte das Handy.
»Elisabethen-Krankenhaus guten Tag, Frau Hoven. Ihr Vater musste operiert werden. Es geht ihm den Umständen entsprechend gut.« Julia erschrak.
»Aber… warum hat man mich nicht vor der OP informiert?«
»Ich darf ihnen keine weiteren Auskünfte am Telefon erteilen, bitte wenden Sie sich an den behandelnden Arzt.«
»An Dr. Pupescu?«, fragte Julia, während sie die Zigaretten in ihre Handtasche packte.
»Nein, die orthopädische Abteilung ist jetzt zuständig. Oberarzt Dr. Robert Bach hat ihn operiert.« Der blauäugige charmante Typ?
Julia brachte Felix auf den neuesten Stand, verabschiedete sich und rannte durch das Treppenhaus zum Parkplatz der Zeitungsredaktion. Sie wusste nicht, ob die soeben erhaltene Nachricht der Auslöser für das Zittern in ihren Händen war, oder ob sie heute morgen vergessen hatte, ihre kleinen blauen Tabletten zu nehmen. Was ist das nur für ein dreckiges Geschäft? Wieder werden hier nur aus Geldgier Menschenleben riskiert, oder geht es nicht nur um Geld? Ein geprüftes Implantat? Ihr Gedankenkarussell hielt erst an, als sie an die Tür mit der Aufschrift »Dr. Robert Bach, Oberarzt Orthopädie« klopfte.
Die blauen Augen, die Julia schon beim ersten Treffen aufgefallen waren, starrten sie jetzt erstaunt an.
»Sie sind Julia Hoven, die Tochter?« Dr. Bach stand auf, trat hinter seinem Schreibtisch hervor und begrüßte Julia mit einem kräftigen Händedruck.
»Ja, wie geht es meinem Vater, warum musste er so schnell operiert werden?«
»Setzen Sie sich, Frau Hoven, dann erkläre ich Ihnen alles.« Dr. Bach wies auf den Stuhl, der vor seinem Schreibtisch stand.
»Natürlich bestand ein erhöhtes Risiko aufgrund des Herzinfarktes Ihres Vaters. Aber wir mussten sofort handeln, um Schlimmeres zu verhindern. Es geht um das Hüftimplantat oder auch Teilendoprothese genannt. Wir mussten es austauschen.«
»Und was war der Grund, nach eineinhalb Jahren?« Julia stand auf und ging einige Schritte auf und ab. Dr. Bach beobachtete sie, strich sich durch seine schwarzen Haare und blätterte in Karls Akte.
»Mittlerweile sind acht Patienten mit fast identischen Symptomen eingeliefert worden und die einzige Übereinstimmung war, das allen vor ein bis zwei Jahren ein Hüftimplantat eingesetzt wurde. Daraufhin haben wir eine spezielle Blutuntersuchung veranlasst und konnten somit einen bedenklichen Gehalt an Kobalt feststellen. Das MRT hat unseren Verdacht dann bestätigt. Der Hüftkopf, der bei Ihrem Vater und den anderen Patienten eingesetzt wurde, hat eine Kobalt-Chrom-Legierung, das ist ein gängiges Material und es gab noch nie Probleme. Doch dieses Implantat ist schadhaft und hat eine Vergiftung verursacht. Wir haben uns selbstverständlich sofort mit dem Hersteller in Verbindung gesetzt, er wird alle Prothesen dieser Gruppe zurückrufen.«
Julia setzte sich wieder hin und zupfte aufgeregt an ihrer Hose.
»Und jetzt? Was haben Sie bei der OP festgestellt?«
Dr. Bach schloss die Akte.
»Wir arbeiten seit Jahren mit dem gleichen Hersteller für Medizinprodukte, so wie viele andere Krankenhäuser auch. Es gab noch nie Probleme.«
»Das beantwortet aber nicht meine Frage«, brachte Julia lauter als beabsichtigt hervor.
»Das gesamte Ausmaß der Vergiftung zeigte sich erst während der OP. Durch den sich auflösenden Hüftkopf war der Oberschenkelknochen angefressen und bröckelte teilweise ab. Das schwarz verfärbte Gewebe war von Metallsplittern durchzogen, die sich im gesamten Unterleib verteilt hatten.«
Julia wollte nicht weinen, nicht vor diesem Arzt.
»Konnten Sie denn… alles entfernen?«
»Nein, das ist nicht möglich.« Sie spürte den aufkommenden Druck in ihren Augen und sah an die Decke. Sie zwang sich an etwas anderes zu denken, doch es gelang ihr nicht. Das Gift kennt keine Grenzen und bahnt sich seinen Weg durch den Körper . Wenn es nicht erkannt wird, zerstört es alles. Wenn es in die Blutbahn gerät und an die Organe gelangt, setzt es sich fest. Es lässt nicht mehr los, bis – ja, bis es sein Ziel erreicht hat. Zersetzt .
Julia wurde übel.
Dr. Bach stand auf und lehnte sich neben Julias Stuhl an die Rückseite des Schreibtisches. In seinem männlich attraktiven Gesicht fiel ihr eine Narbe über dem rechten Auge auf. Sie musste schon alt sein, denn sie
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