Zersetzt - Thriller (German Edition)
konkreter Verdacht auf eine Kobaltvergiftung besteht«, erklärte Kati. Julia standen die Tränen in den Augen, als sie die letzte Information der handschriftlichen Aufzeichnungen entziffert hatte.
»Das MRT der Patienten zeigt, dass im Gelenkkopf ein Loch klafft. Zersetzt«, sagte sie mit tränenerstickter Stimme.
»Im gesamten Unterleib befinden sich Splitter und feiner Metallstaub. Die einzige Lösung ist eine erneute Operation, der Austausch der beschädigten Prothese.« Mein Vater soll sich noch mal so einer schweren OP unterziehen, und das mit einem gerade überstandenen Herzinfarkt? Felix setzte sich neben Julia auf die Bank und legte seinen Arm um sie.
»Die Notizen am unteren Rand waren s-s-schlecht zu entziffern. Aus dem Grund habe ich s-s-sie extra vergrößert und konnte auf jeder Seite die gleiche Firmenbezeichnung entdecken. Firma Prothes, hier in Berlin.«
»Prothes?«, rief Kati aufgeregt, »das ist einer der größten Hersteller für Implantate, die liefern weltweit!«
»Wenn wir so eine Prothese auftreiben, dann könnten wir sie von einem unabhängigen Institut untersuchen lassen«, folgerte Julia.
»Und das Brustimplantat meiner Mutter? Das stammt nicht von dieser Firma.« Kati sah auf ihre Uhr.
»Meine Schicht beginnt, ich muss ins Krankenhaus. Wir telefonieren.«
Kapitel 5
D er Zeiger der Uhr sprang auf zwei. Julia musste sich dazu zwingen, die Augen offen zu halten.
»Worauf hab ich m-m-mich da nur eingelassen. Noch m-m-mal drei Nächte auf Beobachtungsposten halte ich nicht durch, dann schlafe ich im S-S-Stehen ein.« Felix hob die Kamera auf und drehte sich vom Beifahrersitz aus zu Julia um. Er war ansonsten eher ein quirliger Typ, doch nun merkte man ihm die Müdigkeit an. Er gähnte und rieb sich mit beiden Händen die Augen. Die Regentropfen prasselten auf das Dach des alten Golfs. Ein LKW fuhr vorbei und spritze das Wasser einer Pfütze an die Seitenscheibe.
»Ich denke, wir haben lange genug beobachtet. Wir müssen jetzt da rein und vor allen Dingen ins Lager. Ha. Wir könnten aber auch Bettina als neue Mitarbeiterin einschleusen«, grinste Julia. Felix knuffte sie in die Seite und lachte.
»Gibt es auch Gehirnprothesen? Wäre ein interessanter Gedanke.«
Vorsichtshalber hatte Julia den Wagen zwei Straßen weiter geparkt. Die Türen des alten, klapprigen Gefährts leise zu schließen, war eine unlösbare Herausforderung. Es regnete Bindfäden und Julia zog sich die Kapuze ihrer Trainingsjacke über den Kopf. Sie rannten auf die andere Straßenseite und an dem hohen Zaun vorbei, der das gesamte Gelände der Firma Prothes eingrenzte. Julia sah sich die Gitter des Sicherheits- Doppelstabzaunes an, der mindestens drei bis vier Meter hoch sein musste. Felix ging dicht an der Begrenzung entlang und blieb abrupt stehen, sodass Julia fast auf ihn auflief. Er sah auf seine Uhr.
»Gleich ist es soweit.« Die Strahler, die in gleichbleibenden Abständen an den Zaunpfosten angebracht waren, beleuchteten den kompletten Innenhof. Das Licht im Pförtnerhaus erlosch, ein Mann trat mit einer Thermoskanne unterm Arm aus der Tür, drehte sich um und ging zielstrebig über den Hof zu dem großen Gebäude. Das Bellen eines Hundes wurde leiser und verstummte kurz darauf hinter den Hallen.
»Jetzt«, zischte Felix, als der Pförtner aus ihrem Sichtfeld verschwunden war. Sie krochen unter der Schranke durch und rannten über den großen Parkplatz bis an die Hauswand. Langsam und den Blick auf den Innenhof gewandt, schritten sie die Hausmauer ab. Wie verrückt ist das eigentlich, was wir hier veranstalten? Wir riskieren unsere Jobs und wegen Einbruchs verhaftet zu werden. Aber was bleibt uns anderes übrig, wenn sie die Presse nicht offiziell empfangen wollen?
Sie blieben an der Ecke stehen, sahen hinüber zur Laderampe und warteten einen Moment.
»Wenn er pünktlich ist, müsste es gleich so weit sein«, flüsterte Felix. Kaum hatte er seinen Satz beendet, öffnete sich die Schranke. Ein LKW bog von der Straße aus in den Hof und fuhr in Richtung Rampe. Das Rolltor öffnete sich und das grelle Neonlicht, das aus der Lagerhalle schien, ließen Julia und Felix zurückweichen. Ein Mitarbeiter trat heraus und wartete, bis der Lkw-Fahrer das Fahrzeug rückwärts an der Rampe abgestellt hatte. Der Lieferant stieg aus, ging zu dem Lagermitarbeiter und übergab ihm einige Papiere, die dieser sofort überprüfte.
»Wann?«, flüsterte Julia und zupfte aufgeregt von hinten an Felix' Jacke. Er
Weitere Kostenlose Bücher