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Zersplittert: Dystopie-Trilogie Band 2 (German Edition)

Zersplittert: Dystopie-Trilogie Band 2 (German Edition)

Titel: Zersplittert: Dystopie-Trilogie Band 2 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Teri Terry
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nützen wird.
    Draußen ist Gemurmel zu vernehmen, eine Zeit lang passiert nichts. Dann erklingt eine Stimme: »Weg von der Tür.«
    Es wird aufgemacht. Tori steckt den Kopf hinein. »Hier riecht es aber.« Mit gekräuselter Nase sieht sie mich an. »Du stinkst!« Hinter ihr sitzt Katran Wache, die Waffen griffbereit. Ich erkenne Nicos Büro. Habe ich es mir doch gedacht, aber warum bin ich …?
    Panik ergreift mich. Vielleicht hat Nico das mit Coulson herausbekommen und hält mich nun für eine Verräterin.
    Als Tori Dr. Lysander die Wasserflasche reicht, schüttelt Katran kaum merklich den Kopf. Seine Augen bedeuten mir: Verhalt dich still. Warte ab.
    »Lasst mich gehen«, sage ich versuchsweise. Aber statt fordernd zu klingen, bringe ich nur ein armseliges Wimmern zustande.
    Tori lacht. »Wohl kaum«, sagt sie und verriegelt die Tür, offenbar genießt sie die Situation.
    Dr. Lysander nimmt einen kleinen Schluck und reicht mir die Flasche. »Trink ruhig aus. Du bist sicherlich ausgetrocknet.« Sie deutet auf meine bespuckten Sachen.
    Ich trinke etwas, dann befeuchte ich einen Zipfel meines Ärmels und wische mein Gesicht sauber. Mehr ist nicht drin. Ich seufze. In meinem Kopf hämmert es. Was ist nur passiert? Ich bekomme es einfach nicht zusammen, alles verschwindet hinter einem diffusen Nebel.
    »Ich habe immer gedacht, aus dir könnte eine gute Ärztin werden, aber da habe ich mich wohl getäuscht. Hast du schon immer eine krankhafte Angst vor Blut gehabt?«
    »Habe ich doch gar nicht! Ich …« Und da verstumme ich. Allein der Klang des Wortes bringt die Bilder zurück. Vor mir sehe ich ihren Wachmann und rot, rot, rot …
    Ein Blutschwall. Mir kommen die Tränen und ich zittere. So viel Blut. Denk nicht dran, schieb es beiseite …
    Aber Katran hat doch gesagt, ich soll mich nicht gegen meine Erinnerungen sperren …
    Katran. Er hat den Lorder getötet. Hat ihm vor meinen Augen die Kehle aufgeschlitzt, als wollte er sagen: Schau her. Warum musste er sterben? Und warum auf so grausame Weise?
    Wie kann man eine Terroristin sein, wenn man kein Blut sehen kann?
    »Ist diese Angst überwindbar?«, frage ich.
    »Sicher. Das ist aber nicht leicht. Am wirkungsvollsten ist eine systematische Desensibilisierung. In einer geschützten Umgebung wird der Patient dem angstmachenden Reiz schrittweise ausgesetzt, bis er den Schrecken verliert. Jemand, der sich vor Spinnen fürchtet, würde man nach und nach mit den Tieren in Berührung bringen und ihm beibringen, sich dabei zu entspannen. Nach einem halben Dutzend Morde solltest du geheilt sein.«
    Desensibilisierung. Wie ein Strudel zieht mich dieses Wort zurück in die Vergangenheit. Bilder flackern vor meinem inneren Auge, als würde ich einen alten 3-D-Horrorfilm anschauen, dessen gruselige Dinge einem immer wieder ins Gesicht springen. Kein Frieden. Explosionen, Schreie, Blut. Schützend halte ich die Arme über den Kopf und rolle mich zusammen, entfernt nehme ich wahr, dass Dr. Lysander nach mir ruft, mich antippt. Ich zittere am ganzen Leib, kämpfe mit aller Macht dagegen an, kneife die Augen zu, aber es geht einfach nicht weg. Ein Pfeifen, ein Blitz und ein Knall. Ein Bus mit Schulkindern. Schreie, blutige Hände schlagen gegen Fensterscheiben. Und dann geht es von vorn los. Immer und immer wieder.
    In einer Endlosschleife? Replay? Mit dieser Einsicht verlieren die Bilder ihre Tiefe, werden zweidimensional. Eine Kinoleinwand. Ich in einem Stuhl, unfähig, mich zu bewegen. Nicht real. All das Grauen. Ich bin nie dort gewesen, man hat mich nur gezwungen, es mir auf der Leinwand anzuschauen, um mich zu desensibilisieren. Vergebens.
    Ich entspanne mich und mache die Augen auf. Vielleicht … habe ich nie jemanden umgebracht. Vielleicht könnte ich das gar nicht.
    Die Stunden vergehen. Ich meide Dr. Lysanders Blick. Bestimmt weiß sie, dass ich nicht ganz unschuldig an ihrer Lage bin. Dennoch tut oder sagt sie nichts. Sie ruht in sich selbst und ist stark. Wachsam.
    Und dann fährt ein Wagen vor.
    Bald schon sind vor der Tür Stimmen zu vernehmen, mir wird eiskalt. Nicos Stimme. Nur er kann meine Inhaftierung angeordnet haben. Aber warum?
    Minuten verstreichen und dann wird die Tür von Nico höchstpersönlich aufgeschlossen. Einem äußerst gut gelaunten Nico.
    »Ach, Hallo. Frau Dr. Lysander nehme ich an? Kommen Sie doch her. Zeit für ein Tässchen Tee.«
    Lächelnd hält er die Tür auf, als bitte er einen Gast herein. Zögernd betritt sie sein Büro, derweil wirft

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