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Zerteufelter Vers (German Edition)

Zerteufelter Vers (German Edition)

Titel: Zerteufelter Vers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daria Verner
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200 Euro, kommst wieder hierher zurück und wir lassen dich in Ruhe.« Während der Typ schon wieder von ihr abließ, krallte sich das Mädchen sie: »Aber wehe, du machst was anderes!« Gloria drehte sich zur Seite und registrierte die kleine Sparkasse. Sie besaß nicht mehr viel Geld auf ihrem Konto und hoffte inständig, dass es reichen würde. Denn überziehen konnte sie nicht – dafür war sie noch keine Achtzehn.
    Das Mädchen ließ von ihr ab, steckte Gloria ihre Karte zu und gab ihr einen Schwung Richtung Straße. Sie musste nur auf die andere Seite gehen und das Geld holen. Bis jetzt hatten sie ihr 110 Euro abgenommen. Wenn sie nun einfach loslief, um abzuhauen, würden sie sie trotzdem kriegen! Gloria überquerte die einsame, schmale Straße und trat durch die Eingangstür. Die Situation kam ihr unwirklich vor. Sie ging wie fremdgesteuert zu einem der Automaten und steckte ihre Karte in den Schlitz. Unendlich lange tanzten die Punkte auf dem Display im Kreis.
    ‹Bitte geben Sie Ihre Geheimzahl ein.› Gloria drückte die ihr vertraute Zahlenkombination. 95,38 Euro. Mist! Normalerweise sparte Gloria immer locker vier- bis fünfhundert Euro zusammen, aber nach dem Chile-Urlaub vor drei Monaten hatte ihr Konto die Renaissance erlebt! Gloria starrte auf die Zahl, die ihr das Display anzeigte und hob 70 Euro ab. Das Foyer der Sparkasse war hell erleuchtet. Aus den Augenwinkeln sah sie zum Fenster. Sie stand in voller Sichtrichtung. Gloria zog die Karte aus dem Automaten, als ihr ein Plastikständer mit Flyern auffiel. Ungeschickt warf sie den Ständer um und kniete sich auf den Boden, um ihn wieder aufzuheben.
    »Was macht die da drin so lange?« Ungeduldig formten sich die Augen des jungen Typen zu schmalen Schlitzen. »Bleib´ hier«, der Blonde hielt ihn am Arm fest. »Sie kommt gleich raus.« Gloria umfasste den Plastikständer und schob blitzschnell die EC-Karte unter ihre Fußsohle im rechten Schuh. Augenblicklich stand sie wieder auf und richtete den Flyer-Ständer aus. Was sie jetzt brauchte, war Mut und Glück! Mit wackligen Beinen ging sie langsam auf die Glastür zu. Die kühle Nachtluft atmete sie durch Nase und Mund ein und fühlte die wieder aufflammende Panik in jeder Faser ihres Körpers. Die Straße wirkte leblos. Langsam ging sie auf die schmale Gasse gegenüber zu, als sie bereits einen Schubs erhielt – in das Dunkel hinein.
    Die Augen des Mädchens wirkten kalt und aggressiv. Gloria fragte sich, ob sie womöglich unter Drogen stand. Der andere Typ drängte Gloria weiter ins Dunkel, während der große Blonde abseits und unbeteiligt wartete. »Ich habe keine 200. Ich hab´ sie einfach nicht.« Gleichzeitig streckte sie ihnen die Scheine entgegen, die sie gerade geholt hatte; ein Fünfziger und ein Zwanziger. Es sah entsetzlich wenig aus. Hätte der Automat nicht wenigstens eine andere Stückzahl ausspucken können?
    Das Mädchen riss ihr das Geld aus der Hand, betrachtete kurz die Scheine und trat drohend vor Gloria. »Willst du uns verarschen?!« Das Mädchen ging auf sie los, als wäre es die größte Routine; nicht aber für Gloria. Mit voller Wucht schlug sie ihr seitlich auf den Hals und anschließend gegen die Schläfe. Es traf sie wie ein Hagelmeer! Gloria strauchelte nach hinten und fiel auf den Boden, als sie zeitgleich fühlte, wie jemand sie sofort wieder aufhob und nach wenigen Sekunden das Knie in ihren Magen rammte. Gloria rang stumm nach Luft! Zum ersten Mal in ihrem Leben durchströmte sie das bittere Gefühl, für immer aufgeben zu müssen. Nichts konnte ihr jetzt noch helfen – in der gnadenlosen Wut, mit der dieses Mädchen auf sie einschlug.
    Nur entfernt vernahm sie jemanden etwas sagen. »Lass sie gehen, es reicht!« Es war ein Satz mit Nachdruck und gleich ließ das Mädchen von ihr ab. Gloria rang immer noch nach Luft. Für unsagbar lange Sekunden dachte sie, ersticken zu müssen und krümmte sich auf den kalten Steinen unter ihr. Jemand zog sie hoch und drückte sie sachte gegen die Wand. Luft – einfach nur Luft! Sie schmeckte ihr Blut und starrte ängstlich in das Gesicht des Großen mit den blonden Haaren.
    Er sah sie einfach nur an. Seine Augen waren so tief, als würde sie sich gleich darin verlieren. Gloria spürte den Schmerz in ihrem Bauch und ihr Kopf fühlte sich an, als wäre ein Lastwagen darüber gerollt. Was sollten ihr diese Augen sagen? War sie schon so weggetreten, dass sie die Wirklichkeit nicht mehr als solche wahrnahm? Seine Augen wurden

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