Zerteufelter Vers (German Edition)
Männerstimme, die auf dem Band zu hören war – eine Aufnahme der 110-Notrufnummer.
Sie hörte sich geschockt, ängstlich und aufgewühlt an. Kirt erkannte diese Stimme: Magnus! Er hatte sich verhaspelnd schnell mit Namen gemeldet und schien, augenscheinlich den Mord an Jansen zu beobachten. Wie ein Moderator bei einem Fußballspiel teilte die Stimme jene grausame Auseinandersetzung zwischen Kirt und Jansen mit. – Äußerst überzeugend blieb Magnus die Stimme weg, er hielt schockiert inne und hoffte furchtsam, unbemerkt zu bleiben, um Jansens Schicksal am Ende nicht noch teilen zu müssen.
»Er drängt ihn immer weiter. Ich… Oh Gott, wie lange dauert es noch, bis Sie endlich kommen?!« Magnus zeigte offenkundig seine Angst, seine Hilflosigkeit, sein Entsetzen. »Der Typ wehrt sich, aber der andere ist stärker. Sie reden irgendwas, aber es ist zu weit weg, ich versteh´ nichts.« Die Stimme an der anderen Seite des Telefons redete beruhigend auf Magnus ein. Die Kollegen seien schon unterwegs… Es könnte nicht mehr lange dauern. Doch Magnus´ Entsetzen steigerte sich ins Unermessliche, als Kirt Jansen offenbar gezielt in die Enge trieb. »Ich weiß nicht, was ich tun soll… Der… Ich muss ihm einfach helfen… Ich…« Man hörte deutlich, wie Magnus sein Versteck verließ, um Jansen zu Hilfe zu eilen, doch in jenem Moment vollzog sich das Schlimmste, was nur geschehen konnte: »Er drückt ihn immer weiter. Mein Gott – nein!«
Stille… Nichts als Stille. Die Person an der anderen Seite bat Magnus mitzuteilen, was er gesehen hatte und Magnus erklärte nur fassungslos mit zittriger Stimme: »Er hat ihn gestoßen… Der andere ist weg.« Stille. Er hat ihn einfach da runtergeschubst! Magnus´ Stimme löste sich in schierer Angst auf. Ein Knacken beendete die Aufnahme und der Polizist nahm den iPod vom Tisch. Seine Augen musterten Kirts Blick und dieser war offenkundig schockiert. Ihm wurde klar, dass die Polizei auch Magnus auseinandergenommen hatte. Aber ein scheinbarer Life-Mitschnitt, versetzt in Angst und Panik, bildete natürlich – kombiniert mit DNA-Beweisen und Fingerabdrücken – nahezu Kirts Todesstoß!
»Bleiben Sie bei Ihrer Aussage? Ich kann Ihnen nur raten, die Tat zu gestehen.« Der Mann sah Kirt ernst an und Kirt selbst konnte so schnell kaum fassen, was er gehört hatte. Er brauchte erst einmal einen kurzen Augenblick, um seine Gedanken zu sortieren. Magnus war clever – keine Frage.
»Warum spielen Sie mir die Aufnahme erst jetzt vor?« Der Polizist lehnte sich in seinen Stuhl zurück und verschränkte die Arme voreinander. »Hätte das einen Unterschied gemacht?« Kirt reagierte kaum, er schüttelte schließlich den Kopf und sah dem Polizisten in die Augen. »Er lügt. Ich habe Jansen nicht da runtergeschubst. Ich hab´ das nicht gemacht!« Der Polizist starrte Kirt mit festem Blick in die Augen. Es war einer jener Momente, die von der Stille rundherum regelrecht aufgefressen wurde. Der Mann taxierte Kirts Blick und schaute schließlich zu Boden. »Ich würde Ihnen gerne helfen. Aber Ihre DNA unter Jansens Fingernägeln, die Druckstellen an seinen Unterarmen, die Fingerabdrücke, das Foto des Zeugen und sein Anruf bei uns… Nicht zuletzt geben Sie Ihre Identität nicht preis und verweigern die Aussage!«
Der Polizist sah Kirt mitleidslos an. »Wir können Ihnen nicht nachweisen, dass Sie Jansen geplant töteten.« Der Mann hielt inne, bevor er schließlich fortfuhr: »Die Staatsanwaltschaft wird deshalb Anklage auf Totschlag erheben.« Ein letztes Mal sah der Polizist Kirt eindringlich an und wartete auf eine Reaktion. Doch Kirt wusste nicht, wie er noch reagieren sollte. Das Spiel war aus, sein Einsatz zerronnen. Der Polizist drückte mit einem Scharren seinen Stuhl beiseite und stand auf. Ehe Kirt noch einem einzigen Gedanken nachhängen konnte, führte man ihn bereits ab, zurück in die Zelle, zurück in erstickende Ohnmacht – mit dem Unterschied, dass der Fall für die Polizei offenbar abgeschlossen war.
Mit einem Mal wirbelte die endgültige Konsequenz dieses letzten Verhörs durch Kirts Kopf und rammte ihm die Wahrheit ins Bewusstsein: Es war aus! Hätte er seine Taktik doch anders aufstellen sollen? Hätte er doch erzählen sollen, dass sie Jansen vorher schon einmal aufgesucht und beschützt hatten? Aber dann hätte Kirt eine gute Erklärung parat haben müssen, weshalb er von den Selbstmordplänen wusste. – Dabei kannte er Jansen gar nicht. Und genau dies würde
Weitere Kostenlose Bücher