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Zerteufelter Vers (German Edition)

Zerteufelter Vers (German Edition)

Titel: Zerteufelter Vers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daria Verner
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nicht verschlossen.« Gloria öffnete den Einband des Buches und fand ein bekritzeltes Stück Papier. Ihre Augen wanderten nur kurz über das Pergament – sie blätterte die erste Seite des Buches um, doch alles, was sie fand, waren weiße Seiten. Nichts, gar nichts… Der Mann hatte also die Inhalte des Buches nicht gesehen; nur den Abschiedsbrief.
    Das Denken fiel Gloria noch nie so schwer. ‹Dieses Buch ist ein Teil von mir … › Das hatte Kirt ihr damals gesagt. Doch diesen Teil gab es nicht mehr… Die klaffende Wahrheit traf Gloria wie ein K-O-Schlag. Der Magen drehte sich ihr um. Das war nicht möglich, das konnte nicht sein! Tränenbäche traten aus ihren Augen, sie ließ das Buch fallen und legte die Hände bitterlich weinend vors Gesicht.
    Es gab nichts mehr zu reden, es gab nichts mehr zu leben… Es gab nichts mehr zu existieren! Das Vakuum, das sich in Glorias Herz bildete, zertrennte ihr jegliche Lebensader. Der Polizist hatte in dem Buch nichts mehr lesen können, denn es existierte nichts mehr, was die Schrift am Leben hielt. Die weißen Seiten… Sie bildeten das Sinnbild der Leere, die Kirt in ihr Leben gerissen hatte. – Wieder einmal war das Buch einen Schritt voraus gewesen! Dass der Polizist ihr behutsam seinen Arm um die Schultern legte und sie aus dem Gebäude führte, realisierte sie nur noch am Rande. Der 14. Dezember… Er sollte ihr Ende sein. Doch der 15. Dezember… war die Hölle.
    Gloria ließ sich von dem Polizisten nach Hause fahren. Sie konnte nicht begreifen, was geschehen war; Kirts Tod nicht fassen. Die weißen Seiten in dem Buch – sie hatten gestern wie heute eine Bedeutung; dessen durfte sie sich nun sicher sein. Doch wenn er nicht mehr war… blieben die Blätter leer. Kirt hatte enger mit diesen Schriften in Verbindung gestanden, als sie es vermutete. Was waren das für verteufelte Verse?!
    Es dauerte lange, bis der Polizist endlich ging. Erst nach vehementem Ablehnen aller Hilfen verließ er schließlich die Wohnung, die sich nun noch leerer anfühlte, als jemals zuvor! Der Mann hatte sie eigentlich nicht allein lassen wollen und der Grund dafür erschien ihm – wie auch ihr – klar. Denn Gloria wusste eines: Ohne Kirt wollte auch sie nicht sein. Gloria sackte auf dem Fußboden des Wohnzimmers zusammen, öffnete das Buch und las den Brief, den ihr Kirt zum Abschied hinterlassen hatte…
    Liebe Gloria,
    du wirst mich verurteilen für das, was ich tue. Ich bin mir noch nicht einmal sicher, ob es das Richtige ist. Doch wenn ich anstelle Deiner gehe, ist es auf jeden Fall die richtige Wahl. Nicht Du bist es, die Fehler begonnen hat. Nicht Du bist es, deren Leben beendet werden sollte. Wenn ich einen letzten Wunsch frei hätte, dann wäre es Dein Weiterleben. Ich liebe Dich!
    Ich sterbe nicht, weil ich hoffe, dem Schmerz zu entfliehen, wenn der 14. Dezember Dich verschluckt, sondern weil ich es für möglich halte, Deinen Platz einzunehmen. Such´ nicht nach Antworten und fühl´ Dich nicht schuldig – es ist genau umgekehrt: Würdest Du aufhören zu atmen, dann einzig und allein nur deswegen, weil ich Dich damals wie heute wollte. Doch in einem habe ich mich ganz offenbar getäuscht: Kein Mensch zu sein. Es tut mir unendlich leid. Vergiss mich nicht, ich liebe Dich!
    Dein Kirt
     
    Tränenüberströmt blickte Gloria auf das Papier in ihren Händen. Warum nur? Bei allem, was er ihr erzählt hatte… Sie verstand so vieles nicht! »Kein Mensch zu sein?« Tränen quollen fortwährend aus ihren Augen. Noch nie hatte sie sich so gefühlt. Noch nie war sie weniger als jetzt. Sie saß hier in seiner Wohnung – allein, ohne ihn. ‹Wenn ich einen letzten Wunsch frei hätte, dann wäre es Dein Weiterleben. Ich liebe Dich!› Wie konnte er so grausam sein? Wie konnte er das nur von ihr verlangen?
    Es war ein maues, aber gutes Gefühl gewesen, dem eigenen Schicksal ins Auge zu blicken, wenn man wusste, zu welchem Preis. Und diesen Preis hätte sie immer wieder gezahlt: Kirt lieben gelernt zu haben! Doch andersherum… sollte sie nun akzeptieren, weiterleben zu dürfen. – Zu dürfen! Eigentlich war Gloria immer strickt gegen Selbstmord gewesen. Nichts, aber auch gar nichts rechtfertigte es, sich selbst das Leben zu nehmen. Doch sie musste einsehen – wenn einem nichts anderes mehr blieb als das Recht, zumindest darüber entscheiden zu können…?
    Es gab so viele Argumente, aufzuhören, aufzugeben… Aber natürlich hatte Kirt sich genau wegen der vielen positiven Gründe für

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