Zieh dich aus, du alte Hippe
anmerken. Das wäre nicht die feine Art. Tante Horst ist als einzige noch nicht eingetroffen. Ihre Eltern haben sie irrtümlicherweise Horst genannt, obwohl sie hätten merken müssen, daß es ein Mädchen ist, als es geboren wurde. Doch weil das Kind eine Art Ba rt hatte, dachten sie, es wäre ein Junge. Nachher wollten sie den Namen immer ändern lassen, doch hatten sie wenig Zeit.
Noch einmal fährt der Kommissar nach Koquinox. Dieses Mal nimmt er seinen Wagen mit. Er sieht, wie ein paar Jungens mit seiner Mofette spielen. Wutentbrannt hält der Kom missar an und verteilt ein paar Kinnhaken in der Meute, dann entreißt er ihnen seine Mofette und scheucht die Jungens weg! Diesmal ziehen sie den kürzeren. Der Kommissar besteigt mit vor Stolz geschwellter Brust sein Auto, nachdem er die Mofette im Kofferraum verstaut hat. Der Kofferraum ist winzig klein, es ist ein Kunststück, überhaupt etwas dadrin reinzupacken. Dafür hat der Wagen überdimensionale Reifen, und die neuen Seitenpfeifen stehen ihm sehr gut. Der Kommissar g ibt ein Vermögen für das Tuning seiner Karre aus. So viel verdient er gar nicht. Wahrscheinlich arbeitet er nebenbei irgendwo. Und es stimmt. Kommissar Schneider arbeitet nebenbei manchmal als Konditor, bei Hochzeiten und so. Da macht er eine schnelle Mark mit eigenen Krea tionen. Es sind ausnahmslos Sahnetorten, die als Spezialität bei dem ersten Anschnitt in sich zusammenfallen. Glutrot hängt der Abendhimmel über dem Firmament. Ein Hochofen ist zu sehen, daneben ein paar lodernde Schornsteine. Hier ist e ine Raffinerie in der Nähe, daher laufen dicke Rohre über die Fahrbahn. Glitzernde Aluminiumkessel spielen Verstecken vor einer gespenstisch anheimelnden Atmosphäre. Ruß tropft vom Himmel, es riecht nach bitteren Mandeln, der Lärm von stampfenden Gewichten durchdringt die Ferne.
Schmatzend ernährt sich der Vergaser von Kommissar Schneiders Auto. Er trägt unter seinem Popelin -Mantel eine herrliche Bluse von seiner Frau. Er zieht sie gerne an, obwohl sie links geknöpft ist. Die Farben sagen ihm eben zu. Es is t grünbraun, so wie Jäger haben. In seinem Auto fühlt er sich sicher. Doch auf einmal erschüttert ein Donnerschlag die Erde. Direkt vor dem Kommissar spaltet sich derErdboden, Feuer stiebt aus der Öffnung. Der Kommissar latscht mit voller Kraft auf die B remse. Eine furchtbare Flüssigkeit kommt aus der Erde geschossen und ergießt sich über das Auto. Sie schwappt über die ganze Straße. In Sekundenschnelle findet sich Kommissar Schneider in einem wilden See von heißer Lava wieder. Sein Auto ist der einzige S chutz gegen das In ferno. Tanzende Teufel mit Mistgabeln hüpfen um das Auto rum, sie lachen und zeigen ihm die Zungen. Der Mob steigt auf den Wagen, und sie trampeln mit ihren Hufen die Wa gendecke platt. Der Kommissar duckt sich geistesgegenwärtig. Er wä hlt in seinem Autotelefon die Nummer der Polizei. »Hallo! Polizei! Hier ist Kommissar Schneider! Ich bin in Koquinox! Ich ordere alle Wagen, die zur Verfügung stehen! Los, beeilt Euch!« Er legt auf. Die Katastrophe, die den Stadtteil Koquinox heimsucht, i st eine explodierte Fabrik, zu der unterirdische Pipelines füh ren, die direkt aus dem Orient kommen. Durch riesige Pumpen, die im Gewinnungsgebiet angesiedeltsind, wird Öl nach Europa gedrückt. Hier wird es zur Energiebenötigt. Die Fabriken hier brauch en sehr viel Öl, weil ungeheuer viel produziert wird, von Plastikklingelknöpfen, die man zum Schellen braucht, angefangen bis zu ganzen Garagendä chern für Großraumgaragen. Kunststoff ist die Haupter werbsquelle in einer solchen Stadt, in der Kommissar Schneider arbeitet. Man sieht es auch überall verarbeitet, seien es Perücken zur Verschönung von Leuten oder Blumen, die es in allen Farben gibt. Der Popelin -Mantel von Kommissar Schneider ist auch aus Kunststoff. Die halbe Stadt ist auf den Beinen, um beim Löschen zuzusehen. Um den Wagen des Kommissars haben große Feuer wehrautos Stellung bezogen. Ein beherzter Feuerwehrmann zieht den siedenden Kommissar aus seinem Auto. Kurz da nach geht der schöne Sportwagen, im Kofferraum die Mo -fette mit der Satteltasch e, wo noch der Männersack drin ist, hoch.
Krampfhaft verdreht der Kommissar, als er es bemerkt, seine rechte Hand zu einer Klammer, so als wenn er ein imaginäres Papier zerknüllen wollte, in die Richtung, wo das Auto hochschießt, mit ausgestrecktem Arm. Dab ei wendet er sei nen Kopf schmerzverzerrt in den Mantel, Tränen kommen
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