Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ziel erfasst

Ziel erfasst

Titel: Ziel erfasst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
Vom Netzwerk:
hatte. Das eiskalte, von einer Quelle gespeiste Wasser war heute tiefer als gewöhnlich, die Strömung jedoch weniger stark. Andernfalls hätte er den Bach etwa hundert Meter stromaufwärts überschritten, wo eine Reihe großer flacher Steine, die einige Zentimeter aus dem Wasser ragten, eine natürliche, wenn auch schlüpfrige Furt bildeten. Heute konnte Clark jedoch auch hier den Bach problemlos durchwaten. Selbst an dessen tiefster Stelle reichte ihm das Wasser nur bis zur Hüfte.
    Plötzlich hielt er an. Er hatte im Wasser etwas Glänzendes bemerkt, das die Strahlen der untergehenden Sonne wie Metall reflektierte.
    Was ist denn das? Ein Grasbüschel, das aus dem flacheren Wasser in der Ufernähe herausragte, war von einem rosafarbenen Film umgeben. Dieser wurde dann von der Strömung mitgerissen, wobei sich einzelne winzige Kügelchen von der schwimmenden Schicht ablösten und für sich allein weitertrieben.
    Im Gegensatz zu vielen Vietnamveteranen hatte Clark keine Flashbacks. Er hatte in den vierzig Jahren seit Vietnam so viel erlebt, dass die Zeit dort nicht traumatischer war als viele seiner späteren Erfahrungen. Als er jetzt jedoch diese zähflüssige, viskose Substanz, die an dem Grasbüschel festhing, betrachtete, versetzte ihn das zurück in das Laos des Jahres 1970. Dort hatte er mit einer Gruppe von Montagnard-Guerillas einen kleinen Fluss durchquert, der nicht viel tiefer war als dieser Bach hier, aber durch einen ursprünglichen Regenwald floss. Plötzlich hatte er an ihrer Übergangsstelle auf dem Wasser einen schwarzen Film bemerkt, der langsam stromab getrieben wurde. Bei genauerer Betrachtung einigten sich er und seine Begleiter darauf, dass es sich um Zweitakt-Motoröl handelte. Sie gingen deshalb stromaufwärts weiter und fanden einen Seitenarm des Ho-Chi-Minh-Pfads. Dieser führte sie zu einer Gruppe nordvietnamesischer Soldaten, die bei der Überquerung des Flüsschens in der starken Strömung ein Moped verloren hatten. Sie hatten es danach zwar wieder herausgefischt, aber inzwischen war das Zweitaktöl herausgesickert und hatte sie schließlich verraten.
    Clark und seine Montagnard-Guerillas machten sie allesamt von hinten nieder.
    In Erinnerung an diese Geschichte in Laos steckte er jetzt seine Finger in den rosafarbenen Ölfilm und hielt sie sich dann an die Nase.
    Es war eindeutig der Geruch von Waffenöl. Er konnte sogar dessen Marke bestimmen. Es handelte sich um Break-Free CLP, seine Lieblingsmarke.
    Sofort schaute Clark stromaufwärts.
    Jäger! Er sah niemand, aber er war sich ziemlich sicher, dass sie irgendwann in der letzten halben Stunde hundert Meter nördlich den Bach auf der natürlichen Furt überquert hatten.
    Überall auf seinem Land gab es Weißwedelhirsche und wilde Truthähne. Zu dieser Tageszeit wären die Hirsche leicht zu finden. Allerdings herrschte immer noch Schonzeit, und auch Clarks Zaun war ja wohl nicht zu übersehen. Wer immer sich auf seinem Grundstück aufhielt, er hatte eine Menge Gesetze gebrochen.
    Clark durchquerte den Rest des Baches und wählte dann einen Weg, der durch den Wald zu der offenen Fläche führte, in deren Mitte sein Haus stand. Jetzt, wo er wusste, dass er nicht mehr allein auf diesem Gelände war, erinnerte ihn sein Gang durch die Wälder sogar noch mehr an Südostasien.
    Clark fiel ein, dass er direkt hinter dem Wald auf offenes Weideland geraten würde, wenn er zum Haus zurückkehren wollte. Dort könnten jedoch auch die Jäger stehen, um auf Wild zu warten, das aus dem Waldstück heraustrat, um auf den Wiesen zu äsen. Bei Leuten, die auf Privatgelände während der Schonzeit fremdes Wild erlegen wollten, bestand jedoch durchaus die Möglichkeit, dass John zum zweiten Mal in diesem Monat angeschossen werden könnte.
    Und dieses Mal wäre es keine 9-mm-Pistole, sondern eine Schrotflinte oder ein Jagdgewehr.
    Du lieber Gott, dachte Clark. Er griff in seine Watstiefel, holte seine SIG-Pistole heraus, die er immer bei sich trug, und richtete sie auf den Waldweg zu seinen Füßen, um einen Schuss abzufeuern, der den anderen seine Gegenwart anzeigen würde.
    Aber er drückte dann doch nicht ab.
    Nein. Er wusste nicht genau, warum, aber er zog es plötzlich vor, diese Männer nichts von seiner Gegenwart wissen zu lassen. Natürlich befürchtete er nicht, dass ein paar Truthahnjäger absichtlich ihre Waffen auf ihn richten könnten. Aber er kannte diese Typen und ihre Absichten nicht und wusste auch nicht, wie viele Jack Daniels sie auf ihrem

Weitere Kostenlose Bücher