Ziemlich böse Freunde: Wie wir die Bandidos in Deutschland gründeten (German Edition)
haben. Und auf diese Frage konnte es im Grunde nur eine Antwort geben: Dann hätten auch wir uns in jungen Jahren regelmäßig aus dem Club schmeißen müssen, denn dieser Bruder war uns am Ende ähnlicher, als wir es zu seinen Lebzeiten wussten.
Es verging damals kaum eine Woche, in der wir ihm nicht irgendwo aus der Patsche helfen mussten. Ich erinnere mich noch, wie er uns einmal panisch angerufen hatte, weil ein paar Typen ihre Waffen auf ihn richteten. Eschli hatte mit einer Gaspistole rumgefuchtelt und sich dann gewundert, dass die anderen ihm richtige Knarren unter die Nase hielten.
Auch diese ganze Hooligan-Sache ging uns manchmal mächtig auf den Geist, obwohl wir sehr gute Kontakte zu den Führungsmitgliedern der Gelsen-Szene haben – Erich, Christian, Fanta, Hilmer, Frenchi, Peric, Timmy, Jogi und Anke, Bandido Pauls Frau. Es nervte eben, weil Eschli ständig bei irgendwelchen Ausschreitungen im Vordergrund stehen musste und dann natürlich ein ums andere Mal in einer Polizeizelle landete. »Was ist mit Eschli?«, fragte Peter damals häufig mit einem versteckten Grinsen im Gesicht, wenn bei mir mal wieder das Telefon geklingelt hatte. »Wo müssen wir ihn denn dieses Mal rausholen?«
Einmal mussten wir ihn in Holland aus dem Knast holen, nachdem er mal wieder mit seiner Gelsen-Szene unterwegs gewesen war. Peter und ich fuhren also dorthin und waren ordentlich gepisst. Im Besucherraum erklärten wir ihm dann nachhaltig, dass er mit dieser Hool-Geschichte endlich aufhören müsse und wir keinen Bock mehr darauf hätten, uns ständig mit seinen blödsinnigen Aktionen zu beschäftigen. Aber unser Eschli blieb stur – da ließ sich dieser Bursche auch nicht von unseren »Schulterklappen« beeindrucken. Ein Charakterzug, der ihn letztlich so außergewöhnlich machte und auch auszeichnete, in diesem Fall aber mächtig nervte.
Das Maß war voll und Peter griff zur allerletzten Maßnahme: »Okay, Eschli, das nächste Mal bringen wir deine Mutter mit!«
Dann geschah etwas, was mir bis heute immer wieder ein Grinsen in die Mundwinkel treibt: Der Junge ist tatsächlich eingeknickt. Wie ein wackliges Kartenhäuschen, denn vor seiner Mutter hatte Eschli tatsächlich mehr Respekt als in einer dunklen Straße vor einer Gruppe schwer bewaffneter Feinde.
Eschlis feuriges Temperament und die Hooligan-Aktivitäten waren das eine – seine zahlreichen Frauengeschichten eine ganz andere Sache. Ob genau das letztlich dann auch zu seinem Tod geführt hat, wissen wir nicht. Der Junge hatte immer mal wieder Probleme mit einem Türken von den Anglern, der in Duisburg immer wieder versuchte, die Bandidos zu provozieren. Der Typ war Kickboxer und Wirtschafter in einem Puff. Die beiden Kerle waren wie Hund und Katze, und wann immer sie sich auf der Straße oder in einer Kneipe über den Weg liefen, gab es Zoff. Ich denke, das lag noch nicht einmal ausschließlich an den unterschiedlichen Farben, die die beiden auf dem Rücken trugen, sondern vor allem an den blöden, respektlosen Aktionen, die dieser Vogel sich ständig leistete.
Der Richter sagte später in seiner Urteilsbegründung – und da muss ich ihm ausnahmsweise zustimmen –, dass »das Tatgeschehen zwischen irgendwelchen Herren Mustermann kaum denkbar gewesen wäre« und sich die beiden Männer »wechselseitig immer aggressiver« stetig weiter gereizt hätten – bis es dann schließlich zum großen Knall kam … Die beiden hätten sich überall auf der Welt treffen können und es hätte immer in einer Katastrophe geendet.
Was auch immer an diesem besagten Abend vor unserem Duisburger Clubhaus passiert ist – ich war nicht dabei und muss mich auf Berichte anderer stützen. Ich weiß nur, dass unserem Jungen von diesem Helden in den Kopf geschossen wurde. Eschli hatte keine Knarre und kein Messer in der Hand, sondern einen Becher Cola! Wie feige musste man sein, um so etwas zu tun? Ein Thaiboxer, ein Free Fighter, der seinem Gegner aus dem Auto heraus einfach in den Kopf schießt … Dazu fehlen mir schlichtweg die Worte.
Dieser Angler stand angeblich mit seinem Wagen vor unserem Clubhaus an der Ampel, als Eschli auf ihn zuging. »Wenn man den Zeugenaussagen Glauben schenken darf, sagte Eschli zu diesem Feigling: › Komm raus, du Sau, und mach dich gerade! ‹ Denn das war es, was Eschlis gesamtes Leben bestimmt hatte: sich gerade machen! Davonlaufen, den Schwanz einziehen oder hintenherum eine heimtückische Aktion machen, das war nicht Eschlis Welt. Er wollte
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