Ziemlich böse Freunde: Wie wir die Bandidos in Deutschland gründeten (German Edition)
mal wieder planen. Zur Urteilsverkündung musste die große Geste her, das große Schaulaufen, und da stellte sich dann eben die Frage, ob wir dieses Spiel mitgehen wollten.
Logischerweise gab es vor diesem besagten Tag auch in unserem Club Stimmen, dass auch die Bandidos als Demonstration der Stärke mit großer Besatzung anreisen sollten – um den Anglern zu zeigen, dass wir auch jemand waren. Unsere Brüder Bandido Fossy 1%er und Bandido Wolfgang 1%er vom Chapter Osnabrück machten jedoch den Vorschlag, dass es nur eine echte Demonstration der Stärke geben konnte: nämlich wenn sich der Bandidos MC Germany mit 20 Mann in eine Stadt traute, die bis obenhin voll mit wütenden Anglern war. Das wäre einmal eine Ansage mit richtiger Symbolkraft!
Und so machten wir es.
Münster kam uns an jenem Tag vor wie Fort Laramie. Überall Polizei, Medienvertreter, Kamerateams, Schaulustige und gut 600 Angler – und wir mit 20 Mann. Zwölf Motorräder und zwei Autos mit je vier Mann. Ich sehe heute noch das enttäuschte Gesicht von dem Imbissbudenbesitzer, der in der Parkgarage, in der wir uns sammeln mussten, vermutlich das Geschäft seines Lebens gewittert hatte. Die Bullen vor Ort witterten natürlich sofort ein Komplott. Sie konnten und wollten offenbar nicht glauben, dass wir tatsächlich die Eier hatten, mit gerade einmal 20 Mann in der Stadt aufzulaufen.
Die Polizei suchte aufgebracht nach dem Rest unserer Truppe, der nach Meinung der Einsatzleiter inkognito in der Stadt sein musste. Aus deren Sicht konnte es einfach gar nicht sein, dass wir nur mit 20 Mann zu der Urteilsverkündung auftauchen würden. So dreist konnte man doch gar nicht agieren und sich mit ein paar wenigen Jungs in die Höhle des Löwen trauen.
Aber die Suche nach Bandidos in Zivil blieb ohne Erfolg. Wir waren 20 Banditen und kein Mann mehr. Nicht nur der Imbissbudenbesitzer musste auf sein Geschäft verzichten – auch die unzähligen Medienleute und die Gesetzeshüter. Denn nichts anderes war es letztlich: ein Geschäft. Für die Justizbehörden, für die Polizei, für die Pressevertreter und für irgendwelche Frittenbudenbesitzer war das Ganze einfach nur ein Geschäft. Und wir – die 81er und die Bandidos – die Tanzbären in deren Manege. Aber auch das waren wir nicht bereit mitzumachen. Wenn diese Herrschaften Lust auf Action hatten, sollten sie ins Kino gehen und sich den neuesten Bond-Streifen anschauen. Denn genau hierfür werden solche Filmchen eigentlich auch gedreht. Wir brauchten in dieser Szene nicht den ganz großen Auftritt – denn der kleinere war am Ende doch sehr viel eindrucksvoller.
Der sogenannte Rockerkrieg, auf den viele so sehnsüchtig warten, ist einfach nie ausgebrochen, da kann geschrieben und behauptet werden, was man will. Dafür sind die beteiligten Personen ganz offenkundig viel zu besonnen. Auch als im Mai 2012 einer unserer Brüder erschossen auf einer Straße in der Nähe von Gladbeck lag und alles nach einem feigen Mordanschlag aussah, hielten wir zunächst einmal die Füße still. Es hilft keinem, wenn man in Momenten wie diesen sofort seine Jungs zusammentrommelt und gegen den potenziellen Feind ausrückt, ohne zu wissen, was überhaupt geschehen ist.
Auch in diesem Fall hat es sich mal wieder bewährt, dass man erst einmal ruhig geblieben ist und abgewartet hat, was am Ende überhaupt rauskommt. Dieser Bruder, der da auf der Straße lag, hatte nämlich Selbstmord begangen und diesen wie einen Mordanschlag aussehen lassen. Schmauchspuren am Bike haben die Wahrheit letztlich an den Tag gebracht. Warum der Bruder das getan hat, werden wir nie erfahren. Vielleicht wollte er – nachdem er in seinem Leben nicht mehr weiterwusste – wenigstens ein ehrenhaftes Rockerbegräbnis bekommen. Ich weiß es nicht. Was ich indes sicher weiß, ist, dass ein Rachefeldzug nach dieser Geschichte so brutal daneben gewesen wäre, wie es schlimmer nicht hätte sein können.
Der in Berlin angeschossene Angler im Sommer 2012 ließ ebenfalls viele Beobachter der Szene Schlimmstes befürchten. Aber auch da regierte eine Besonnenheit, die so manchen Behördenleiter, der bereits die Klingen gewetzt haben mochte, enttäuscht zurückließ. Auch die Rot-Weißen warteten zunächst einmal ab, was die Ermittlungen ergaben, um dann festzustellen, dass dieser Mordanschlag vermutlich aus den eigenen Reihen begangen worden war. Ein »Rockerkrieg« blieb aus und auch in dieser Sache hätte er auf falschen Tatsachen beruht. Mit der großen
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