Ziemlich böse Freunde: Wie wir die Bandidos in Deutschland gründeten (German Edition)
es gerade haben und genau das war es wohl, was er an diesem seinem letzten Abend auch von dem Angler erwartete. Und dann fielen die Schüsse, von denen einer tödlich für unseren Bruder war.
Peter war an diesem Abend mit seiner Frau Katja unterwegs, der Anruf erreichte ihn im Auto auf dem Weg nach Hause. Am Telefon war Toni, der Presidente des Chapters Duisburg, und der erklärte Peter dann auch, dass es nicht gut um Eschli stehe. Peter rief sofort mich an, und seine Frau Katja hat mir später erzählt, dass sie auf dieser Fahrt Todesängste ausstand, da sie nie zuvor in ihrem Leben so schnell in einem Auto unterwegs gewesen war. Sie erinnert sich, dass Peter damals sagte: »Bitte lass Eschli nicht sterben, sonst wird sich in Deutschland alles dramatisch ändern …« Er hatte die Katastrophe, die dann ja auch folgte, irgendwie vorausgesehen … Meine Frau Berit ist an diesem Abend in die Kirche gegangen, hat eine Kerze für Eschli angezündet und für ihn gebetet.
Und auch mir war in diesen dunklen Stunden bewusst geworden, was das Attentat auf Eschli zu bedeuten hatte. Die Prognosen der Ärzte waren nicht gut und wir waren im Begriff, einen guten Freund und echten Bruder zu verlieren. Und möglicherweise standen wir nun tatsächlich vor einem Krieg. War es das alles wert? Mussten gute junge Kerle sterben, weil sie eine bestimmte Farbe auf ihrem Rücken trugen? War es das, was wir uns in all diesen Jahren unter einem Rockerleben vorgestellt hatten?
Es kam dann auch, wie es an einem solchen Abend kommen musste. Ich will an dieser Stelle bewusst nur ein wenig aus den Polizeiberichten zitieren, denn man muss nun wirklich nicht alles offen berichten … Um kurz vor halb neun fielen die Schüsse auf Eschli und um kurz nach 21 Uhr kam es bereits zu den ersten offenen Auseinandersetzungen zwischen unseren Jungs und den 81ern. In der Duisburger Vulkanstraße gerieten etwa 40 unserer Jungs mit den Anglern aneinander und um kurz nach 22 Uhr sammelten sich die Rot-Weißen vor dem Duisburger »Bandidos Place«.
Wenig später standen sich den Polizeiangaben nach in der Charlottenstraße 60 Banditen und 60 Angler gegenüber – und vielleicht 30 gleichsam machtlose Polizisten. Während in den Polizeileitstellen verzweifelt nach Verstärkung gerufen wurde, gingen diese 120 Mann mit allem, was sie in ihren Händen halten konnten, aufeinander los. Die Duisburger Polizei löste die landesweite Vollalarmierung der nordrhein-westfälischen Spezialeinsatzkräfte aus – zu dieser Zeit reisten bereits Brüder aus Unna und Greven an.
Gegen zwei Uhr morgens flog laut Polizeiangaben, die ich unkommentiert lassen möchte, eine Handgranate in das Clubhaus der Hells Angels Midland, das war der Club, dem der feige Schütze angehörte, und um etwa 4.30 Uhr wurde in Essen auf unser dortiges Clubhaus geschossen. Die Auseinandersetzung, die Peter auf dem Weg zu Eschli ins Krankenhaus befürchtete, war tatsächlich da … Ein tragisches Ereignis, das dann auch noch schmutzig werden sollte.
Vor Gericht wollte dieser Held mit seinem Verteidiger zusammen dann auch noch auf Notwehr plädieren. Eschli habe sich mehrfach an den Hosenbund gefasst, deswegen habe er befürchtet, der Mann sei bewaffnet. Aber in diesem Hosenbund steckte eben keine Knarre. Unter gerade machen hatte Eschli sich immer etwas anderes vorgestellt. Er war nicht der Ansicht, dass er gegen diesen angeblich großen Kickboxer eine Knarre brauchen würde.
Und dann habe er einfach geschossen, angeblich ohne jede Absicht, Eschli zu treffen. Er habe noch nicht einmal bemerkt, dass er unseren Jungen niedergestreckt hatte, als er mit seinem Wagen davonfuhr. Er hat einem Menschen in den Kopf geschossen, ohne es zu merken? Nicht in den Rücken – in den Kopf. Aus Versehen?
Ich bin mitunter ein gutgläubiger Mensch, aber diesen widerwärtigen und überdies auch noch feigen Schwachsinn konnte doch nun wirklich niemand glauben. Und die Richter in Duisburg taten das letztlich auch nicht. Sie verurteilten diesen Vogel wegen Totschlags zu elf Jahren Haft. Juristisch gesehen, ist es natürlich nachvollziehbar, dass in diesem Fall nicht die klassischen Mordmerkmale zum Tragen kamen, die nun mal einen Mörder von einem Totschläger unterscheiden. Sein blödes, überhebliches Grinsen, das er während fast aller Verhandlungstage provozierend zur Schau gestellt hatte, war diesem Typen am Ende dann doch vergangen, hatte er doch vermutlich damit gerechnet, mit seiner beschissenen Notwehrnummer
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