Ziemlich böse Freunde: Wie wir die Bandidos in Deutschland gründeten (German Edition)
seiner Farben auf dem Rücken als Mensch auch schätzen. Und der eröffnete uns, dass Frank H. sich gerne einmal mit uns unterhalten würde. Unverbindlich und ohne großes Aufsehen. Wir willigten nach einiger Bedenkzeit ein und so fuhren wir eines Abends zu einem Rastplatz auf der A2 – Garbsen – und von dort ging es dann weiter in eine Diskothek, in der es zu diesem informellen Treffen kommen sollte.
Eine knifflige Entscheidung. Keiner wusste, dass ein Treffen stattfinden sollte, und dann fährst du da mehr oder weniger alleine in einen Schuppen auf Anglerterritorium. Davon war eigentlich im Vorfeld nie die Rede gewesen und wir dachten schon darüber nach, ob das Ganze am Ende gut ausgehen würde. Aber Les und ich waren eben verrückt genug, die Sache durchzuziehen.
Frank H. war also da, eine Falle war auch nicht auszumachen, und so setzten wir uns, die Augen streng auf unsere Gegner gerichtet, mit dem Chef der Hannoveraner Angler an einen Tisch. Und dann ging das Vorgeplänkel auch schon los:
»Was wollt ihr von uns?«
»Wir wollen gar nichts. Ihr wolltet etwas von uns!«
»Blödsinn, warum habt ihr uns herbestellt?«
»Wir euch herbestellt? Der Vorschlag kam doch von euch …«
Und so ging es minutenlang hin und her und es ist dabei völlig unbedeutend, wer was gesagt hat, da alle Aussagen im Grunde vollständig austauschbar waren. Ein Spielchen wie im Kindergarten, nur dass die Inhalte ein klein wenig ernster waren.
Dass man in diesem Leben nicht mehr Freundschaft schließen würde, war beiden Parteien schnell klar geworden, aber nach dem oben beschriebenen Vorgeplänkel war man irgendwann dennoch übereingekommen, dass man in Zukunft – von Fall zu Fall – zunächst einmal auf der Führungsebene Gespräche führen würde. Und zwar, bevor es an der Basis richtig knallte.
Eine ordentliche Übereinkunft, wie ich finde, obwohl es in der Vergangenheit auch ohne dieses Gespräch in einigen Situationen ruhiger geblieben war, als man hätte annehmen können. Als unser Freund und Bruder Eschli in Duisburg von diesem Angler erschossen wurde, brach eben kein richtiger, landesweiter Krieg aus.
Bei der Ermordung von Eschli war uns schnell bewusst geworden, dass dies keine reine Clubangelegenheit war. Sicher, die Kluft zwischen diesen beiden Kontrahenten wurde durch die unterschiedlichen Farben nicht gerade kleiner – im Grunde aber hatten die beiden in erster Linie persönliche Gründe für ihren gegenseitigen Hass. Es hatte damals nichts darauf hingedeutet, dass Eschli sterben musste, weil er ein Bandido war. Es hatte keinen Auftrag des Clubs gegeben, Eschli wehzutun oder ihn gar zu töten. Am Ende einer langen Reihe von gegenseitigen Beleidigungen und Verunglimpfungen stand fatalerweise eine Frau, um die beide Männer kämpfen wollten. Und dieser Kampf endete auf eine unfassbar feige Art und Weise tödlich.
Nach dieser Tat eines Einzelnen loszuziehen und einen ganzen Club in die Verantwortung zu nehmen hätte sich in diesem Fall nicht empfohlen. So groß der Hass und die Abneigung auf die anderen auch waren – in diesem besonderen Fall musste man fair und vor allem bei den Tatsachen bleiben.
Auch der Mord von Ibbenbüren, bei dem aus unserer Sicht bis heute nicht bewiesen ist, dass die wahren Täter hinter Gittern sitzen, hatte eine andere Qualität. Auch dort war es nicht zu einem Überfall des einen Clubs auf den anderen gekommen. Und auch in diesem Fall mag man in Betracht ziehen, dass es Stimmen gab, die behaupteten, der ermordete Angler könne möglicherweise aus den eigenen Reihen erschossen worden sein, da er sich angeblich von seinem Club abwenden wollte. Wir wissen es nicht, aber zu größeren Ausschreitungen und Aggressionen war es auch nach diesem Todesfall nicht gekommen, weil es nicht nach einer Clubaktion aussah.
Die Fälle in Gladbeck und Berlin waren – wie bereits beschrieben – auch nicht Auslöser für größere Auseinandersetzungen, und das mit gutem Grund. Gleichwohl war es immer wieder zu Übergriffen, Schlägereien und dergleichen gekommen, sodass Angler-Boss H. und wir vereinbarten, künftig strittige Fälle zunächst einmal miteinander zu besprechen.
Diese Übereinkunft war im Grunde ganz sinnvoll – in der Theorie. In der Praxis jedoch stellte sich schon bald heraus, dass sie uns eigentlich nicht richtig weiterbrachte. Plötzlich klingelte mitten in der Nacht bei mir das Telefon und Frank H. teilte mir mit, dass einer unserer Leute einem Angler das Colour abgenommen
Weitere Kostenlose Bücher