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Zigeuner

Zigeuner

Titel: Zigeuner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bauerdick Rolf
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versetzt.«
    Wer waren die Polizisten aus Bukarest?
    »Das kann ich Ihnen nicht sagen.«
    Wo sind die Zigeuner jetzt?
    »Ich weiß nicht.«
    Werden auch die Brandschatzer und Plünderer bestraft?
    »Selbstverständlich. Alles wird untersucht. Doch das braucht seine Zeit.«
    Wo ist der Zigeuner Tudor?
    »Im Gefängnis von Giurgiu.«
    Die fünfundfünfzigjährige Romni Joana Vadura aus Bolintin Vale behauptete:
    »Ins Zuchthaus von Pitesti haben sie den jungen Tudor gebracht. Neunzehn Jahre hat er gekriegt. Und warum? Nur weil er gefragt hat, ob ihn die Rumänen mit dem Auto ins Hospital zu seinen kranken Kindern fahren. Sogar bezahlen wollte Tudor dafür. Denn Tudor hatte viel Geld. Ja, sein Geld, das wollten die Rumänen, aber ihn zu seinen Kindern fahren, das wollten sie nicht. Mit einer Flasche haben sie ihn niedergeschlagen. Da hat er sich gewehrt. Hätten sie ihn Ruhe gelassen, würde der Rumäne noch leben.«
    Auf einer Konferenz der Vereinten Nationen legte der Generalsekretär des Ethnischen Bündnisses der Roma in Rumänien, Nicolae Gheorghe, 1991 einen Bericht vor: Die Eskalation der Rassengewalt.
    »Vor allen diesen Angriffen läuten die Kirchenglocken. Das soll ein Zeichen für die Einwohner sein, die Roma anzugreifen. Die Ortsbehörden und die Beamten, die Bürgermeister, Polizisten, Priester und Lehrer unterstützen häufig die Angreifer, indem sie die Überfälle organisieren, die Identität der Gewaltanstifter verbergen und sich der Rückkehr der Roma-Familien in ihre Häuser widersetzen. Bis zum heutigen Tag fand kein Gericht statt, das sich auf die polizeilichen Ermittlungen gestützt hätte, um die Anstifter der Pogrome und die Verantwortlichen der Zerstörung zu identifizieren.«
    Einer der Popen der orthodoxen Kirchengemeinden aus Bolintin erklärte:
    »Nennen Sie bloß nicht meinen Namen. Ich habe wirklich Angst. Die Ursari haben mir gedroht. Sie wollen mein Haus anzünden und meinen kleinen Sohn entführen. Sie denken, ich sei ein Anführer der Rumänen gewesen. Das stimmt nicht. Von den Ursaris, da hat niemand gearbeitet. Die haben nur gestohlen, Hühner, Schweine, Pferde, einfach alles. In die Kirche? Nein, die haben keine Gemeindesteuer bezahlt. In die Kirche sind sie nur zum Stehlen gekommen. Öl, Handtücher, Decken, keine wertvollen Sachen, aber immerhin. Wenn mal einer geschnappt wurde, da passierte doch nichts. Die Polizei hat doch nie etwas unternommen. Vielleicht mal eine Tracht Prügel auf dem Polizeirevier. Ansonsten steckten die Polizisten doch mit den Ursari unter einer Decke. Die haben die Zigeuner nachts aus dem Gefängnis gelassen, raus zum Stehlen, und die Beute haben sie sich hinterher geteilt.
    Der Mord geschah genau um null Uhr zehn. Die Leute waren alle zur Ostermesse in der Kirche. Der Rumäne Melinte war auch dabei, doch er ging wieder hinaus, weil er seine Freundin nicht in der Kirche fand. Dann hörten wir die Schreie. Zuerst hat der Zigeuner ihm eine Flasche auf den Kopf geschlagen und ihn dann regelrecht zerstückelt. Sieben Messerstiche hat er ihm versetzt. Der Bruder Melintes hat ihn noch verfolgt. Dem hat Tudor das halbe Ohr abgeschnitten. Was glauben Sie, was hier los war. Am nächsten Morgen um elf fing die ganze Sache erst richtig an. Zweitausend, vielleicht auch dreitausend Leute haben sich auf dem Kirchplatz versammelt. Dann auf zu den Ursaris. Sehen Sie, die anderen Zigeuner, die hat man in Ruhe gelassen. Musikanten, Bauleute, Kesselschmiede, alles fleißige Leute. Ja, die haben sogar mitgeholfen die Ursari-Häuser anzustecken.«
    Der Kalderasch Marin Florea aus Bolintin Vale, Bulibascha einer sechzigköpfigen Sippe von Kesselschmiede-Zigeunern sagte:
    »Kein Roma würde einen anderen Roma berauben. Wir klauen auch nicht. Weil wir im Tabakanbau arbeiten. Von uns jedenfalls hat niemand Häuser angezündet und geplündert. Das waren nur die Rumänen. Sogar uns, die wir alle keine Ursari sind, sondern ehrliche Calderari, haben sie die Scheiben eingeworfen, den Kamin und die Möbel zerschlagen und den Fernseher zertrümmert. Und die Mastschweine sind auch weg. Der Polizist Lepadatescu, natürlich war der hier. Der hat mich doch angebrüllt, ich solle die Schnauze halten, sonst käme ich gleich hinter Gitter.«
    Der 43-jährige Marin Dumitru, Vater von sieben Kindern, war früher einmal Verzinner und verdingte sich nun als Erntehelfer, Maurer oder bei der Eisenbahn, immer dort, wo kurzfristig Arbeitskolonnen gebraucht werden. Er sagte:
    »Schau dir meine

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