Zigeunerstern: Roman (German Edition)
werdet da als »arbeitsscheue Diebe« bezeichnet, die »Gesetze nicht befolgten, die Leute zudringlich anbettelten und verfluchten, wenn sie keine Almosen bekämen«, die »stänken und überall Unrat verbreiteten« … kurz, wir leben immer noch im sogenannten finsteren Mittelalter, und dies nicht nur weil das ›popolino‹, das ›einfache Volk‹ der ›zigeunerbedrohten‹ Stadtbezirke, zum Teil selbst noch nicht über moderne zivilisatorische Annehmlichkeiten wie fließendes Wasser, Kanalisation und elektrischen Strom verfügt, sondern weil anscheinend weder die Doktrinen der katholischen Kirche noch die der KPI die uralte Xenophobie aus den Hirnen von ›underdogs‹, also Leuten, die sich selbst als ›unterprivilegiert‹ empfinden, herausmendeln konnten. Auch in Frankreich, der Schweiz, Österreich und der Bundesrepublik Deutschland mehren sich die Anzeichen für ein Wiederaufflackern von ›Rassenvorurteilen‹, je stärker die Arbeitslosenzahlen anwachsen. Fremdenfeindlichkeit und die Diskriminierung von Minoritäten bieten – wie immer – manchen Politikern und ›Führern‹ die willkommene Gelegenheit, sich gefahrlos beliebt zu machen.
Dagegen gäbe es Mittel: Unablässige sachliche Aufklärung etwa, Solidarisierung aller unterdrückten Minderheiten und vor allem – lernen, lernen, lernen! Lernt, Freunde, nicht nur zu überleben, sondern lernt die Methoden und Tricks derer, die euch verfolgen, zu durchschauen und ihnen entgegenzuwirken! Ihr müsst sie ja nicht unbedingt auch selbst anwenden! Aber wehrt euch!
Nehmt euch ein Beispiel, ihr Roma … und ihr Gadsche auch, an dem liebenswert-menschlichen Schlitzohr Yakoub, den Robert Silverberg da für euch erfunden hat. (Aber hat er ihn erfunden? Wer weiß!)
Auf jeden Fall:
Bakhtalo drom! – Glück auf den Weg!
Copyright © 1988 by Roland Fleissner
Glossar der wichtigsten Romani-Ausdrücke
Da es bei den Roma und Sinti (Cinti) bis in jüngere Zeit keine schriftlich fixierte Tradition ihrer Idiome gab, schien es angebracht, die von Robert Silverberg benutzten Transkriptionen hier beizubehalten. An einigen Stellen war der Übersetzer – trotz Benutzung von Wörterbüchern und Befragung von Romani-Kundigen – auf Vermutungen angewiesen (die man ihm hoffentlich verzeiht). Die hier aufgeführten Begriffe sollen auch nur als winzige zusätzliche Verständnisbrücke dienen.
Ashen Devlesa von atsen mer bare dewleha = Lebewohl, Adieu, »Geh mit Gott«
Bahtalo drom = Gute Reise, Glückliche Fahrt; aind. bhaga = Los, Anteil; pers. bakht = Glück; neugriech. drómos = Weg, Straße
Bal(l)engro = haarig, zottig
Bareshti rovli rupui = im Text erklärt (ebenso die Fünf Großsymbole nijako , chjam , shion , netchaphoro und trushul )
Baro, baró = groß, König; aind. bhadrá = wachsen
Bayura , möglicherweise von bánuiála = Verdacht, Zweifel
Beng = Teufel; aind. vjanga = missgestaltet; hindust. beng = Frosch
Buliasa von aind. buli = Hintern, Arschbacken, Vulva
Chapite , möglicherweise von tschatsches = wahr, wahrhaftig reden, wahrlich
Chunga, La: Die chunga ist eine lateinamerikanische Abart der populären Beat-/Rockformen des 20. Jhs. Möglicherweise besteht ein etymolog. Zusammenhang zu ›braun‹, bzw. ›hässlich‹
Cinti (Sinto/Sinti) = eine der Wurzeln (hindustan.) deutet auf ›Bund‹, ›Vereinigung‹, ›Genosse‹, ›Kamerad‹ hin
Cithera = Zither; griech. kithara ; (und ›Gitarre‹)
Damo und Yehwah = wohl ein Scherz des Autors (›Adam und Jehovah‹)
Devlesa araklam tume; Devlesa avilan = wohl von devel/debel = ›Gott‹; tume, tumen = euch/Euch; av/aw = kommen werden ( avipé = Ankunft)
Diklo = Tuch, Tüchlein, Hals-, Kopftuch, ›Schautuch‹ ( dikl = dt. ›Tüchlein‹)
Drab (und bawlo ) = Kraut, Arznei, Gift; balo = Schwein, Eber
Drabarni = Kräuterkundige(r), Heilkundige(r), ›Kräuter-Hexe‹ usw.; von aind. dravja = Medizin, ›Droge‹
Dikkeripen = wahrscheinlich von: griech. tyche = Schicksal und kerepen = tun, Arbeit, Werk: Wahrsagen, Weissagen
Gajo (Gadscho) = ›Nicht-Zigeuner‹; ursprünglich ohne pejorativen Anflug: Bauer, Hofbesitzer, Hauswirt, Hausherr, Mann, Mensch
Gitanos = die über Ägypten (›Egyptianos‹) und Nordafrika nach Spanien und Frankreich eingewanderten Zigeuner; im Gegensatz dazu die (franz.) Bohémiens , also die über Osteuropa (›Böhmen‹) zugewanderten Roma und Cinti.
Hoy! Hootchka hoya zim! erklärt sich wohl von selbst; s. das dt. »Jucheh! Juchheißa!
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