Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zimmer d. Wahrheit - Schatzjäger - Zelluloid

Zimmer d. Wahrheit - Schatzjäger - Zelluloid

Titel: Zimmer d. Wahrheit - Schatzjäger - Zelluloid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Clauß
Vom Netzwerk:
kommen. Aber das war in Ordnung. Ein Künstler, der von der Masse nicht gehasst wurde, hatte seinen Beruf verfehlt.

7
    „Da drüben ist ein schönes Plätzchen! Das Wäldchen! Es sieht schön trocken aus.“
    „Okay“, erwiderte Simon. „Folgen wir Pö. Schauen wir uns das mal an.“
    Steffen, der die Kamera tragen durfte, trottete gemächlich durch die kleine Senke. Es war immer wieder erstaunlich, wie ein Mensch, der so dünn war, so schwerfällig und lethargisch aussehen konnte. Simon und Lilli überholten ihn, und Lilli gab ihm einen Knuff, was Simon nicht gerne sah, solange der Geknuffte die Kamera trug.
    „Furztrocken“, rief ihnen Pö respektlos entgegen und stapfte durch die dürren Zweige und welken Blätter, die das Unterholz bildeten. Es knackte und knisterte vernehmlich. „Ein Funke, und das geht alles hoch.“
    Simon strich sich über die blonden Haare. Sie waren lang, glatt, schimmerten orange und reichten beinahe bis zu seinem kleinen Hintern. „Schön und gut“, kommentierte er. Dabei klang er wenig begeistert.
    „Was ist das Problem?“, wollte Pö wissen. „Hast du Angst, wir könnten tatsächlich einen Waldbrand entfachen?“
    Die letzten paar Schritte ging Simon sehr schnell, am Schluss rannte er und verpasste Pö einen Stoß gegen die Brust, dass dieser mit den Armen ruderte und in dem Gestrüpp beinahe gestürzt wäre. „Von mir aus könnte der ganze Wald in Flammen aufgehen“, zischte er. „Ich würde ihm keine Träne nachweinen. Glaubst du, ich bin ein Spießer?“
    Pö war zu stolz, um sich zu entschuldigen, aber auch nicht couragiert genug, um ihrem Boss und Geldgeber Paroli zu bieten. Er hielt seinem Blick stand und trat einen Schritt zur Seite, ohne den Kopf zu senken.
    „Es ist ein bisschen dunkel“, erklärte Simon. „Das stört mich. Im Gegensatz zu euch Pfeifen verstehe ich etwas von den technischen Erfordernissen dieser Kunstform. Man wird nachher auf dem Film nicht viel erkennen, wenn ich die Kamera in dieses dunkle Loch hinein halte.“ Sie standen in einer natürlichen Nische, umrahmt von einer Wand hoher Nadelhölzer. Bestimmt war die ungewöhnliche Dichte der Bäume verantwortlich für die Trockenheit des Gesträuchs. Die niedrigen Pflanzen hier bekamen zu wenig Licht und vermutlich auch zu wenig Regenwasser.
    „Wir könnten ein bisschen abholzen“, schlug Lilli vor, die inzwischen auch herangekommen war. Nur Steffen kam noch im Schneckentempo durch die Senke gelatscht.
    „Körperliche Arbeit?“, fragte Simon mit einem schmalen, schrägen Grinsen. „Kein Bedarf, danke.“
    Lilli legte die Hände an die Hüften. „Was denn? Seid ihr Männer oder Memmen.“
    „Memmen“, antwortete Simon. „Männer gibts seit 1945 keine mehr. Frag deinen Vater!“
    „Wir sind Mädchen“, sagte Pö. „Mädchen mit Bärten.“ Er kraulte die Stoppeln, die über sein Kinn verstreut wuchsen wie Gräser in der Wüste. Auch er trug seine Haare lang.
    „Wie wär’s mit der Stelle da hinten?“, meinte Simon.
    „Du magst das hier nur nicht, weil ich es gefunden habe“, bemerkte Pö eingeschnappt.
    „Du hast es erfasst, Mann.“
    „Mädchen, wenn ich bitten darf! Mädchen, nicht Mann. Hast du meine Haare nicht gesehen?“
    Simon grinste und klopfte Pö auf die Schulter. „Du bist witzig, aber ich traue dir nicht über den Weg.“
    „Gleichfalls“, gab Pö zurück, während sie zusammen zu dem Punkt gingen, den Simon gemeint hatte. Das Unterholz war hier nicht ganz so reichhaltig, aber trocken genug für ihre Zwecke. Und es gab genug Licht, zumindest während der nächsten Stunde oder so.
    Sie traten einen Teil des Gebüschs mit den Schuhen platt, um sich darauf niederlassen zu können. Umgeben waren sie von verdorrten Sträuchern, von denen einige bis über die Köpfe der Sitzenden reichten.
    „Seid ihr bereit? Ich starte den Film.“
    „Moment! Das Feuerzeug – wo ist mein Feuerzeug?“ Das war Steffen.
    „Da, wo es immer ist. Halt, du ziehst es erst raus, wenn der Film läuft, klar? Es wirkt unnatürlich, wenn du es schon in der Hand hast. Und … Film ab!“
    Lilli saß zwischen den beiden Männern. Sie ließ sich von Pö ein Papier reichen, kramte den Tabak aus der Brusttasche ihrer Bluse und drehte sich eine Zigarette. Von Steffen ließ sie sich Feuer geben. Jetzt rollten auch die anderen beiden ihre Stäbchen und pafften. Am schwierigsten war es, nicht in die Kamera zu sehen. Man war automatisch neugierig, wohin Simon das Objektiv gerade richtete, ob man

Weitere Kostenlose Bücher