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Zimmer Nr. 10

Titel: Zimmer Nr. 10 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
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nicht. Sie wirkten irgendwie … verloren. Einsam.« Er lächelte. »Vielleicht wie ich.«
    »Sie waren also an dem Abend eigentlich auf dem Weg, die beiden zu besuchen?«
    »Ja.«
    »Warum haben Sie das damals nicht erzählt? Vor achtzehn Jahren?«
    »Mich hat niemand gefragt.« Metzer strich sich übers Kinn. Es schien frisch rasiert zu sein. »Und es war ja nicht wichtig. Warum hätte das die Polizei interessieren sollen?«

22
    Winter stand wieder auf dem Hof. Wieder hörte er Hundegebell, das der Wind von irgendwo hinter dem Wäldchen herbeitrug. Es wirbelte um den Spielplatz, als hätte es Flügel. Der Wind bewegte die leeren Schaukeln. Es sah aus, als würde dort jemand sitzen, imaginäre Kinder. Winter dachte an den Jungen. Er musste viele Male dort gesessen haben.
    Während er die Treppen hinaufstieg, hatte er das starke Gefühl, dass er in der nächsten Stunde etwas Wichtiges erfahren würde. Etwas Wichtiges, etwas, das er geahnt hatte, als er draußen auf dem Hof gestanden und in Metzers Wohnung gesessen hatte, wo es nach Einsamkeit und stiller Verzweiflung roch, die wie eine Staubschicht über allem lag.
    Er klingelte an der Tür. Es musste noch dieselbe sein wie damals. Nichts schien sich hier verändert zu haben, er konnte nichts Neues entdecken. Nichts war renoviert, ausgebessert, verschönert worden. Das Geld war ausgegangen, ehe es den Weg bis hier heraus gefunden hatte. Für Leute, die hier wohnten, war kein Geld vorhanden. Es gab schlichtweg kein Geld.
    Winter klingelte an der Tür und hörte ein einsames Echo.
    Die Frau, die ihm öffnete, hatte ein Handtuch um den Kopf geschlungen. Er erkannte sie sofort wieder.
    Auch sie erkannte ihn.
    »Um was geht es?«, fragte sie. Und dann: »Ist was passiert?«
    »Darf ich reinkommen?«
    »Ist Jonas was passiert?«
    Er war nach achtzehn Jahren zurückgekehrt, und es war, als wäre er nur für eine Weile weggegangen und der Junge wäre verschwunden.
    »Sie erkennen mich?«, fragte er.
    »Winter«, sagte sie. »Ich erinnere mich an Ihren Namen.«
    »Ich erkenne Sie auch«, sagte er.
    »Es ist viele Jahre her.« Sie schaute über seine Schulter, wie um festzustellen, ob er allein gekommen war. »Viele Jahre.«
    »Darf ich reinkommen?«
    Sie gab einladend die Tür frei. Er betrat den Flur. All diese Flure, die er in all diesen Jahren betreten hatte. Ich hätte Staubsauger oder Nachschlagewerke verkaufen können. Darf ich einen Augenblick hereinkommen und Ihnen etwas verkaufen? Etwas stehlen. Zeit stehlen.
    Vom Fenster aus hatte Winter Blick auf den Spielplatz. Von dem französischen Balkon aus. Die Fensterscheibe reichte bis zum Fußboden.
    »Was ist passiert?«, fragte sie erneut. Sie hatte das Handtuch im Bad abgelegt, kam zurück und nahm Winter gegenüber Platz. Ihr Haar war immer noch feucht. Es glänzte im Lampenlicht. »Geht es um Jonas?«, fuhr sie fort.
    »Warum fragen Sie das?«
    »Ist das so verwunderlich?« Sie blickte ihm direkt in die Augen. »Warum sollten Sie sonst kommen?«
    »Ihm ist nichts passiert«, sagte Winter. »Aber ich bin ihm kürzlich begegnet.«
    »Wieso?«
    Da war Unruhe in ihren Augen, aber die Ursache konnte Winter nicht erkennen. Das konnte verschiedene Gründe haben, die meisten davon ganz natürliche.
    »Wissen Sie von dem Mord an einer Frau mit Namen Paula Ney?«, fragte er. Er hätte sie auch fragen können, ob ihr der Name geläufig war, nur der Name. Aber er wollte ihre Reaktion sehen.
    »Paula? Paula … was? Ein Mord? Wie sollte ich davon wissen?«
    »Paula Ney. N-e-y.«
    »Wie schrecklich. Nein … Ich weiß nichts davon. Könnte ich darüber gelesen haben? Hat es in der Zeitung gestanden?«
    Die Göteborgs Posten lag auf dem Tisch. Das Fernsehprogramm war aufgeschlagen. In der Ecke rechts von dem französischen Balkon stand der Fernseher. Es war ein älteres Modell, Winter hätte nicht sagen können, wie alt es war. Er verstand nicht viel von Fernsehapparaten.
    »Es hat ziemlich viel darüber in der Zeitung gestanden«, sagte er und deutete auf den Fernseher. »Und im Fernsehen haben sie auch etwas gebracht.«
    »Vielleicht hab ich was gesehen …« Ihr Blick wanderte von der Zeitung zum Fernseher. »Aber warum kommen Sie her und erzählen mir das?«
    Auf diese Frage gab es mehrere Antworten. Es konnte ein langer Bericht werden.
    Ihr Gesicht hatte sich in den vergangenen Minuten verändert. Er hatte gesagt, dass eine Frau ermordet worden war. Und er hatte kürzlich ihren Sohn getroffen. Die Unruhe verbreitete sich von

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