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Zimmer Nr. 10

Titel: Zimmer Nr. 10 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
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ihren Augen aus.
    »Jonas hat doch wohl nichts damit zu tun?« Sie beugte sich vor. »Das hat er doch wohl nicht?«
    »Er ist dieser Frau einige Male begegnet«, sagte Winter.
    »Herr im Himmel.«
    »Kennen Sie sie?«
    Einen Moment lang schien es so, als wollte sie es bestätigen, nur weil es vielleicht ihrem Sohn helfen könnte, ohne dass sie wusste, warum oder wie. Aber vielleicht wäre es besser, jetzt die Wahrheit zu sagen.
    »Nein«, antwortete sie.
    »Paula Ney«, sagte Winter. »Hat Jonas nie von ihr gesprochen?«
    »Nein.«
    »Sind Sie ganz sicher?«
    »Ja. Was soll das? Was hat er getan? Er hat doch wohl nicht …«
    Winter schwieg.
    »Ist er …«, sie suchte nach Worten, »ein Verdächtiger?«
    Winter berichtete von dem Fitnessstudio und Teile von dem, was Jonas ihm erzählt hatte.
    Sie schien erleichtert. »Ja, dann ist es wohl so.«
    Wieder hörte Winter Hundegebell und drehte den Kopf.
    »Sie glauben ihm doch?«, fragte sie. »Warum sollten Sie ihm nicht glauben?«
    Winter drehte sich wieder zu ihr um. Anne. Sie hieß Anne. Es stand an der Tür. Anne Sandler.
    »Ich habe mich nur mit Jonas unterhalten«, sagte er, »mehr nicht. Im Zuge einer Ermittlung unterhalten wir uns mit vielen Menschen. Das ist nötig. Jonas ist einer der Zeugen, ein wichtiger Zeuge. Er war einer der Letzten, die Paula getroffen haben.«
    Er konnte sehen, wie sie sich entspannte. Die Unruhe verschwand aus ihrem Gesicht. Das Zucken an der Schläfe, das nervöse Zittern um den Mund. Jetzt zog sich die Unruhe in die Augen zurück, und dort schien sie zu bleiben.
    »Wann haben Sie Jonas zuletzt getroffen?«, fragte er beiläufig.
    »Möchten Sie Kaffee?« Sie richtete sich auf. »Ich hab ja ganz vergessen, Sie zu fragen, ob Sie eine Tasse Kaffee möchten!«
    »Danke, gern«, antwortete Winter. »Sagen Sie mir bitte noch, wann Sie sich zuletzt getroffen haben?«
    Es war schon eine Weile her. Wie lange genau konnte sie nicht sagen. Etwa einen Monat. Das war eine lange Zeit. Sie konnte Jonas kein Alibi geben für den Zeitpunkt, für den Winter sich interessierte. Er erwähnte auch nichts von einem Alibi. Das würde später kommen, an einem anderen Tag, in einer anderen Woche, einem anderen Monat.
    Winter fragte nicht, warum sie und ihr Sohn sich so selten sahen. Wenn es denn selten war. Er konnte sich kein Urteil anmaßen. Wie viele Jahre waren zwischen dem vorletzten und letzten Treffen mit seinem Vater vergangen? Und da war es zu spät gewesen. Wie häufig hatte er seine Mutter in den letzten Jahren gesehen? Immer öfter jedenfalls. Und im kommenden Winter würde es vielleicht zu oft sein.
    Jetzt befanden sie sich in der Küche. Winter hatte es vorgeschlagen. Hier waren sie vor achtzehn Jahren auch gewesen. Der Stuhl, auf dem Jonas gesessen hatte, war leer. Winter erinnerte sich, welcher Stuhl es war. Manchmal arbeitete die Erinnerung auf diese Weise.
    Er hatte noch einige Fragen.
    »Im vierten Stock dieses Hauses sollen eine Frau und ihre Tochter gewohnt haben?«
    Sie drehte sich um mit einem Teller Wecken, die sie aus der Mikrowelle genommen hatte.
    »Damals«, fuhr Winter fort, »als ich das erste Mal hier war.«
    »Nun …«
    »War es so?«
    »Ja.«
    »Wie gut kannten Sie diese Leute?«
    »Sie haben nicht lange hier gewohnt, kaum mehr als einen Monat, glaub ich, vielleicht zwei. Das ist eine sehr kurze Zeit.«
    »Aber Sie erinnern sich an die Frau und ihre Tochter?«
    Anne Sandler nickte.
    »Wie kommt das?«
    »Wie meinen Sie das?« Sie blieb an der Anrichte stehen.
    »Es war eine so kurze Zeit«, sagte Winter.
    »Wir sind uns ein paarmal auf dem Spielplatz begegnet. Oder auf dem Hof. Und Jonas hat wohl ein bisschen mit dem Mädchen gespielt. Sie waren ungefähr im selben Alter.« Anne Sandler machte einen Schritt auf den Tisch zu. »Damals gab es hier nicht viele Kinder. Die meisten waren älter.« Sie setzte sich. »Und jetzt sind sie noch älter. Oder wir, sollte ich vielleicht sagen.«
    »Wie hießen die Leute?«, fragte Winter. »Wie hießen sie mit Nachnamen?«
    »Daran … erinnere ich mich nicht.«
    »War der Name so kompliziert, dass Sie sich nicht erinnern?«
    »Keine Ahnung. Ist es nicht leichter, sich an einen ungewöhnlichen Namen zu erinnern?«
    »Wie hieß die Frau mit Vornamen?«
    »Auch das weiß ich nicht mehr.« Anne Sandler schob die Kaffeetasse über den Tisch.
    »Und wie hieß das Mädchen?«
    Anne Sandler schien nachzudenken.
    »Ich glaube, Eva«, sagte sie nach einer Weile. »Ich meine, Jonas hätte den

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