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Zimmer Nr. 10

Titel: Zimmer Nr. 10 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
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sind ja immer eine Menge Leute im Fitnesscenter, da kann man eigentlich nicht behaupten, jemand sei allein.«
    »Haben Sie eine Freundin?«
    »Wa… Nein.«
    »Einen Freund?«
    »Was soll die Frage?«
    »Bitte antworten Sie.«
    »Nein, ich hab keinen Freund. Ich bin nicht schwul.«
    »Leben Sie allein?«
    »Wenn ich keine Freundin habe, dann lebe ich doch wohl allein, oder?«
    »Man kann in einer Wohngemeinschaft leben, die halbe Wohnung vermieten, zur Untermiete wohnen.«
    »Ich wohne allein«, sagte Jonas Sandler. »Und die Adresse kennen Sie.« Er bewegte die Schultern, wie um zu zeigen, dass er steif vom Sitzen geworden war. »Ich möchte nach Hause. Kann ich jetzt gehen?«
    »Was haben Sie an dem Abend gemacht, als Paula verschwand?«, fragte Winter.
    »Das weiß ich nicht.«
    »Warum wissen Sie es nicht?«
    »Ich weiß ja nicht, an welchem Abend sie verschwunden ist.«
    »Was sagst du?«
    Halders saß auf der anderen Seite von Winters Schreibtisch. Die Schreibtischlampe beleuchtete den unteren Teil seines Gesichts. Er sah nicht gerade nett aus. Bald war Halloween, eine neue Tradition des Schreckens im Norden. Halders würde keine Maske brauchen.
    »Wir lassen ihn laufen.«
    »Mhm.«
    »Aber wir lassen ihn nicht von der Leine.«
    »Er hat also kein Alibi«, murmelte Halders.
    »Da ist etwas, an das komme ich nicht ran«, sagte Winter.
    »Ist das nicht immer so?«
    »Es hat mit … damals zu tun. Hast du noch mal an die Fahrt nach Hisingen gedacht? Vor achtzehn Jahren?«
    »Nein. Warum sollte ich?«
    »Ich habe den Zeugen nie getroffen«, sagte Winter, »der uns alarmiert hat.«
    »Da hast du nicht viel verpasst«, meinte Halders. »Er war an der Tür vorbeigegangen, hat den Krach gehört und uns angerufen. Er kannte die Martinssons nicht.«
    »Wen wollte er in dem Haus besuchen?«
    »Daran erinnere ich mich nicht«, sagte Halders. »Da müsste ich im Archiv nachschauen. Weiß nicht mal, ob ich es notiert habe.«
    »Könntest du das bitte überprüfen?«
    »Wann? Jetzt?«
    »Ja.«
    »Okay.« Halders stand auf. »Aber warum die Eile?«
    »Ich weiß es nicht.«
    Der Verkehr auf der Älvborgsbrücke war ruhiger geworden. Dort unten blinkten Hunderte von Lichtern. Der Abendhimmel war wolkenfrei, und über der Nordsee war er tiefblau.
    Metzer. Er hieß Anton Metzer. Er hatte einen Mann in dem Haus besuchen wollen, in dem die Martinssons wohnten, ihn aber nicht angetroffen. Winter hatte sich den Namen notiert, der ihm allerdings nichts sagte. Er hatte nicht alle befragt, die in dem Haus wohnten. Nach einem halben Tag hatte er nichts Wesentliches erfahren. Und niemand hatte Fragen nach einer Hand gestellt, die ein zehnjähriger Junge und sein Hund gesehen hatten.
    Nach Halders’ Besuch noch am betreffenden Abend hatte niemand mehr mit Metzer gesprochen. Es hatte nichts gegeben, worüber man hätte sprechen müssen, und jetzt gab es auch nichts. Dennoch spürte Winter eine leichte Erregung, nein, nicht das … eine Vorahnung. Eine Vorahnung, die die Vergangenheit betraf.
    Das Verhör des Jungen hatte ihm etwas gesagt, was er noch nicht verstand. Aber er war klug genug, die Eingebung zu verfolgen. Er fuhr nicht in erster Linie hinaus, um mit Jonas’ Mutter zu sprechen, doch auch das würde er versuchen.
    Er würde in diesen seltsamen kleinen Wald gehen. Seltsam? Ja. Es war seltsam gewesen, dort zu stehen. Das auffällige Schweigen des Jungen. Der Schrecken. Ja. Die Zähne des Hundes. Auch der Hund war seltsam still geworden.
    Winter stellte den Wagen auf dem Parkplatz neben den Gebäuden ab. Er hätte irgendwo in der Stadt sein können. Es gab unzählige gleichgeartete Wohngebiete. Doch hier kannte er sich aus, weil er schon einmal hier gewesen war, nur deswegen. Er überquerte den Hof. Der Spielplatz lag im künstlichen Halbschatten, ein Licht, das eher weiß als schwarz war. Am entfernten Ende war das Wäldchen, er erkannte alles wieder, als sei er erst kürzlich hier gewesen.
    Er trat zwischen die wenigen Bäume und schaltete die Taschenlampe an. In einiger Entfernung begann plötzlich ein Hund zu bellen. Der Boden schimmerte weiß, als er ihn beleuchtete. Hier hatten sie gestanden. Irgendwo da hatte etwas gelegen, von dem der Junge behauptete, es sei eine Hand gewesen.
    Sie hatten nichts gefunden.
    Winter leuchtete eine Weile den Boden ab, aber er fand nichts, was nicht hierher gehörte. Nur Steine, Erde, Schotter, totes Laub. Ein neuer Herbst, einer von vielen, seit er zuletzt hier gewesen war.
    Er ging zurück zum

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