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Zimmer Nr. 10

Titel: Zimmer Nr. 10 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
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hat hier eingecheckt in der Nacht, bevor sie für immer verschwand. Erinnerst du dich?«
    »Wenn du das sagst. Ich erinnere mich an sie, nicht an das Hotel. Aber du hast es offenbar nicht vergessen.«
    Winter hatte plötzlich Lust, die wenigen Stufen hinaufzugehen und zu fragen, ob er das Zimmer noch einmal sehen dürfe, falls es frei sei. Aber es wäre sinnlos. Er würde das Zimmer nie wiedersehen. Wäre nie mehr gezwungen, es zu sehen.
    Der Mantel bewegte sich, hin und her. Das Bild war genauso schlecht wie immer. Die Schuhe hatten sich seit dem letzten Mal nicht verändert.
    Mit den Schuhen hatten sie niemanden in Verbindung bringen können. Seltsame Vorstellung, dachte Aneta Djanali. Jemanden an seine Schuhe binden. Eine lateinamerikanische Foltermethode. Oder afrikanisch. Nein, in Afrika besaßen nicht viele Menschen Schuhe. Sie war dort gewesen, sie war zwar nicht dort geboren, aber sie stammte schließlich aus Burkina Faso, wie es jetzt hieß. Es gab nicht viele Schuhe in den Dörfern, ein paar mehr in der Hauptstadt. Ihre Eltern stammten aus einem Dorf in der Nähe der Hauptstadt. Der Staub überall. Die Füße waren schnell mit einer Schicht bedeckt, die immer dicker wurde, wie zum Schutz.
    Halders saß neben ihr. Sie konzentrierten sich auf die Frau, ihre besondere Art zu gehen, dies Hinken, das kein Hinken war.
    »Sie verbirgt ihr Gesicht, aber ich bin nicht sicher, warum«, sagte Halders.
    »Wie meinst du das?«
    »Vielleicht verbirgt sie es immer«, sagte Halders.
    »Weiter«, sagte Aneta Djanali.
    »Sie verbirgt es nicht vor der Kamera, wenn sie überhaupt weiß, dass es dort eine Kamera gibt. Es sieht nur so aus. Sie sieht eben so aus.«
    »Warum?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Dann ist sie also nicht an einer … Konspiration beteiligt?«
    »Konspiration?«
    »Du weißt genau, was ich meine, Fredrik.«
    »Bei irgendwas macht sie aber mit«, sagte Halders. »Sie ist bereit, diesen verdammten Koffer, den ich liebend gern mal öffnen würde, in ein Schließfach zu stellen.«
    Aneta Djanali verfolgte zum dreißigsten Mal die Bewegungen der Frau.
    »Sie tut es für Paula«, sagte sie nach einer Weile. »Sie verwahrt ihn in Paulas Auftrag.« Aneta Djanali drehte sich zu Halders um. »Paula wollte weg, und die Frau hat ihr geholfen.«
    Halders nickte.
    »Paula wollte weg«, wiederholte Aneta Djanali.
    »Zwei Fragen«, sagte er. »Wohin? Und warum?«
    »Noch eine Frage«, sagte Aneta Djanali und deutete auf den Bildschirm. »Warum hat sie sich nicht gemeldet?«
    »Und noch eine«, sagte Halders. »Wer ist sie?«
    »Und«, fügte Aneta Djanali hinzu, »wo ist sie?«
    »Hier in der Stadt«, sagte Halders.
    »Aber warum zum Teufel hat sie sich nicht zu erkennen gegeben?«
    Halders studierte wieder ihre Bewegungen. »Könnte tot sein. Könnte Angst haben.«
    Winter und Ringmar waren auf dem Rückweg von ihrem Termin. Der war geplatzt. Die Person, mit der sie sich verabredet hatten, war nicht erschienen.
    »Unhöflicher Kerl«, schimpfte Ringmar.
    Winter lachte auf. »Vielleicht gab es in Bergsjön ja kein Auto, das er hätte klauen können«, sagte er. »Dann kann man auch nicht erwarten, dass er seine Termine einhält.«
    »Es gibt immer Autos, die man stehlen kann«, sagte Ringmar. »Einmal ist meins geklaut worden. Hab ich dir das erzählt?«
    »Nein.«
    »Vom Polizeiparkplatz. Am helllichten Tag.«
    »Das ist ja schon fast eine sportliche Leistung«, sagte Winter.
    »Eine Woche später habe ich es unter der Götaälvbrücke wiedergefunden.«
    »Findet man sie da nicht immer? Der Sprit scheint denen immer genau unter der Brücke auszugehen.«
    »Das Radio haben sie mitgenommen.«
    »Schade.«
    »War nicht schlimm, da kam sowieso nichts Gutes.«
    Winter lächelte. Er fühlte sich wohl in Bertils Gesellschaft. Es war keine Vater-Sohn-Beziehung, aber nicht weit davon entfernt. Sie konnten miteinander reden, was Väter und Söhne nicht immer konnten. Und sie hatten eine Form zu diskutieren gefunden, die funktionierte. Es war immer eine Frage der Form. Fast immer gab es einen Lichtblick während eines ihrer mäandernden Gespräche. Schweigen reichte nicht, die Gedanken allein reichten nicht. Nur Reden. Laut und leise. Jargon. Diskussion. Streit. Weinen. Geschrei. Flüstern. Rufe. Die ganze Bandbreite.
    Der Regen hatte aufgehört, und eine blasse Sonne leuchtete im Dunst auf wie der Strahl einer Taschenlampe mit schwacher Batterie. Sie überquerten den Gustav Adolfs Torg. Als sie vorbeigingen, zeigte der fette König

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