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Zimmer Nr. 10

Titel: Zimmer Nr. 10 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
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wie du weißt. Mal sehen, was sie in Linköping herausfinden.«
    »Ich bin nicht besonders optimistisch.«
    »Jetzt weißt du jedenfalls das mit der Farbe.«
    »Er muss die Dose mitgebracht haben.«
    »Da kann man nicht sicher sein.«
    »Ich verstehe, was du meinst, Torsten.«
    »Aber wie das genau abgelaufen ist, kann ich auch nicht erklären. Das überlasse ich dir.«
    »Besten Dank.«
    »Aber es scheint irgendwie unerklärlich.«
    Unerklärlich. Ja. Nein. Vielleicht war Elisabeth Ney mit einem weiß angemalten Finger durch die Stadt zu ihrem Rendezvous gegangen. Vielleicht gab es eine andere Erklärung. Es gab immer eine Erklärung, aber viele waren unbrauchbar. Vieles fand nie eine Erklärung. Das Unerklärlichste war fast immer eine Folge menschlichen Verhaltens.

25
    Winter suchte Schutz unter der Markise, die vom Sommer hängen geblieben war. Der Regen war stärker geworden.
    Ringmar streckte eine Hand in den Regen, und es sah aus, als wäre sie von einer Wasserkanone getroffen worden. »Wir werden wohl eine Weile warten müssen.« Er schüttelte die Hand.
    »Ich könnte mir einen schöneren Ort vorstellen«, sagte Winter.
    »Sei nicht so ungeduldig.«
    Winter lachte auf. Seit sie sich kannten, versuchte Bertil, ihn Geduld zu lehren. Seit zwei Jahren? Nein, drei. Die Zeit raste wie verrückt.
    Es war schwer, Schritt zu halten, schwer, sich zurückzuhalten, wegen der Ungeduld. Er schaute zum Himmel hinauf. Der hielt sich im Augenblick nicht zurück. Der Regen nahm zu, der Wind nahm zu. Der November näherte sich mit der üblichen Arroganz. Hier bin ich. Jetzt übernehme ich. Wem’s nicht passt, der kann ja gehen.
    »Göteborg ist nichts für Weicheier«, sagte Ringmar.
    »Hast du jemals daran gedacht wegzuziehen?«, fragte Winter.
    »Nur ein paarmal am Tag.«
    »In die Südsee vielleicht?«
    »Meinst du die Gegend um Schonen?«
    »Ja. Oder Tahiti.«
    »Und was soll ich da?«
    »In kurzen Hosen rumlaufen«, sagte Winter.
    »Mir stehen keine kurzen Hosen. Und in der Südsee regnet es auch, regnet es manchmal sogar höllisch.«
    »Bist du mal da gewesen?«
    »Nein. Du?«
    »Nur in meinen Träumen.«
    »Träum weiter, Junge. Komm, wir müssen jetzt los.«
    Wie eine Art Antwort der Natur öffnete der Himmel seine Schleusen, und der Regen des ganzen Universums ergoss sich über die Stadt, vielleicht auch nur über die Straße, auf der sich Winter und Ringmar befanden.
    Sie waren auf dem Weg zu einem Termin. Vielleicht war er wichtig, vielleicht nicht. Das würden sie erst hinterher wissen. Das lernte Winter, der halbgrüne Kriminalassistent, gerade. Hinterher wusste man es besser. Mal war es dann zu spät, mal nicht. Aber die Routine war nötig. Erst die Routine, dann das Denken. Er fand auch langsam heraus, dass es möglich war, bei der Routine zu denken. Anfangs hatte er das bezweifelt. Nun begann er zu begreifen, dass er sich möglicherweise doch nicht für das falsche Leben entschieden hatte.
    Lange währte der heftige Schauer nicht. Es war mehr das Geräusch, als dass sie etwas hätten sehen können; das Trommeln über ihnen auf der Markise ließ nach. Sie hatten nicht länger als fünf Minuten dort gewartet.
    Plötzlich wurde Winter bewusst, wo sie standen.
    Er hatte das Wissen verdrängt, in ein Fach für aussortierte Erinnerungen geschoben, weit entfernt vom Zentrum der Gedanken.
    Jetzt war es wieder da.
    Er drehte sich zu der Treppe und der Tür um. Die Schrift auf dem Glas war noch zu lesen, in Gold geätzt. Das Hotel trug noch denselben Namen. An dem Gebäude hing an einem geschmiedeten Gestell noch das Schild, auf dem »Hotel« stand. Es sah aus wie ein Käfer, der die Wand hinaufklettern will. Winter blickte an der Fassade hoch. Die Fenster waren schwarze Löcher, Stockwerk für Stockwerk.
    Es musste drei Jahre her sein. War es nicht auch Herbst gewesen? Da war er in diesem Zimmer dort oben gewesen. Ohne Durchsuchungsbefehl, den hatte er nicht bekommen. Ellen wer? Verschwunden, sagst du? Hat eine Nacht in dem Hotelzimmer gewohnt? Du willst das Zimmer untersuchen? Nein, so nicht.
    Stattdessen hatte er den Portier gefragt, ob er sich das Zimmer mal ansehen dürfe, falls es frei sei. Das war zwei Tage nach ihrem Verschwinden gewesen. Er hatte in dem Zimmer gestanden und dem Verkehr gelauscht. Nach Ellen Börge hatte niemand mehr dort übernachtet. Näher war er ihr nicht gekommen.
    »Wir stehen unter der Markise vom ›Revy‹«, sagte er jetzt laut zu Ringmar.
    »Ja?«
    »Ellen Börge, die Vermisste. Sie

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