Zipfelklatscher
auflachen muss.
»Aus die Maus! Das ist ja zehnmal so viel wie der Kredit, der jetzt fällig ist. Das war’s!« Ich hatte nie gedacht, dass es einmal so weit kommen würde, aber auf einmal beneide ich die Bedienung, die mit zwei dampfenden Tellern an unserem Tisch vorbeiläuft, um ihr Angestelltendasein. Null Freiheit, aber auch null Risiko. Vielleicht bin ich doch nicht zur Unternehmerin geboren?
»Was mach’ ich denn jetzt?«
»Mei, Kati, das hat halt einmal so weit kommen müssen, schon dein Opa hätt damals unterfüttern sollen, aber der hat ja nicht auf mich gehört!«
»Mei Spatzl«, sagt jetzt Michi-Mike und schaut mich recht lieb an, »jetzt kommst halt mit zu mir und ruhst dich aus, und morgen reden wir noch einmal. Der Boni, der kann auch gleich mitkommen, wenn er will, wegen den Todessporen, den unsichtbaren.«
»Was?«, schreckt mein Vater auf, der nicht den Eindruck macht, als würde ihn die schlechten Nachrichten irgendwie auch angehen. »Ich muss jetzt eh los!«
Ich bringe es nicht übers Herz, meinem Vater zu sagen, dass das Aufzuchtbecken vielleicht das Letzte ist, was unsere Familie eine Weile mit der Fischerei zu tun haben wird, und drücke ihm ein Bussi auf die Wange. Soll er ruhig gehen und sich ablenken.
»Kommst halt dann später nach. Ich geh mit zum Michi und leg mich kurz hin. Ich muss mal in Ruhe über alles nachdenken.«
»Hinlegen! Beim Michi! Das ist eine Spitzenidee«, ruft der Hias begeistert und zwinkert seinem Sohn zu, dass ihm das ganze Gesicht entgleist. »Geht’s nur. Bis dann!«
Gerade als ich aufstehen will, rauscht Clarissa an uns vorbei Richtung See, die Nase triumphierend nach oben gestreckt. Sie sagt keinen Ton, als sie unseren Tisch passiert, dafür aber macht sie ein ziemlich eindeutiges Geräusch.
»Wenns Arscherl brummt, is Herzerl gsund!«, gratuliert mein Vater, und meint anerkennend: »Ganz schee laut, für so a Grischperl [36] !«
Bevor ich durch die Hortensienhecke des Hotels auf den Inselweg gehe, drehe ich mich doch noch einmal um. Und tatsächlich: David steht zusammen mit Janni im Eingang des Hotels und schaut uns nach, der Öhi neben ihm hat die Ohren aufgestellt, und eine Pfote erhoben. Sowohl Herr als auch Hund haben einen Blick drauf, der mir direkt ins Herz fährt, und selbst als ich vor der im Toskanastil renovierten Casa Katzlberger stehe, spüre ich diesen Blick noch im Rücken wie einen Hexenschuss.
»Hast jetzt endlich mit dem Michi zsammgfunden?«
Ich bin nicht sonderlich überrascht, dass die Emerenz sofort um die Ecke schießt, als ich am nächsten Morgen unsere Haustür aufsperre. Michi-Mike habe ich weiterschlafen lassen, was nicht weiter schwer war, denn ich habe auf der Couch übernachtet und er in seinem Bett. »Ich kann mich jetzt nicht in deinen Bau schleppen lassen, ich bin viel zu fertig von allem, was passiert ist. Gib mir noch ein bisserl Zeit«, habe ich mich gestern Abend aus seiner Umarmung gewunden. Der Gedanke, dass mich vier Tage nach David ein anderer Mann aus meinem Dirndl schält, war mir schlichtweg unerträglich. Michi-Mike hat sich Gott sei Dank nach dieser Ansage ohne großes Klagen in sein Zimmer verzogen. »Gute Nacht, Kati, morgen schauma weiter.« Zack, Tür zu, und ich fragte mich, ob in den Hosenbeinen seiner Snowboardhose immer noch zusammengerollte Pornoheftl deponiert sind. Würde mich nicht stören, soll er sich ruhig Busenwunder anschauen, ich habe schließlich auch die ganze Zeit David vor Augen, ob ich will oder nicht.
»Mit dem Michi? Kann schon sein«, antworte ich ziemlich wortkarg. Eigentlich will ich mir nur schnell Jeans und T-Shirt holen, damit ich nicht schon wieder in Mamas Dirndl herumlaufen muss. Und damit ich schauen kann, ob mein Vater hier übernachtet hat, denn bei Michi-Mike ist er gestern nicht aufgetaucht.
Die Emerenz scheint trotzdem sehr zufrieden zu sein mit dem Verlauf der Ereignisse, jedenfalls folgt sie mir bis in die Stube, und weiter bis zu meinem Kleiderschrank und beteuert mit schiefgelegtem Kopf:
»Jaja, jetzt bist doch beim Michi gelandet! Manchmal muss man erst was Exotisches essen, gell, damit man merkt, dass daheim doch am besten schmeckt! Der Wiggerl, der hat sich gern amal an Pfau aufbraten lassen, aber später hat ihm der Koch doch immer ein paar ehrliche Krautwickerl machen müssen.«
Sogar die Emerenz merkt, dass mir nicht nach Konversation ist in meinem schimmelverseuchten Haus, das schrecklich aussieht mit einem Bombenkrater von einem Loch in den
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