Zipfelklatscher
Dielen und dem abgeklopften Putz, und sie fasst sich ein Herz, um maximal tröstende Worte zu finden.
»Bist jetzt recht traurig wegen dem schwangeren Schweizer und seim unehelichen Schratz? Obwohl, es heißt ja, dass sie kommen ist, damit er sie heiratet! Weißt was – willst vielleicht wissen, ob’s ein Mädel oder ein Bub wird? Ich wüsst vielleicht, wie ich des rausfinden könnt. Kannst ja dann immer noch die Taufpatin werden, gell, wennst unbedingt mit so einem Herrn was zu tun haben willst!«
Kurz darauf sitzt die Emerenz mit schmutzigem Kittel auf der Eckbank und behauptet, ich hätte sie mit dem Besen in die Ecke getrieben, um ihr dann ein Stück Gaffa-Tape extra-reißfest übers Maul zu kleben, aber ich kann zu meiner Verteidigung nur sagen, dass ich mich nicht daran erinnern kann, weil ich einfach rotgesehen habe. Rot, rot, rot. Ich weiß nur, dass mein Vater aus seinem Schlafzimmer gekommen ist, nur mit einer Unterhose an, und mir einen Nopi gebracht hat und dann noch einen, die Emerenz rausgeschmissen und mich in den Arm genommen hat, und ich seine Schulter vollgeheult habe, eigentlich den ganzen Vormittag lang. Jetzt ist wieder Ruhe eingekehrt, dafür steht auf einmal der Hias vor mir und will wissen, wann er unser Haus endlich abreißen darf.
»Also, ich tät den alten Kasten einstampfen, mitsamt der Fischerei, und mir einen anderen Job suchen. Was Angenehmeres. Im Outdoorcenter, da suchens immer jemand.«
»Und wenn ich das nicht will?«
»Mei, dann musst du trotzdem verkaufen, weil’s sich einfach hint und vorn nicht lohnt, so eine Sanierung. Fragt sich aber, ob du mehr als zweihunderttausend kriegst für den maroden Schuppen, gell. Schimmel und Renovierungsstau, das ist das Allerschlimmste auf dem Immobilienmarkt, und ich kenn mich da aus, glaub’s mir. Aber ich tät dir dreihunderttausend zahlen trotz der Todessporen, dir das Haus renovieren, und dir dann einen Pachtvertrag geben. Den Unterschied, den merkst du gar nicht, bis auf dass du ein neues Haus hingestellt kriegst, das du nicht bezahlen musst.«
Die Emerenz hat aufgehört zu mosern und sitzt auf der Eckbank mit offenem Mund, und auch ich muss zweimal schlucken, bevor ich antworte, so einfach klingt das aus dem Mund vom Bauunternehmer Katzlberger.
»Ja, aber warum solltest du das machen?«
»Mei, Kati, weil: Mir ham’s halt.«
Der Hias wirft sich in die breite Brust, ich glaube sofort, dass dieser feiste Kerl für immer und ewig ausgesorgt hat.
»Und weil der Michi dich mag. Und ich froh bin, dass du wieder zu Vernunft kommen bist und mit meim Buam gehst. Familie, die steht bei uns an erster Stelle, gell, Michi?«
»Freilich, Papa«, nickt Michi und fasst mir an die Hinterbacken.
»Ja, aber«, ich schlucke kurz, weil das alles zwar perfekt klingt, aber mir ein bisschen zu schnell geht. »Aber, aber, was ist, wenn wir uns nicht mehr verstehen, Michi? Mike?«
»Wir uns nimmer verstehen? Kati, ich hab dich schon in der Schule geliebt, warum soll das plötzlich aufhören? Weißt du nimmer, wie ich mich für dich ins Eckerl gestellt hab? Ich bin solide. Auf meine Gefühle kannst du dich verlassen.«
Ich denke an David, und die emotionale Berg- und Talfahrt, die er mir beschert hat, und nehme Michis Hand.
»Danke. Danke, dass ihr für mich da seid. Aber, gebt ihr mir noch ein bisserl Zeit? Ich muss einfach noch kurz in mich gehen.«
»Na freilich!«, dröhnt der Hias und haut mir seine Pratzen zwischen die Schulterblätter, dass mir kurz die Luft wegbleibt. »Aber ned z’lang überlegen, gell, weil ich bin keiner, der wo das Geld rumliegen lässt auf der Bank. Und wenn du es nicht willst, dann investier ich woanders, wo ich dann auch was damit verdien!«
»Okay, kann ich mich kurz mit dem Papa besprechen?«
Ich finde meinen Vater in seinem Schlafzimmer, wo er dabei ist, die rote Kühltasche auszuräumen. »Hast du das alles allein getrunken?«, frage ich irritiert und deute auf eine Batterie leerer Proseccoflaschen. »Ach wo, wir haben letztens nur einen kleinen Umtrunk gemacht in Prien. Wegen, wegen, weil wir ein neues Becken eingeweiht haben.«
»Ah so.« Ich gebe mich mit dieser Erklärung zufrieden, weil wir wirklich Dringenderes zu besprechen haben.
»Was hältst du eigentlich vom Hias?«, frage ich so locker wie möglich.
»Der Hias? Mei, die Liesl, die hat ihn nicht mögen. Aber das kann auch sein, weil er einmal im Segelclub den Nusskuchen von deiner Mama nicht verkaufen wollt auf dem Sommerfest, weil er
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