Zipfelklatscher
reagiert, und die zwei auf der Mole einfach stehen lassen mit dem blöden Köter, und mich noch am selben Nachmittag bei Michi entschuldigt. Schließlich geht es hier nicht nur um mich, sondern auch um die Fischerei, das Haus und meinen Papa.
Michis Vater ist in den letzten zehn Jahren eine Steigerung von sich selbst geworden: noch korpulenter, noch rotgesichtiger, und seine Stimme dröhnt, dass die abgeschraubte Wandverkleidung vibriert.
»Untergraben, unterfüttern, trockenlegen – da machma dir an Superpreis!«
»Wieviel genau?«, frage ich, Mut fassend angesichts soviel lautstarker Kompetenz, und immer noch dankbar, dass Michi mir meinen kleinen gefühlsmäßigen Ausflug in die Schweiz sofort verziehen hat. »Ich wollte nächste Woche wieder aufmachen. Schicken Sie mir ein Angebot?«
»Ah geh, Kati, für dich bin ich allaweil immer noch der Hias! Und Angebot – des brauchma ned. Zerscht machma eine Bestandsaufnahme, damit wir sehen, wie weit dass es fehlt mit eurem Haus, weil ganz neu ist der ja nimmer, der oide Kasten!«
Wieherndes Lachen.
»Und danach gengan mia zum Essen, zum Zumsler, oder? Und auf an Obstler, ha?«
Mir wird schlecht. Ich will nicht ins Hotel hoch. Aber weil Michi und sein Vater im Moment der einzige Lichtstreifen am Horizont sind, und weil mein Vater bei der Erwähnung von Obstbrand ebenfalls so ein gewisses Leuchten im Gesicht bekommt, sage ich Ja und schaue dem Hias zu, wie er an der Mauer herumkratzt.
Ich stelle dem Blasi danach noch schnell eine Dose Whiskas vor die Tür und gehe den drei Männern langsam nach, in der Hoffnung, dass der feine Herr Krug heute einfach mal frei hat und mit seiner Clarissa auf einem Chiemseedampfer herumfährt. Ich brauche eine Weile, um meinen Vater, Michi-Mike und den Hias zu entdecken. Sie sitzen am Insulanerstammtisch, auch Janni ist da, die Männer haben Johannisbeerschorlen oder Weißbier vor sich, und drehen die Speisekarten in ihren Händen. Und David? Der sitzt leider direkt mit am Tisch. Die langen Beine weggestreckt, in einem grauen Poloshirt mit Hotelstickerei und einer Espressotasse in der Hand klopft er Janni gerade lachend auf die Schulter, als wären sie die besten Freunde. Scheint sich ja ganz prächtig eingelebt zu haben, der Herr Manager, und mich durchfährt ein Stich der Eifersucht, weil dieser Mann nicht so aussieht, als würde er mich vermissen. Was mich außerdem nervt, sind die roten Flecken, die sich wie auf Knopfdruck auf meinem Dekolleté breitmachen. Immerhin ist es wohl genau dieser Ausschnitt, der die Jungs dazu verleitet, aufzublicken und unisono »Jessas Kati, da legst di nieder« auszurufen. Janni schnalzt so laut mit der überlangen Zunge, dass die Spatzen aus den Büschen ringsherum auffliegen, und ich bemerke mit Genugtuung, dass David das Gesicht herunterfällt, als hätte ihm einer eine Watschen gegeben. Ich habe nämlich hinterfotzigerweise das chiemseeblaue Dirndl angezogen.
Er springt sofort auf, um mir seinen Platz anzubieten, und wenn mich nicht alles täuscht, dann klirrt in seiner Hand die Espressotasse auf der Untertasse, als würde eine U-Bahn unter ihm durchfahren. »Was kann ich dir bringen?«, fragt er mich förmlich. Ich antworte so sonnig wie möglich: »Ich glaube, heute ist ein guter Tag für einen Winnetou Spritz, schließlich habe ich heute frei«, und lege meine Hand auf die von Michi-Mike. »Hallo Schatzi.«
»Winnetou Spritz haben wir von der Karte gestrichen, der ist manchen nicht so gut bekommen«, sagt David, ohne mit der Wimper zu zucken.
Michi-Mike blinzelt mich nach dem »Schatzi« an, als hätte ich ihm einen Lapdance angeboten und prostet David triumphierend zu, schließlich hat er jetzt doch das Rennen gemacht, und ich nehme schnell einen Schluck von seinem Weißbier und hoffe, dass David endlich verschwindet.
»Kommst du mal kurz mit? Wir müssen mal über die Lieferung sprechen«, sagt der aber, und weil ich nicht will, dass die anderen am Tisch von meiner neuen Mirabellenholzräucherrenke erfahren, folge ich ihm doch lieber ins Büro.
»Ich kann dir nichts liefern, denn ab morgen wird wahrscheinlich renoviert. Michi nimmt sich extra frei«, drücke ich ihm gleich mal rein, damit er sieht, dass ich ebenfalls ganz famos ohne ihn zurecht komme. David nickt nur nachdenklich und knetet seinem Hund das Ohr, als der unter dem Schreibtisch hervorkommt und uns beide anwedelt. »Du kannst machen, was du willst, ich verstehe das. Aber tu bitte nichts Unüberlegtes!«
»Nichts
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