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Zipfelklatscher

Zipfelklatscher

Titel: Zipfelklatscher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heidi Hohner
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Hubsi-Elvis wieder auftaucht, mit frisch gekämmter Tolle und einem silbernen Glitzersakko, das eigentlich Peinlichkeitsobergrenze ist. Aber um von der Bar wegzukommen, ziehe ich ihn zu mir und küsse ihn. Leidenschaftlich. Hubsi findet das ziemlich in Ordnung und küsst zurück, auch wenn er dazu den Kopf ein wenig in den Nacken legen muss. Er küsst ganz okay, sehr engagiert jedenfalls, aber der Stoff seines Glitzersakkos kratzt, ich schiebe deshalb meine Hand unter das Sakko auf das weiße Satinhemd. Hubsi empfindet das offensichtlich als Aufforderung, ebenfalls unter meiner Samtweste auf Entdeckungsreise zu gehen. Eigentlich sind wir nicht die Einzigen, die knutschen, die ganze Hochzeitsgesellschaft ist schon ziemlich hinüber und liegt sich in den Armen, aber aus dem Augenwinkel sehe ich, dass es diesem Toblerone-König nicht zu blöd ist, ausgerechnet mir beim Knutschen zuzusehen. Haben sie dem auf der Bed&Food-Academy keine Diskretion beigebracht? »Wollen wir nicht woanders hingehen?«, frage ich in Hubsis Mund hinein. Der Elvis löst sich und zwinkert mir zu.
    »Gebongt! Mein Zimmer ist das schönste hier im Hotel.«
    »Hast du die Nummer fünfzehn?«
    »Nein, die Elf«, sagt er überrascht, »hast du hier schon einmal gewohnt?«
    »Naja, ich war hier schon einmal auf einer Hochzeit eingeladen«, stottere ich und ziehe ihn von der Bar weg. Hubsi hört sowieso nicht zu, er scheint eine echte Frohnatur zu sein, deutet ein paar Tanzschritte an und unterbricht mich.
    »Wie heißt du eigentlich?«
    Wie angenehm. Wieder ist alles offen. Wieder kann ich erzählen, was ich will.
    »Ich bin die Wenke!«
    Der wird mich sicher nicht nach meinem Vater fragen, und ob Fischeumbringen nicht ein total abartiger Beruf ist für eine Frau. Offensichtlich hat Hubsi auch nicht vor, noch sonderlich viel zu reden. Ich wiederum habe nicht vor, heute in einem Hotelzimmer zu verschwinden. Gebranntes Kind, sozusagen.
    »So eine schöne Nacht, findest du nicht? Lass uns noch die Sterne gucken gehen!«
    Ich habe auch schon eine Idee, wo. Es ist dem ehemaligen Domspatz zwar anzusehen, dass er den Spielplatz nicht sofort als erstklassige Techtelmechtel-Location identifiziert, aber ich ziehe ihn einfach durch das kleine Türchen des Jägerzauns, zu dem auf Stelzen stehenden Holzhäuschen mit der Aufschrift »Villa Kunterbunt«.
    »Hier oben sind wir völlig ungestört.«
    Ich breche mir auf der steilen Leiter des Spielhauses fast die Absätze ab, und Hubsi guckt meinem Hintern beim Hochklettern zu, als hätte er ein resches Spanferkel vor sich.
    »Bist du sicher, dass uns das aushält? Woher kennst du denn diese Hütte?«
    Weil die Inseljugend sich hier die ersten Tschicks reinzieht, du Partyjodler! Und der Michi und ich waren da ganz vorne mit dabei! Aber Hubsi interessiert sich sowieso nicht für eine Antwort, weil er Besseres zu tun hat. Bevor wir Standfestigkeit und Schallschutz der Villa Kunterbunt diskutieren können, bedeckt er mein Gesicht mit ziemlich feuchten Küssen. Ich bin mir allerdings nicht sicher, wie schleck- und kussecht die Theaterschminke von der Emerenz ist, und weil auch Hubsi den gleichen Fehler wie Nils von Böckel begeht, nämlich mir wie ein Maulwurf in der Perücke herumzugraben, muss ich schon wieder die Forsche markieren, um ihn abzulenken. Warum können Männer nicht einfach nur an primären und sekundären Geschlechtsmerkmalen herumschrauben und Ende Gelände? Ich kann mir kaum vorstellen, dass andere Frauen völlig willenlos werden, wenn man ihnen das Haupthaar zauselt. Vielleicht ist das eines der größten Missverständnisse zwischen Männern und Frauen? Manderl zauselt, Weiberl stöhnt lustvoll auf und führt seine Hand von der Frisur weg zur Brust. Aber nicht weil uns das Kopfgekraule so viel Lust auf mehr macht, sondern damit das Ergebnis von zwei Stunden Aufbrezeln nicht noch mehr im Eimer ist. Aber was macht das Manderl als Nächstes? Na klar, wieder in der Frisur umeinandergraben, weil es ja gelernt hat, dass uns das total anmacht.
    Hubsis Gürtelschnalle ist wegen seiner Wampe gar nicht so leicht zu finden, und so schubse ich ihn einfach unsanft an die Bretterwand, Hauptsache, er nimmt seine Hände von meinen Haaren.
    »Oh«, grunzt Hubsi erfreut, »magst du’s auch gern ein bisserl härter?«
    Also, ich bin ziemlich froh, dass die nächsten zehn Minuten vorbeigehen, ohne dass es die »Villa Kunterbunt« von den Stelzen haut oder ein Ordnungshüter mal nachschaut, was da so wackelt. Aber ganz

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