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Zipfelklatscher

Zipfelklatscher

Titel: Zipfelklatscher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heidi Hohner
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aufregen, dass es hier kein gescheites Männermaterial gibt, und mich dann freudlos meinem Schicksal ergeben und früh ins Bett gehen? Kommt nicht in Frage! Ich pfeif auf meine Vorsätze, nicht wieder auf eine fremde Hochzeit zu schleichen! Ich muss nur wieder absolut sicher sein, dass mich niemand erkennen kann, Mottenkugelmief schlägt mir entgegen, ich warte, bis er verflogen ist und fange an zu wühlen. Langsam werde ich richtig aufgeregt: Diese Kostümkiste ist ergiebiger, als ich zu hoffen gewagt habe! Die König-Ludwig-Perücke passt wie angegossen, die schwarzen welligen Haare stehen mir sogar ganz ausgezeichnet, wie ich finde. Die Theaterschminke deckt meine Sommersprossen tadellos ab, und die königliche Hose, Weste und die Samtjacke werden mit den Schuhen von der Fränzi zum feinen Hosenanzug. Ich schrubbe meine Hände extra lang, und stakse zum Hotel hoch, ohne jemandem zu begegnen. Perfekt. Die Hochzeitsgesellschaft schiebt sich im Ballsaal herum wie in einem übervollen Bierzelt, niemand achtet auf mich, und der neue Geschäftsführer ist ebenfalls nirgendwo zu sehen. Und die Band spielt tatsächlich White Wedding ! Ich werfe mich auf die ziemlich volle Tanzfläche, direkt vor die Musiker. Der Typ mit der mächtigen Schmalzlocke, der da ins Mikro röhrt, ist klein und dick und schaut aus wie Elvis für Landfrauen. Und wenn mich nicht alles täuscht, sieht er mir auch gleich beim Tanzen zu. Ich pfeife drauf, wie er aussieht und singe mit – Billy Idol fand ich schon immer total geil.
    Beim nächsten Song allerdings schlingen sich rechts und links von mir Arme um Hälse und Popos, weil man zu Angel einfach nicht alleine tanzt. Direkt neben mir knutschen die Hochzeiter in Weiß und im Frack, und weil ich sie erstens nicht auf mich aufmerksam machen will und zweitens keine Schnulzen mag, gehe ich an die Bar. Dort hat eine ordnende Hand den Wildwuchs aus Plastikefeu, Hopfen und Glitzerherzen gejätet, der sich letzte Woche noch darum herum gerankt hat. Man sieht jetzt, dass der Tresen eigentlich eine sehr schöne Platte aus massiver Eiche hat, dicke weiße Kerzen flackern in hohen Gläsern und das Barmädel trägt ein enges graues Hemd, eine schwarze Schürze und eine dunkelrote Krawatte statt des üblichen Dirndlmieders.
    »Ein Helles bitte!«
    Der Sänger mit der Tolle steht unvermittelt neben mir. Durchgeschwitztes weißes Hemd, schwarze dünne Krawatte, Cowboystiefel. Er ist wirklich nicht besonders groß. Noch eine Nummer kleiner, und man könnte ihn als Wackel-Elvis aufs Armaturenbrett kleben.
    »So alleine, schöne Frau?«
    Ich bin geschmeichelt, denn auch als Sänger einer Coverband ist er so etwas wie ein Star, selbst wenn er nur in einer Hochzeitskapelle spielt.
    »Warum hab ich dich denn beim Bankett nicht gesehen?«
    »Ach«, antworte ich ausweichend, »ich bin eine alte Schulfreundin« – von wem, da lege ich mich lieber nicht fest –, »und ich bin erst jetzt gekommen, weil mein Zug Verspätung hatte.«
    Die Deutsche Bahn zieht immer, und weil der Sänger da bestimmt außerordentlich eitel ist, lenke ich ihn mit einem Kompliment ab.
    »Du hast wirklich eine tolle Stimme! Machst du das hauptberuflich?«
    »Nein, aber ich war mal Regensburger Domspatz! Ich bin eigentlich Redakteur beim Fernsehen, aber an Wochenenden singe ich immer auf Hochzeiten.«
    Er rückt noch ein Stück näher.
    »Weil man da immer so interessante Leute kennenlernt.«
    Ich muss kichern und trinke mein Bier viel zu schnell aus. Es steigt mir sofort in den Kopf, der mir eh schon summt wegen der Überdosis Veltlinerschorle vorhin. Und weil es einfach kickt, auf der eigenen Insel ein ganz anderer Mensch zu sein. Ich rieche das Rock’n’Roll-Rasierwasser neben mir, und es riecht gut. Der Typ ist zwar ein rechter Gartenzwerg, aber er will mich wohl sofort näher kennenlernen, und das gefällt mir.
    »Ich bin übrigens der Hubert, und meine Fans nennen mich Hubsi. Wir spielen noch eine halbe Stunde, dann ist Zapfenstreich. Wollen wir uns dann wieder hier treffen?«, flüstert er mir ins Ohr.
    »Geht klar, Hubsi«, flüstere ich grinsend zurück und trinke in großen Schlucken mein Bier. Hubsi fasst mir an den Po, flüstert noch: »Schaust echt super aus!«, und steigt dann wieder seine Bühne hinauf, um mit zum Bersten gespannten Hemdknöpfen Wild Thing und Light my Fire zu performen. Mit dem Resonanzkörper war er sicher die Bassgeige unter den Domspatzen. Und er wendet die ganze Zeit die Augen nicht von mir. Ich habe

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