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Zipfelklatscher

Zipfelklatscher

Titel: Zipfelklatscher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heidi Hohner
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Traditionen. Die Insel. Dein Leben. Ein Fünfminüter. Wärst du dabei?«
    »Au ja!«
    Ich freue mich wie ein Schnitzel, in der Tat. Der Herr Schweinstätter mit seinem blöden Tagblatt kann sich mal warm anziehen!
    »Das müssen wir feiern!« Ich schiebe meinen Hintern aus der Luke des Holzhäuschens und hangle mit der Schuhspitze nach einer Sprosse. »Ich muss eigentlich unbedingt nach Hause, aber vorher brauche ich noch so einen Winnetou Spritz!«
    Auf dem kurzen Weg vom Spielplatz zum Hotel wundere ich mich, dass unten am Clubhaus die Lichter brennen, die Autofähre aber nicht im Hafen liegt. Liegt sie nachts sonst aber immer. Ist dem Papa was passiert?, krieg ich einen kurzen Schreck, denn das schwere Schiff kommt langsam durch die Nacht auf die Insel zu, und zwar beladen mit einem Krankenwagen. Hubsi und ich sehen zu, wie sich die Rampe der Fähre quietschend über den Beton der Landungsstelle schiebt und die Ambulanz auf die Insel rollt. Der Krankenwagen wendet, seine Scheinwerfer blenden uns kurz, er biegt ab und fährt direkt zum Hintereingang des Hotels.
    »Da hat es sicher nur jemandem den Kreislauf zusammengehauen«, meint der Hubsi, und ich bin beruhigt, dass mich das jetzt nichts angeht und lasse mich Richtung Bar ziehen.

Ich habe richtig Glück, dass ich meine Fische schon gestern gefangen habe und nicht sofort auf den See muss. Mit den Schuhen in der Hand und ein paar Winnetou Spritz im Kopf brauche ich nämlich ziemlich lange, um die Haustür aufzusperren. Als ich endlich merke, dass ich gar nicht abgesperrt habe, höre ich schon die ersten Amseln singen und fluche, weil ich jetzt sowieso nicht mehr einschlafen kann. Früher roch es bei uns schon um halb vier Uhr morgens nach Kaffee, weil Mama sich ein Mordsding daraus machte, dass ihr Bonifaz nie ohne sein Kaffeetscherl aus dem Haus ging. Anstatt sich dann wieder hinzulegen und den Herrgott einen guten Mann sein zu lassen, trank sie drei Tassen mit und wuselte danach trällernd in unserem engen Häusl herum, während wir Mädels in unseren Betten uns fragten, ob denn unbedingt um viertel nach fünf gestaubsaugt und teppichgeklopft werden musste. »I bin wiara Amsel, die singen auch am schönsten, wenns noch dunkel ist«, pflegte sie zu sagen. Mein Biorhythmus ist seitdem konditioniert auf dieses schallende Gezwitscher, das mein System anspringen lässt wie ein kurzgeschlossenes Mofa.
    Entschlossen, aus meinem freien Morgen das Beste zu machen, lege ich mich nach dem Abschminken trotzdem noch einmal ins Bett. Ich stehe allerdings noch einmal auf, um die Fensterläden zu schließen. Dann noch einmal, um mit großen Schlucken Wasser eine Tablette hinunterzuspülen, zwecks Vorbeugung eventuellen Kopfschmerzes wegen zu viel Winnetou Spritz. Ich mache kurz die Augen zu und merke, dass ich jetzt inwendig total friere wegen zu viel kaltem Wasser und ich stehe zum dritten Mal auf, um meine Jogginghose zu suchen. Danach krieche ich so weit wie möglich unter die Decke, aber hinter meinen geschlossenen Lidern hüpft der Hubsi herum. Ich mache meine Augen lieber wieder auf, ich muss eh schon wieder aufs Klo. So wird das nichts. Besser ich gehe einfach mal raus, eine Inselrunde machen, das beruhigt. Ich marschiere los, es ist nichts zu hören außer Vogelgezwitscher und dem Ploppen, wenn die Schäfte meiner Gummistiefel gegen meine Waden schlagen. Ich lasse die Arme weit schwingen, der Sauerstoff und die feuchte Morgenluft tun mir gut, mein Kopf wird klarer und meine Schritte immer größer, und so brauche ich nur ein paar Minuten, um einmal um die halbe Insel zu gehen, und zu sehen, dass gerade noch ein paar Leute unterwegs sind, die die Amseln singen hören: An der Autofähre steht der Krankenwagen, abfahrtsbereit, und daneben der anscheinend allzeit bereite neue Geschäftsführer David Krug, der immer noch oder schon wieder in der neuen Hoteluniform steckt. Weil ich sowieso direkt an ihm vorbei muss, kann ich auch gleich neugierig fragen: »Hat es jemanden umgehauen?«
    Der Schweizer sieht mit gerunzelter Stirn dem Krankenwagen nach, der vorsichtig die Rampe zur Ladefläche hochfährt, und meint nur: »Herr Leutheuser ist heute Nacht plötzlich erkrankt.«
    »Oh«, sage ich erschrocken, »was Ernstes?«
    »Das wird sich zeigen. Mehr kann ich im Moment nicht sagen, ich habe zu tun.«
    Nach ein paar Schritten dreht er sich zu mir um und fragt: »Ihre E-Mails, lesen Sie die manchmal?«
    »Eh klar!«
    »Dann noch einen schönen Tag.«
    »Und die

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