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Zipfelklatscher

Zipfelklatscher

Titel: Zipfelklatscher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heidi Hohner
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ehrlich – meine erste Nummer im Stehen ist nicht gerade irrsinnig romantisch, und außerdem geht sie saumäßig in die Oberschenkel. Ich weiß nicht, ob Hubsi vor Ekstase oder Erschöpfung keucht und auch ich gebe bald Geräusche von mir, die Hubsi signalisieren sollen, dass ich in jeder Hinsicht bedient bin. Dem geht es ähnlich, denn er lässt mich so plötzlich fallen, dass es mich hinhaut, obwohl ich mich an seiner Tolle festhalte. Genervt reibe ich mir die Knie. Und dann verstehe ich leider, warum mir Hubsis Haupthaar so wenig Halt geboten hat. Er sieht jetzt nämlich aus wie ein kleiner dicker Mann mit einem lächerlichen Glitzersakko. Und Halbglatze.
    »Oh mei! Sorry!«, stottere ich und taste den Boden nach der abgefallenen Elvistolle ab.
    »Schöne Scheiße!«, flucht Hubsi. »Und was ist das?«
    Er hält mir etwas Schwarzes hin. »Das ist nicht von mir!«
    Nein, da hat er recht. Das ist nicht von ihm, das ist die König-Ludwig-Perücke aus der Kostümkiste von der Emerenz. Wir sind praktisch beide oben ohne, und ich denke kurz an Flucht. Nicht schon wieder, beschließe ich jedoch und lächle Hubsi mit meinem schönsten Sonnfischerinnen-Lächeln an.
    »Wenn du nichts sagst, sag ich auch nix, ok?«, schlage ich vor, schnappe mir die Perücke und stülpe sie wieder über meine Locken. »Sitzt sie?«
    »Sitzt. Und bei mir?«
    Ich nicke, Hubsi hat sich wieder in einen ziemlich derangierten Elvis mit Hängetolle verwandelt, und ich muss mir bereits auf die Lippen beißen.
    Dann guckt der Hubsi auch noch so komisch böse, und dann geht’s los. Mein Lachanfall dauert fast länger als der Sex gerade eben, und ich kann abermals nur beten, dass niemand kontrollieren kommt, warum es in der »Villa Kunterbunt« rappelt und quietscht, als würden sich ein paar Mercis mit Helium die Kante geben. Hubsi sieht mich währenddessen die ganze Zeit ziemlich ernst an.
    »Also, bei mir stellt sich ja die Frage leider nicht, aber ich verstehe nicht, warum ein Mädel mit deinen Locken mit einer Perücke herumrennt!«
    Soll ich jetzt eine Wenke-Fischer-Story erfinden und lügen, dass sich die Balken biegen? Aber die Kombination aus Sex, körperlicher Anstrengung und Lachanfall schüttet jede Menge Nettigkeitshormone aus, und ich schaue dem Hubsi direkt in die Augen.
    »Kannst du ein Geheimnis für dich behalten?«
    »Du hast mich oben ohne gesehen! Ich halte die Klappe und du hältst die Klappe, Ehrensache.«
    »O. k. Eigentlich bin ich von hier. Ich hab von meinem Vater den Betrieb übernommen, Fischerei und Biergarten, und bin seitdem die einzige Frau weit und breit, die jeden Morgen auf den See fährt. Aber auf der Insel kennt jeder jeden und weiß, was für den anderen das Beste ist. Vor allem wenn man neunundzwanzig ist, alleinstehend, und etwas macht, was nicht ins Schema passt. Ich war gar nicht auf die Hochzeit eingeladen, ich wollte einfach nur mal tanzen gehen. Ich hab schließlich keinen Typen, der daheim auf mich wartet. Gott sei Dank.«
    »Ihr habt einen eigenen Betrieb zu Hause?«
    »Ja, seit zwölf Generationen.«
    Wir machen eine kurze Pause und sitzen auf dem Boden der »Villa Kunterbunt« nebeneinander, die Rücken an die Bretterwand gelehnt und schweigen. Ich hätte jetzt verdammt gern noch etwas zu trinken und finde es schade, dass unter der kleinen Bank in der Ecke keine Bierflaschen mehr deponiert sind, wie damals, als Michi, Janni und ich in der Pubertät waren.
    »Eine alleinstehende Wirtstochter. Auf der Fraueninsel.«
    Hubsi strahlt jetzt und hat offensichtlich eine Idee.
    »Ich bin keine Wirtstochter. Ich bin die Sonnfischer …«
    Aber Hubsi ist schon wieder vorgaloppiert.
    »Ich mache eigentlich nur Feuilleton, Spezialgebiet Expressionisten und Chiemseemaler. Aber Wirtstöchter waren für die Künstlerkolonie im Chiemgau immer total wichtig, ich wette, ich könnte dem Bayerischen Rundfunk ein piece über dich anbieten. Wie alt ist euer Haus?«
    »Zweihundertvierzig Jahre.«
    »Großartig. Und du willst dein Leben weiter hier verbringen?«
    So direkt bin ich das eigentlich noch nie gefragt worden.
    »Hier leben? Ja. Ja, ich denke schon.«
    Was hätte ich auch sonst sagen sollen? Stimmt ja auch. Klingt aber ungeheuer endgültig. Hoffentlich finden bis dahin noch ein paar Hochzeitspartys auf dieser Insel statt.
    Hubsi beschreibt einen großen Kreis mit seinem Arm, und haut sich dabei die Finger an, weil die »Villa Kunterbunt« für seine Visionen zu eng ist.
    »Ich sehe es schon vor mir. Du.

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