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Zirkus zur dreizehnten Stunde

Zirkus zur dreizehnten Stunde

Titel: Zirkus zur dreizehnten Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cassy Fox
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sie genau gesprochen hatten, bevor sie eingeschlafen war. Sie fühlte sich matt und ausgelaugt. Vielleicht zehrten die Wunden noch an ihren Kräften?
    Vorsichtig stand sie schließlich auf. Sie wollte den Wagen verlassen, als sie Antigones Stimme hinter sich hörte.
    „Faith“, völlig ruhig und ohne einen strengen Ton. „Du solltest ihn vergessen. Wir kommen aus einer völlig anderen Welt und wir können nicht mit normalen Menschen außerhalb unseres Zirkus verkehren. Die Grenzen dürfen nicht überschritten werden.“
    Faith sagte nichts. Es gelang ihr nicht, in die Augen der Gründerin zu sehen. Vielleicht war es auch besser so. Einen Moment stockte sie, dann schluckte sie und verließ wortlos den Wagon. Würde sie Aaron wirklich vergessen müssen? Würde sie es können?
    ***
    Antigone blieb in ihrem Wagen zurück. Alleine. Ein leises Murmeln war bis nach draußen in der Finsternis zu hören: „Die Grenzen müssen gewahrt bleiben … zumindest jetzt noch.“ Es drang bis zu den Ohren der verhüllten Gestalt.
    „Wer selbst keine Grenzen einhält, kann anderen keine setzen.“
    „Es sei denn, das Schicksal hilft dabei, nicht wahr?“ Maurice war erschienen. Direkt hinter der Gestalt, die sich langsam zu ihm wandte.
    „Dein Spott ist fehl am Platz, Wanderer“, Kismet starrte ihn an. Blinde Augen, die mehr sahen als jene, die nicht geblendet waren.
    „So hat man mich lange nicht mehr genannt“, Maurice lächelte. „Aber was erwartet man anderes von einer … Seherin.“
    „Lass deine Spielchen, was treibt dich zu mir?“, sie setzte ihren Weg fort, ging an Maurice vorbei und steuerte ihren Wagon an.
    „Es gibt Wesen im Zirkus, die unruhig werden.“ Mit wenigen Schritten folgte er ihr.
    „Ist das mein Problem? Antigone ist die Hüterin, nicht ich.“
    „Nicht von diesem Wesen!“, seine Worte brachten sie nun doch zum Anhalten.
    „Was willst du von mir?“, ihre Lippen verkrampften sich. Ihre Hände rangen unter den langen Ärmeln miteinander. Sie erlebte es selten, dass ihr jemand überlegen war. Wie konnte man auch einer Seherin überlegen sein?
    „Ich will dir helfen“, er senkte den Blick. „Ich will ihr helfen.“
    „Weshalb?“, Misstrauen schwang in ihrer Stimme mit.
    „Vielleicht aus Mitleid“, er machte mit der Hand eine beiläufige Bewegung und ließ sie in seiner Hosentasche verschwinden. „Macht es für dich einen Unterschied?“
    Kismet schwieg einen Moment. Hinter ihrer Stirn arbeitete es. Maurice war nicht zu durchschauen. Sie wusste nicht, woher er kam, was er war. Und noch weniger, was seine wahre Intention war. Er bildete eine Gefahr. Zumindest für sie.
    „Sie … ist ein Kind“, presste die Seherin schließlich hervor. „Tu ihr nicht weh.“
    „Deinem Schützling wird schon nichts passieren.“ Er ging ein paar Schritte weiter, an ihr vorbei und sah sich dann um, als sie ihm nicht folgte. „Bring mich zu ihr.“
    Langsam ging Kismet in die Richtung ihres Wagens. Ihre Bewegungen wurden vorsichtiger, als sie darum lief. Spinnweben spannten sich überall. Kleine Tierchen huschten umher, als sie den Eindringling bemerkten. Kismet hatte den Eindruck, die kleinen Beine zu hören, die über den Boden liefen.
    Dann erreichten sie ihr Ziel.
    Schlafend, halb in einen Kokon gesponnen, lag sie da. Ein kleines Mädchen mit langen silbernen Haaren, länger als sie selbst groß war. Sie waren überall und verwoben sich mit den Spinnenfäden. Ihr Atem ging ruhig, sie bemerkte ihn kaum. Doch als Maurice die Hand nach ihr ausstreckte, riss sie mit einem Ruck die Augen auf.
    Ein Fauchen! Spitze Zähne wurden entblößt und ihre Augen schimmerten violett im Mondlicht.
    Ein Schrei erklang, als der Direktor die Finger auf ihr Gesicht presste und sie niederdrückte.
    Sie wurde wahnsinnig. Gleich würde sie –
    Ein kurzes Glimmen, dann war es ruhig. Mit einem erstickten Laut sackte sie in sich zusammen, die Augen noch geöffnet. Ihre Arme fielen zur Seite, der Mund blieb offen stehen, langsam schlossen sich die Lider.
    „Was hast du –?“
    „Ein Siegel“, unterbrach sie Maurice. „Sie kann sich nun ausruhen.“
    Kismet sah auf das Mädchen. Ein Kloß hatte sich in ihrem Hals gebildet. Auf der Stirn des Mädchens prangte noch kurz ein glühendes Mal, das langsam an Kraft verlor und schließlich verschwand.
    „Wird sie –“, wieder brach sie ab, dieses Mal von alleine.
    „Spinnenmädchen sind selten.“ Maurice erhob sich. „Sie sind hart im Nehmen. Vielleicht wird sie etwas

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