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Zirkus zur dreizehnten Stunde

Zirkus zur dreizehnten Stunde

Titel: Zirkus zur dreizehnten Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cassy Fox
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Gleichgesinnten!
    „Nein“, meinte Lillian sanft. „Vielleicht bin ich dir ähnlich. Aber du bist …“, sie griff nach der Hand des Mädchens, „… etwas Besonderes.“
    „Ein Monster!“ Der Widerspruch kam unerwartet heftig.
    „Nein“, sofort griff Lillian auch nach ihrer anderen Hand.
    „Doch“, Felicitas biss sich auf die Lippen, drehte sich weg.
    „Sag so etwas nicht.“
    „Aber wenn es wahr ist …“ Tränen. Verzweiflung lag in ihren Augen. Sie litt.
    „Was ist passiert?“, sie sah in die Augen des Mädchens. Etwas lag darin, was sie nicht mehr los ließ. Dieser Schmerz. Diese Trauer, dieser … Abscheu. Langsam schienen die Schatten in ihren Pupillen eine Form anzunehmen. Es war wie das Eintauchen in eine andere Welt. Sie sah ein Haus, edel, von wohlhabenden Leuten. Sie sah Felicitas. Das Mädchen stand in einem Kleid am Fenster. Zumindest kurz. Dann wurde sie eingekerkert. Mauern schossen um sie in die Höhe, sperrten sie ein, nahmen ihr das Tageslicht. Als die Türen sich wieder öffneten … war da ein Wesen, groß, gewaltig, mit geiferndem Blick und blutiger Schnauze, in den Krallen der Körper eines Menschen. Einen Moment verschwand alles. Als hätte man ein Buch zugeklappt und an einer neuen Stelle aufgeschlagen. Die Bestie lag am Boden. Zerstört, zerrissen. Der Brustkorb zerfetzt. Blutige Hände. Blutige, kleine Hände … Felicitas’ Hände. Der Schrei einer Frau schien regelrecht in Lillians Kopf zu explodieren. Laut, gewaltig und schrill.
    Sie spürte einen Stoß und der Schrei vermischte sich mit der Realität.
    Felicitas keuchte auf und sank zu Boden. Die Hände fest gegen die Schläfen gepresst.
    Einen Moment war Lillian fassungslos. Starr vor Entsetzen, vor Angst aber auch vor Mitleid. Die Wölfe wurden unruhig. Ein Knurren erhob sich und plötzlich fuhr das Wermädchen auf und wollte wegrennen. Lillian griff wie von selbst zu. Sie packte Feli und zog sie zurück, drückte sie einfach an sich.
    Der Atem des Mädchens und ihr eigener wurde langsamer, tiefer. Sie sanken zu Boden.
    „… Mon … ster …“, hörte sie das leise Wimmern der Kleinen. Etwas wurde wieder unruhig in ihr. Die Muskeln spannten sich, etwas ruckte durch ihren Körper. Sie war dabei, sich zu verwandeln!
    Lillian packte sie an den Schultern und zwang das Mädchen sie anzusehen.
    „Nein!“, ihre Stimme hallte in der Luft wie ein Glockenschlag. „Du bist ein Werwolf.“ Sie betonte jedes Wort.
    „Monster …“ Das Weinen hielt an.
    „Du bist ein Werwolf!“, sagte Lillian eindringlich. „Ein Beschützer der Natur, ein Wesen des Waldes. Ein Wesen, das verteidigt und liebt!“ Ihr Blick bohrte sich in die Augen des Mädchens. „Und ein Wesen, das geliebt wird.“
    Die Zeit schien stehen zu bleiben. Das Schluchzen verklang, die ganze Welt hielt die Luft an. Lillian atmete langsam aus. Leichter Nebel stieg auf und legte sich wie eine Decke um die Schultern der beiden.
    „Kennst du die wahre Legende über die Werwölfe?“
    Verwirrung. Felicitas schaffte nur ein leichtes Kopfschütteln.
    Lillian lächelte sanft.
    „Werwölfe sind die Schützer der Wälder. Sie leben mit den Tieren zusammen und mischen sich hin und wieder unter Menschen, um sie ebenfalls auf dem rechten Weg zu halten.“
    Nun kamen auch die Wölfe heran und legten sich nach und nach zu den beiden Frauen. Lillian schmunzelte und erzählte eine Geschichte, malte mit den Händen sanfte Zeichen aus Nebel in die Luft, die über den beiden zu schweben begannen und kleine Szenerien darstellten. Ein Werwolf, in seinem Wald, um ihn sein Volk, die Tiere des Waldes.
    „Der Mond ist eine der ältesten Mächte dieser Welt und der Schutzpatron der Werwölfe. Er gibt ihnen eine Kraft, die nur ihnen gehört. Mit diesem Geschenk können sie jene schützen, die ihnen am Herzen liegen. Jeder Werwolf sucht sich seine Schützlinge aus. Sei es nun ein Wald, eine Familie, Freunde … ein Zirkus.“ Lillian zwinkerte Felicitas zu. Der Nebel flackerte und formte die Umrisse eines großen Zeltes. „Werwölfe können vieles sein, Felicitas, aber sie sind keine Monster. Sie sind Wächter.“
    „Aber …“, das Mädchen brach ab.
    Lillian lächelte zu ihr hinab.
    „Hast du dich schon mal verletzt?“
    „Sicher … “, Felicitas seufzte.
    „Dann hast du sicher gemerkt, wie schnell deine Wunden heilen“, eine sanfte Berührung von Lillian, ein Nicken der Werwölfin. „Siehst du. Das ist ebenfalls eine der Gaben, die die Mondgöttin euch gab. Ihr heilt

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