Zirkus zur dreizehnten Stunde
gesehen, aber nicht den Weg und schon gar nicht die Hindernisse auf eben jenem.
„Darf ich fragen, was dich nach London treibt?“, Mischka setzte sich zu ihren Füßen und sah sie an.
„Ich weiß, es wirkt wahnsinnig.“ Antigone seufzte. „Aber“, sie stand auf, ging zum Schreibtisch und zog eine Zeitung hervor, „das hier ließ mich nicht los.“
Wieder neue Morde in der Metropole London, stand in großen Buchstaben auf der Titelseite.
„Was –“, begann Mischka und sah sie ratlos an.
„Die Opfer … eines davon kannte ich.“ Antigone setzte sich wieder, spürte wie die Trauer ihre Stimme belegte, als sie weitersprach. „Ich begegnete ihr einst, als ich jemand anderen für den Zirkus abholte, und wollte sie überreden mitzukommen. Sie war eine Túatha Dé Danann, eine Elfe. Sie war so schön, so hilfsbereit doch auch stur.“ Antigone musste lächeln.
„Sie wollte noch etwas erledigen. Und jetzt …“, sie zuckte hilflos mit den Schultern, „jetzt steht sie als tote Fairy Fay in der Zeitung. Als Opfer eines grausamen Mordes.“
„Das …“, Mischka brach ab. „Es tut mir leid.“
„Aber das ist noch nicht alles.“ Antigone stand wieder auf, und nahm einige Zeitungsausschnitte vom Schreibtisch. „Es gab weitere Morde.“ Diese offenbarten eine grausame Geschichte nach der anderen. Annie Millwood, grausam erstochen. Emma Elizabeth Smith, getötet und schrecklich verstümmelt. Zuletzt Mary Ann Nichols – brutal zerrissen.
„Um Himmels willen“, flüstert Mischka, während sie einen Bericht nach dem anderen überflog. „Waren sie alle … wie wir?“
„Ich weiß es nicht.“ Antigone schüttelte den Kopf. „ Aber ich glaube es nicht. Was ich jedoch befürchte, ist …“
„Dass der Mörder … ?“ In Mischkas Blick lag Entsetzen. „Was glaubst du, ist das für ein Wesen?“
„Auch das kann ich nicht sagen. Es ist Wahnsinn, derart auffällig in der Öffentlichkeit zu agieren. Vielleicht ist es auch ein Mensch. Aber ich will und kann es nicht einfach ignorieren. Fairy Fay war eine von uns. Ich muss dahinterkommen.“
„Ich verstehe. Es gibt zu viele Gründe, warum du dem nachgehen musst.“
„Wir werden außerhalb von London lagern und der Stadt nicht zu nahe kommen“, erklärte Antigone. „Ich werde Maurice und Kismet bitten, mit aufzupassen, dass niemand versucht, die Stadt zu erkunden. Wir müssen alle schützen, aber vor allem unsere Leute.“
„Es gibt unter uns auch viele, die vernünftig sind“, versuchte Mischka ihr Mut zuzusprechen und nickte bekräftigend. „Ich werde mit denen reden, auf die Verlass ist.“
„Gut, aber beunruhige sie nicht.“
„Keine Sorge.“ Die Schneiderin stand auf, klopfte sich ein paar Fusseln vom Arm und nickte. „Keiner sollte etwas davon erfahren. Wir sind ein Zirkus, wir lagern hier, mehr braucht niemand zu wissen. Vielleicht bekommst du alles schnell geklärt und wir können wieder in ruhigere Gegenden ziehen.“
„Wenn ich dich nicht hätte.“ Antigone lächelte erleichtert.
„Wir werden das schaffen.“ Mischka griff nach der Hand der Hüterin. Ein letztes Nicken, und sie verließ den Wagen.
Antigone seufzte, als würden ihr gleich tonnenweise Steine vom Herzen fallen. Sie spürte noch den Druck von Mischkas Händen und lächelte. Es gab doch noch welche, die ihre Ansicht teilen, die ihren Traum mitträumten und an sie und den Zirkus glaubten.
Wenn sie zusammenhielten, würden sie es schaffen. Es musste einfach gelingen.
Sie sammelte die Unterlagen wieder ein.
Ausgeweidet, mehrfache Einstiche in Bauch und Unterleib. Die Taten waren ekelerregend. Welcher Geist konnte dermaßen krank sein, so etwas zu verrichten? Jedes Wort rief ihr einen Schauer über den Rücken.
Mensch oder Wesen? Wer vollbrachte diese Taten? Und warum?
Wenn es ein Wesen war, welche Rasse war so grausam und so arrogant, derartige Morde in der Öffentlichkeit zu vollbringen, dabei weder Spuren zu verwischen, noch Opfer verschwinden zu lassen? Nicht einmal die schlimmsten Dämonen hatten sich so verhalten. Bisher achteten die Wesen immer darauf, keine Fährten zu legen.
Wer also tat so etwas? Oder wusste er genau, dass man ihn niemals finden konnte?
Was, wenn es ein Mensch war? Vielleicht ein Wahnsinniger? Auch Menschen mordeten; aus Wut, Angst, Rache.
Die offensichtliche Verbindung zwischen den Opfern ließ auf eine Mordserie schließen, auf eine Reihe grausamer Frauenmorde.
Antigone schüttelte es. Durch ihren ganzen Körper ging ein
Weitere Kostenlose Bücher