Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zirkus zur dreizehnten Stunde

Zirkus zur dreizehnten Stunde

Titel: Zirkus zur dreizehnten Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cassy Fox
Vom Netzwerk:
weiterführte.
    Antigone musste den Mann zurücklassen. Das Viertel war voller Trunkenbolde, sicher war die Polizei hier öfters unterwegs. Er würde schon Hilfe finden.
    Ein kurzer Schmerz jagte ihr durch den Kopf. „Wir müssen die Menschen beschützen“, hallte es in ihren Gedanken wider.
    „Nicht … jetzt“, sie versuchte das Gefühl zu verbannen. Reiko, sie musste Reiko finden! Dort vorne, direkt unter der Brücke war sie. Und plötzlich ging sie durch den Stein und verschwand.
    Antigone stand keuchend vor der Wand. Die letzten glimmenden Überreste von Runen waren zu sehen. Alte Runen, dämonische Schrift. Sie überlegte nicht lange, lief direkt durch die letzten Bestandteile. Ein Ziehen, ein Reißen, sie spürte einen Schlag zwischen ihre Schulterblätter und stolperte in einen großen Raum.
    Ein Raunen erhob sich aus den Ecken. Überall schälten sich Gestalten aus den Schatten. Alles begann nach und nach zu entstehen, sich aufzubauen und schließlich fand sie sich unter vielen Wesen wieder. Aus jedem Winkel brach eine neue Aura hervor. Antigone war wie gefesselt. Die Anwesenheit der unterschiedlichen Arten nahm ihr ein wenig die Luft.
    Was war das hier? Langsam ging sie weiter. Setzte vorsichtig einen Fuß vor den anderen. Der Raum schien endlos weiterzugehen. Sie war in eine Schattenwelt geraten, eine Welt, die sich im Untergrund von London aufgebaut hat. Eine Welt voller Mythen, die kein Ende kannte.
    In einer Ecke unter einer Art Treppe saß ein weißhäutiges Geschöpf. Es waren nur einige Stufen, zwischen denen man locker durchgreifen konnte. Holzbalken wuchsen aus der Wand und verloren sich nach einigen Sprossen schon wieder im Nichts. Das Wesen hatte lange Arme und Finger, die in krallenartigen Nägeln endeten. Die Augen waren blutunterlaufen und es trug nur einige dunkle Fetzen. In den Händen hielt es einen kleinen Knochen, an dem es nagte. Die Zehen waren ebenfalls mit langen Nägeln versehen und kratzten immer wieder über den steinernen Boden.
    Rawhead-and-Bloody-Bones, das Wesen unter der Treppe. Hier saß es, wartete auf kleine Füße, die sich über die Treppe bewegten. Ein Knurren und Schmatzen erklang. Dann waren tatsächlich leise Schritte zu hören. Sofort ließ er von seinem letzten Fang ab. Antigone sah die kleinen Beinchen, die wie aus dem Nichts zu entstehen schienen. Nur die Füße, die Knöchel, ein Stück der Waden. Ein Glitzern stand in den Augen von Rawhead. Seine Zunge fuhr sich gierig über die Lippen. Er griff so schnell zu, dass ihm die Augen kaum folgen konnte. Ein Keuchen erklang. Ein Schrei, der sofort erstickt wurde. Antigone wandte mit einem Ruck den Blick ab. Ein Schluchzen entfuhr ihr und sie schlug vor Entsetzen die Hand vor den Mund. Schnell ging sie weiter, während das Geräusch hinter ihr langsam verstummte.
    Es war, als würde sie von einer Welt in die nächste treten. Eine Frau saß an einem Tisch. Die Haare lang und offen in roter Farbe. Die Wellen flossen ihr über die Schultern wie glühende Lava. Sie hatte ein dünnes, kurzes Kleid in Schwarz an. Überall war es bereits ausgefranst. Die Beine wurden von langen, geschnürten Stiefeln verhüllt. Der Blick der Frau wirkte wie in Trance. Sie starrte einfach nur vor sich hin, ließ die grünen Augen unter den Lidern hervorschimmern. Dann sah sie plötzlich auf. Ihre Augen glänzten seltsam. Mit einem Sprung war sie auf den Beinen, in den Händen etwas, das blitzte und blinkte. Mit einem Satz war sie von einer Sekunde auf die nächste verschwunden.
    „Eine Furie“, flüsterte Antigone leise. Sie hatte noch nie eine zu Gesicht bekommen.
    Etwas weiter fand sie eine etwas verloren wirkende Gestalt. Gekleidet in einem langen, leichten, weißen Kleid, das jede ihrer Bewegungen nachzeichnete. Die Haare waren zu einem lockeren Zopf gebunden. An der Seite sah Antigone kleine spitze Ohren hervorlugen, die sich jedoch immer wieder in dem Meer aus Haaren versteckten. Sie schlenderte vorsichtig über den steinernen Boden. Ein Stöhnen schien ihre Aufmerksamkeit zu erregen. Auf einer Pritsche lag ein kleines Wesen. Missgebildet und zwergenhaft. Ein Kobold vielleicht. Mit vorsichtigen Bewegungen strich sie über einige der Wunden, die sofort anfingen zu verheilen.
    Antigone wollte schon zu ihr, ihr vielleicht helfen oder einfach nur ansprechen, da sie nicht aussah wie ein Wesen, das in solch einer dunklen, versteckten Welt leben sollte. Sie kam nicht weit. Im nächsten Moment sprang ein Schatten auf die zarte Gestalt und

Weitere Kostenlose Bücher