Zirkusluft
stören«, erklärte er.
»Nein, bitte, wir sind so gut wie fertig«, erwiderte der Schwarzgekleidete mit den weit hervorstehenden Hasenzähnen unter dem struppigen Oberlippenbart, stand auf und packte seine Papiere zusammen. »Ich melde mich bei Ihnen, sobald ich mit der Sterbeversicherung gesprochen habe, Frau Fehling. Wenn Sie Fragen haben, rufen Sie einfach an, die Nummer steht auf dem Kärtchen.« Er deutete auf eine Visitenkarte, die auf dem Tisch lag, schüttelte jedem die Hand und verließ, von Margarete Ellwert eskortiert, die Wohnung.
Britta Fehling griff nach einem Taschentuch, schnäuzte sich und kämpfte wieder mit den Tränen.
»Ich hätte nicht gedacht, dass ein Mensch so viel weinen kann, Herr Lenz. Und auch nicht, dass ich selbst einmal diese Erfahrung machen muss.«
Ihre Mutter setzte sich neben sie und nahm sie sanft in den Arm.
»Leider muss ich Sie noch einmal belästigen. Wir bräuchten eine Abrechnung Ihres Internetanbieters.«
Die junge Frau nickte kraftlos, verließ die Küche und kam ein paar Sekunden später mit einem Ordner in der Hand zurück.
Sie nahm ein paar Blätter heraus und reichte sie dem Polizisten. Der warf einen kurzen Blick darauf, rollte sie zusammen und stand auf.
»Ich muss weiter. Das hier…«, er hob die Hand mit der Rechnung darin, »…bekommen Sie zurück, sobald wir es ausgewertet haben. Vielen Dank noch einmal für Ihre Kooperationsbereitschaft, Frau Fehling.«
Er nickte den beiden Frauen zu, drückte jeder die Hand und war froh, als er die Wohnungstür hinter sich ins Schloss ziehen konnte.
»Hauptkommissar Lenz, guten Tag. Ist es möglich, kurz mit Frau Topuz zu sprechen?«, fragte er freundlich die Schwester in ihrem Glaskasten, nachdem er von der Pforte zu diesem Flur der psychologischen Ambulanz in Wilhelmshöhe geschickt worden war. Sie hob den Kopf, sah ihn wortlos an und griff zum Telefonhörer.
»Hier ist ein Herr von der Polizei, der zu dem Notfall von heute Morgen will.« Nach einer kurzen Pause sagte sie: »Ich richt’s aus«, und legte auf.
»Frau Sommer, die zuständige Psychologin, kommt sofort. Sie können gegenüber in der Sitzecke auf sie warten.«
Damit senkte sie den Kopf und widmete sich ohne weiteres Wort ihrer Beschäftigung. Lenz bedankte sich, drehte sich um und überquerte langsam den Flur. Noch bevor er sich setzen konnte, kam eine freundlich aussehende junge Frau auf ihn zu.
»Sind Sie der Herr von der Polizei?«, fragte sie.
»Ja. Hauptkommissar Lenz, ich ermittle im Mordfall Topuz .«
Sie reichte ihm die Hand.
»Lassen Sie uns kurz in mein Büro gehen, da sind wir ungestört«, schlug sie vor und ging voraus, ohne eine Antwort abzuwarten.
»Eine schlimme Sache«, fing sie an, als beide saßen. »Außerdem muss ich gleich vorausschicken, dass solche Fälle eigentlich gar nicht hier bei uns landen sollten, sondern gleich in unserer Zentrale in Merxhausen . Wir wollten ihr lediglich einen weiteren Transport ersparen, deshalb haben wir sie aufgenommen.«
»Ist es möglich, ein kurzes Gespräch mit Frau Topuz zu führen?«
»Ein Gespräch oder eine Vernehmung?«
»Nein, keine Vernehmung. Frau Topuz ist im Moment nicht verdächtig, etwas mit dem Tod ihres Mannes zu tun zu haben.«
»Sie ist in keiner guten Verfassung, aber das muss ich Ihnen sicher nicht erklären. Immerhin hat sie heute Morgen ihren Mann tot im Wohnzimmer gefunden. Wir haben sie mit einem leichten Sedativum ruhiggestellt .«
»Aber sie ist ansprechbar?«
»Das auf jeden Fall, wenn sie nicht eingeschlafen ist. Ein Pfleger sieht in kurzen Abständen nach ihr, was ihrer und unserer Sicherheit dient. Wie gesagt, sie ist schwer traumatisiert. Was dieser Zustand alles in ihr freisetzt, ist im Moment noch völlig unklar, wir wollen aber kein Risiko eingehen.«
»Bleibt sie heute Nacht hier?«
»Das würden wir uns wünschen, aber sie hat schon geäußert, dass sie auf jeden Fall nach Hause zu ihrem kleinen Sohn möchte.«
»Um den kümmert sich ihre Schwester. Vielleicht können Sie sie davon überzeugen, dass es besser für sie wäre, die Nacht hier zu verbringen.«
»Wir versuchen es«, antwortete die Ärztin und stand auf. »Ich sehe kurz nach ihr und frage, ob sie mit Ihnen sprechen möchte. Falls sie das verneinen sollte, bitte ich schon jetzt dafür um Ihr Verständnis.«
»Selbstverständlich.«
Sie verließ das Büro, war aber schon eine Minute später wieder zurück und nickte dem Kommissar freundlich zu.
»Sie möchte. Meine Bitte
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