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Zirkusluft

Zirkusluft

Titel: Zirkusluft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias P. Gibert
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wäre, es so kurz wie möglich zu machen, um sie zu schonen.«
    »Versprochen!«, antwortete er.

     
    Petra Topuz lag auf dem Bett eines spärlich möblierten Zimmers und hielt ein Glas Wasser in der Hand. Lenz stellte sich vor und setzte sich auf einen Stuhl am Fenster.
    »Danke, dass ich Ihnen ein paar Fragen stellen darf«, begann er vorsichtig. »Ich kann mir vorstellen, dass die Situation furchtbar sein muss für Sie, deshalb werde ich mich so kurz wie möglich fassen. Außerdem hat Ihre Schwester uns schon die Geschehnisse des Morgens geschildert.«
    »Wissen Sie schon, wer es gewesen ist?«, fragte sie matt.
    »Nein, so weit sind wir leider noch nicht. Allerdings gibt es erste Anhaltspunkte und Verdachtsmomente, denen wir natürlich nachgehen. Einer davon ist die Tatsache, dass Ihr verstorbener Mann viel Zeit am Computer verbracht hat. Ist das richtig?«
    Sie nickte.
    »Wissen Sie, was genau er da gemacht hat?«
    »Alles Mögliche. Er hat gerne gespielt. Ballerspiele und so was. Und gechattet , aber viel kann ich Ihnen dazu nicht sagen, weil ich von diesen Dingen überhaupt keine Ahnung habe und mich auch gar nicht dafür interessiere. Aber es ist schon so, dass Bülent den größten Teil seiner Freizeit vor der Kiste verbracht hat.«
    »Immer allein?«
    Sie dachte einen Moment nach.
    »Eigentlich schon, ja.«
    »Hatte er keine Freunde oder Kumpels, die zu Ihnen kamen oder bei denen er gewesen ist?«
    Sie atmete schwer ein und stellte das Glas auf das Nachtschränkchen.
    »Ich will Ihnen nichts vormachen, Herr Kommissar. Bülent und ich haben uns in den letzten Monaten nicht mehr viel zu sagen gehabt. Wenn Hassan, unser Kind, nicht wäre, hätte ich ihn schon vor einem Jahr verlassen. Das klingt jetzt bestimmt hart und herzlos, besonders an diesem Tag, aber ich dachte schon lange darüber nach. Er hatte sich einfach zu sehr verändert.«
    »Wie war er denn früher?«
    »Lieb. Einfach lieb. Das hat aufgehört, als er angefangen hat, sich mit den Jungs von der Teestube zu treffen.«
    »Wann war das?«
    »Als ich im dritten Monat schwanger war. Irgendwie sind wir uns seitdem abhandengekommen . Er hat immer mehr Zeit in der Teestube verbracht, und ich glaube, seine neuen Freunde dort waren auch kein besonders guter Umgang für ihn.«
    »Weshalb meinen Sie das?«
    » Bülent hat bis dahin nie was auf Religion gegeben. Er hat Schweinefleisch gegessen, ist nicht in die Moschee gegangen, hat mich wie einen normalen Menschen behandelt, nicht so, wie andere Türken ihre Freundin oder Frau behandeln. Und das war dann schlagartig alles vorbei. Am Anfang hat er mich sogar gedrängt, ein Kopftuch zu tragen.«
    »Das wollten Sie nicht?«
    Sie winkte ab.
    »Für niemanden auf der Welt. Ich bin doch nicht verrückt.«
    Ihre Hand griff nach dem Wasserglas.
    »Seit mehr als einem Jahr haben wir also im Dauerclinch gelebt. Bülent ist zu Hause immer mehr zum Einsiedler geworden und hat sich nur noch mit mir unterhalten, wenn es um Hassan ging. Nichts konnte ich ihm mehr recht machen, an allem hat er rumgenörgelt. Und er wurde immer aggressiver. Beim kleinsten Anlass ist er ausgerastet, hat rumgeschrien und ist ausfallend geworden, nicht nur mir gegenüber. Meinem Bruder hat er im Februar die Nase gebrochen, weil der ihn gefragt hat, ob er sich in seinen Computer verliebt hätte.«
    Ihre rechte Hand ballte sich zur Faust.
    »Einfach so, mitten rein ins Gesicht. So kannte ich ihn nicht, und so wollte ich ihn auch nicht. Da war nichts mehr von dem netten und liebevollen Menschen, den ich vor ein paar Jahren kennengelernt und der mir versprochen hatte, mich nie als seinen Besitz zu betrachten.«
    »Sind seine neuen Freunde manchmal bei Ihnen zu Hause gewesen?«
    »Nein, das hat er sich dann doch nicht getraut. Unsere Wohnung war tabu. Aber Familienleben hat eben auch keins stattgefunden, weil er nach Hause gekommen ist und sich an die doofe Maschine gehockt hat.«
    »Sie haben also seine Freunde aus der Teestube nie kennengelernt ?«
    » Kennengelernt wäre zu viel gesagt. Den einen oder anderen haben wir in der Stadt getroffen, aber die haben sich nicht viel aus mir gemacht, weil ich keine Türkin bin. Mit Bülent ging das immer ›Küsschen hier und Küsschen da‹, mich haben sie gar nicht beachtet. Bülent meinte, ich solle mir keine Gedanken machen, die seien nun mal so.«
    »Und was da abgelaufen ist, in der Teestube, wissen Sie auch nicht?«
    »Na ja, am Anfang hat Bülent noch manchmal was erzählt. Da ging es wohl viel um

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