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Zirkusluft

Zirkusluft

Titel: Zirkusluft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias P. Gibert
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mal runter?«
    Heilmann winkte ab.
    »Nur im Training, da sind sie wie kleine Kinder. Während der Vorstellung sind sie wie ausgewechselt. Wenn du denen dann in die Augen guckst, könntest du glauben, die seien auf Koks. Wie Irre.« Er bedachte Kommol mit einem strengen Blick. »Du hast doch mit so was nichts zu tun, oder? Mit Koks und so ’ nem Zeugs?«
    »Bist du verrückt? Das wär ’ das Letzte, das kannst du mir glauben. Ich hab die kaputten Typen doch in Hamburg jede Nacht gesehen. Und im Knast gab’s noch mehr davon zu bewundern. Ich nicht, versprochen.«
    Heilmann nickte zufrieden.
    »Das ist gut. Ich hab mit diesem Abschaum nämlich nichts am Hut. Gar nichts!«

     
    Zwei Stunden später ging der Mann, der sich als Peter Kommol vorgestellt hatte, die Untere Königsstraße entlang. Er trug nun eine tief ins Gesicht gezogene Baseballkappe. Nachdem er die große Kreuzung am unteren Ende überquert hatte, betrat er einen kleinen türkischen Laden, kaufte sich Obst und einen Träger Mineralwasser und stand zwei Minuten später vor der Tür des Hochhauses am Stern. Zwei etwa 15 Jahre alte Mädchen, die gerade das Haus verlassen wollten, hielten ihm die Tür auf.
    »Danke«, rief er gut gelaunt hinter ihnen her.
    Dann betrat er den Fahrstuhl, drückte auf den Knopf mit der 13 und wartete, bis sich die Tür geschlossen hatte. Während sich der Lift ruckelnd und mit einem leisen Quietschen in Bewegung setzte, lehnte er seine Schulter an die Rückwand.
    Oben angekommen, verließ er die Kabine, sah routiniert nach links und rechts, bevor er sich auf den Weg zu seinem Appartement machte, und schloss die Tür auf. Im Flur stellte er die Tasche mit den Früchten und das Wasser ab, öffnete einen kleinen Kasten hinter der Tür und tippte eine Zahlenfolge in den darin verborgenen Zahlenblock. Ein kurzes Piepen signalisierte, dass sein Code akzeptiert worden war.
    Kurz darauf kam er mit einer Tasse Kaffee und einem Glas Mineralwasser in der Hand aus der Küche, stellte die Getränke auf den Tisch im Wohnzimmer und legte eine Schallplatte mit Bruckners Vierter Sinfonie auf den Plattenteller. Mit den ersten Akkorden ließ er sich auf die bequeme Ledercouch fallen, griff nach der Kaffeetasse, lehnte sich zurück und versank im Streichertremolo des ersten Satzes.

     
    Mit dem Ende der Musik setzte er sich aufrecht, streckte seinen durchtrainierten Körper und grinste zufrieden. Bruckners Vierte hatte eine magische, absolut entspannende Wirkung auf ihn. Dann öffnete er eine Kladde, die vor ihm auf dem Tisch lag, und begann darin zu lesen.
    Gunnar Heilmann stand in großen Buchstaben darauf.
    Einige Minuten später griff er zum Telefon, wählte eine Nummer und wartete. Als am anderen Ende der Leitung abgenommen wurde, meldete er sich.
    »Guten Abend.«

17
    Nachdem Lenz die Frau in der Wohnung ihrer Schwester abgesetzt hatte, fuhr er erneut zur Westendstraße. Dort hatten sich inzwischen etwa 60 Jugendliche und junge Männer, die meisten davon türkischer Herkunft, auf der Straße versammelt und skandierten lautstark Parolen, die der Hauptkommissar im Vorbeifahren jedoch nicht verstand. Mittlerweile hatten die beiden Uniformierten Verstärkung bekommen und es geschafft, den Verkehr in geregelte Bahnen zu lenken. Trotzdem wurden die Demonstranten von einer großen Anzahl von Medienvertretern gefilmt und interviewt. Ein junger Beamter hielt Lenz das Trassierband hoch, sodass er durch die Hauseinfahrt in den Hof fahren konnte. Dort stellte er den Dienstwagen ab und ging langsam zurück zur Straße. Nun konnte er das laute Geschrei der Demonstranten verstehen.
    Rache für Bülent Topuz , forderten sie immer wieder. Im Vorbeigehen betrachtete er flüchtig die Gesichter der jungen Männer. Keiner war älter als 30, viele jünger als 20, und ihr Ausdruck war geprägt von Hass und grenzenloser Wut.
    »Habe ich Ihnen das nicht prophezeit?«, hörte der Kommissar eine Stimme hinter sich sagen. Er drehte sich um und erkannte Tayfun Özönder , Topuz ’ Freund aus der Teestube.
    »Und hatte ich Ihnen nicht empfohlen, auf diesen Unsinn zu verzichten?«
    Der junge Mann kam einen Schritt näher, beugte den Kopf nach vorne und verengte die Augen zu Schlitzen.
    »Das ist nur der Anfang, Herr Kommissar. Wir werden erst ruhen, wenn der Mörder unseres Freundes gefunden ist. Und es ist bestimmt besser für ihn, wenn Sie ihn zuerst finden.«
    »Schon wieder eine Drohung«, erwiderte Lenz und hatte große Lust, den Mann abführen und eine Nacht

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