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Zirkusluft

Zirkusluft

Titel: Zirkusluft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias P. Gibert
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Wohnung.«

16
    »Du willst also bei uns arbeiten«, fragte der bullige Sicherheitschef des Zirkus den groß gewachsenen, schwarzhaarigen Mann mit dem buschigen Oberlippenbart, der ihm gegenüberstand.
    »Ja, würde ich sehr gerne«, antwortete der mit unverkennbar südhessischem Akzent.
    »Woher kommst du denn?«
    »Offenbach.«
    »Und was hast du zuletzt gemacht?«
    Der Bewerber tippelte von einem Bein aufs andere.
    »Ist ’ne lange Geschichte.«
    »Aha. Und vermutlich eine, die man lieber nicht so gerne an die große Glocke hängt, weil die Luft an dem Arbeitsplatz gesiebt war.«
    »Hm«, stimmte der Dunkelhaarige zu.
    »Wo hast’n gesessen?«
    »Butzbach.«
    »Wie lange?«
    »Dreieinhalb Jahre.«
    »Wofür?«
    »Körperverletzung mit Todesfolge. Aber…«
    »Lass mal gut sein, Junge. Ich weiß, wie man sich fühlt, wenn man gerade wieder draußen ist. Bei mir ist es zwar schon ein paar Jahre her, aber trotzdem hab ich es nicht vergessen. Hast du irgendwas gelernt?«
    »Die meiste Zeit hab ich als Türsteher gearbeitet. Mal hier, mal da, die längste Zeit davon im ›Salambo‹. Da war ich, bis der Laden zugemacht hat.«
    Die Augen des Sicherheitschefs hellten sich auf.
    »Im ›Salambo‹? In Hamburg?«
    Der Schwarzhaarige nickte.
    »Mein lieber Mann, dann musst du ja ’n ganz abgewichster Typ sein. Im ›Salambo‹ in Hamburg. Wenn das so ist, kannst du sicher sein, dass für einen wie dich hier immer Arbeit ist. Ganz bestimmt. Ich bin übrigens der Gunnar, Gunnar Heilmann, aber hier nennt mich jeder nur Gun . Und wie heißt du?«
    »Peter. Peter Kommol . Mich nennt man überall nur Pete.«
    Gunnar Heilmann streckte die Hand nach vorne.
    »Willkommen an Bord, Pete.«
    Kommol sah ihn ungläubig an.
    »Heißt das, ich…? So einfach?«
    »Du bist mein Mann. Ich muss es zwar noch mit der Heeresleitung bequatschen, aber die wissen, dass ich noch mindestens einen brauche. Und den hab ich gerade gefunden.«
    »Scharf!«, freute sich Kommol . »Was soll ich denn machen?«
    Heilmann streckte den Kopf nach vorne.
    »Wir haben hier unheimlich viele Russen und so. Kasachen, Armenier, Ukrainer und was weiß ich noch alles. So ’n Zirkus wie unserer ist ein Riesenunternehmen. Und die Jungs sind mir manchmal nicht ganz geheuer. Nicht die Artisten, da haben wir auch viele von da drüben, die sind voll in Ordnung.«
    Er rollte verschwörerisch mit den Augen.
    »Aber die ganzen Lackaffen, die für kleines Geld auf- und abbauen und den Laden am Laufen halten. Reden untereinander immer nur Russisch, da versteht doch ein normaler Mensch wie du und ich gar nichts. Oder sprichst du vielleicht Russisch?«
    »Ein bisschen.«
    Heilmann sah ihn verdutzt an.
    »Wo hast du denn das gelernt?«
    »Wenn’s dich stört, hab ich’s gerade eben wieder vergessen. Ich will keinen Ärger deswegen kriegen.«
    Der Sicherheitschef klopfte ihm auf die Schulter.
    »Wieso denn Ärger? Das ist doch total geil, wenn endlich einer, dem ich vertrauen kann, die versteht. Also, wo hast du das gelernt?«
    »Hatte mal ’ne russische Freundin, die kein Deutsch konnte. Sie hat’s gelernt, und ich im Gegenzug ihre Sprache.« Er schloss genießerisch die Augen. »Es gibt so Situationen, da klingt Russisch richtig geil, besonders bei einer immer scharfen, vollrasierten Madame aus Sankt Petersburg.«
    Heilmann schien sich das Gehörte bildlich vorzustellen, denn er sagte ein paar Sekunden lang nichts.
    »Mein lieber Mann. Du bist ja ein richtiger Glückspilz. Das hätte ich auch gerne mal unter mir.«
    »Kein Problem, Gun . Sie ist zwar nicht mehr mein Mädel, aber wir sind noch gut befreundet. Wenn du willst, erzähl ich ihr von dir. Und wie gesagt, scharf ist sie immer.«
    »Super, mach das. Kannst ihr ruhig sagen, dass ich mindestens genauso scharf bin wie sie. Und Klagen kenne ich nicht, kannst du ihr auch ausrichten. Bei mir geht immer alles.«
    Er sah auf die Uhr.
    »Ich muss jetzt rüber, die Argentinier haben gleich Probe.«
    Wieder ein Klapps auf die Schulter.
    »Lernst du alle kennen. Wann kannst du anfangen?«
    »Von mir aus sofort. Aber du willst doch zuerst noch die Schlipsträger fragen.«
    Heilmann fing an zu grölen.
    »Hehe, Schlipsträger! Das hab ich ja noch nie gehört. Der ist gut, Mann. Hoho, Schlipsträger!«
    Kommol stimmte in sein kindisches Lachen ein.
    »Wann soll ich denn nun kommen? Morgen?«
    »Ja, komm morgen um die gleiche Zeit wie heute. Schlipsträger, hoho. Deine Arbeitszeit ist von zwölf am Mittag bis um Mitternacht. So in

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