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Zirkusluft

Zirkusluft

Titel: Zirkusluft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias P. Gibert
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an.
    »Wie…?«
    Der Hauptkommissar warf seinem jungen Kollegen einen vernichtenden Blick zu.
    »Manchmal bist du echt ein Depp, Thilo.«
    Sofort sprang Hain wieder hoch und setzte eine schuldbewusste Miene auf.
    »Das stimmt. Tut mir leid.«
    Ihr Kollege hatte noch immer kein Wort verstanden.
    »Also, RW, die Sache ist ganz einfach. Die Frau des Türken hat mir gesteckt, dass erstens sie einen anderen Kerl hat und zweitens ihr Mann eine heiße E-Mail-
Bekanntschaft, die er gestern Morgen in besagtem Zug nach Norden zum ersten Mal getroffen hat. Aber es ist natürlich total wichtig, dass ihre Aussage von diesem Buchinger bestätigt wurde. Also gehen wir jetzt davon aus, dass Topuz den Fehling nicht erschossen hat.«
    Gecks Ausdruck wurde wieder sicherer.
    »Hab ich doch gleich gesagt. Das passt alles hinten und vorne nicht zusammen.«
    Lenz nickte zustimmend.
    »Richtig. Bleibt nur noch zu klären, wer zuerst Fehling und dann Topuz abgeknallt hat, und warum er es gemacht hat. Gut wäre es, wenn einer von uns sich mit den Kollegen der Bundespolizei in Hannover in Verbindung setzt und anfragt, ob es im Hauptbahnhof eine Videoüberwachung gibt. Und ob wir einen Blick darauf werfen können.«
    Gecks seufzte.
    »Einer von uns heißt doch todsicher, dass es an mir hängen bleibt. Aber lass mal, ich kümmere mich darum.«
    Lenz zog Topuz ’ Foto aus der Tasche und reichte es seinem Kollegen. Der grinste, griff ebenfalls in die Jackentasche und hielt seinem Chef eine Aufnahme von Topuz und seiner Frau entgegen.
    »So schlau wie du bin ich schon lange. Ich melde mich, wenn es Neuigkeiten gibt«, erklärte er lapidar und war schon fast aus der Tür.
    »Moment noch!«, rief Lenz. »Es geht um die beiden ICEs, die um 7.23 Uhr und um 7.39 Uhr in Wilhelmshöhe abfahren. Ein anderer kommt erst mal nicht in Betracht.«
    Gecks schrieb kurz mit und zog dann die Tür hinter sich zu.
    Lenz trat ans Fenster und betrachtete das Ende des grauen Spätherbsttages.
    »Deine Theorie von den verfeindeten Internetjüngern ist damit geplatzt wie eine reife Tomate, mein Freund!«, verkündete er mit mächtig Hohn in der Stimme Richtung Hain.
    »Ich gehe zwar im Moment in Sack und Asche, weil ich RW fast um die Freude über seinen Ermittlungserfolg gebracht hätte, aber abschreiben solltest du meine Theorie deswegen noch lange nicht«, erwiderte der Oberkommissar, ohne aufzublicken. »Denn die einzige Verbindung zwischen den beiden ist und bleibt ihre Computeraktivität. Und so unwahrscheinlich es auch sein mag, bin ich trotzdem der Meinung, dass sowohl Fehling als auch Topuz vom gleichen Killer umgebracht wurden. Außerdem steht noch immer die Frage im Raum, wie der Türke an die Schmauchspuren gekommen ist, die nun mal nicht wegzudiskutieren sind.«
    »Da gebe ich dir jetzt recht. Und wenn du fertig bist mit deinen Anschlussarbeiten, lass uns zuerst mal nachsehen, mit welcher Frau Topuz diesen angeblich heißen E-Mail-Verkehr hatte.«
    »Geht gleich los«, beruhigte Hain, schaltete den Rechner ein und wartete. Nach einer Zeit, die Lenz unendlich lang vorkam, ertönte die allseits bekannte Melodie, und es erschien ein Bild vom kleinen Sohn des Türken.
    »Verdammt, er hat seine Kiste mit einem Passwort geschützt«, fluchte Hain eine knappe Minute später.
    »Ruhig, Brauner«, sagte Lenz leise. »Versuch es mit Hassan Topuz .«
    Hain tippte, bekam jedoch eine Fehlermeldung.
    »Coole Idee. Hast du noch eine?«
    »Seine Frau hat damit Zugang gekriegt. Hat sie mir zumindest erzählt.«
    Der junge Oberkommissar tippte, argwöhnisch beobachtet von seinem Kollegen, noch einmal, und diesmal veränderte sich das Bild auf dem Monitor.
    »Ohne Leerzeichen. Na ja, wenn das alles war«, freute er sich und zog die Tastatur näher heran.
    »Seine Mails möchtest du sehen? Dann mal los.«

     
    Mit fliegenden Fingern wühlte er sich durch Topuz ’ E-Mail-Programm und hatte schnell den fraglichen Ordner gefunden. Er hieß › Amygdala ‹ und war vor vier Monaten angelegt worden. Die Polizisten arbeiteten sich chronologisch vorwärts, lasen jede Mail, die Topuz geschrieben hatte, und die dazugehörige Antwort der Frau. Am Anfang hatte der Schriftverkehr etwas von zwei Schülern, die unsicher und ungelenk einen ersten Kontakt herstellten. Die Frau kam angeblich aus Frankfurt, lebte dort allein, war 27 Jahre alt und arbeitete als Übersetzerin. Mit zunehmendem Vertrauen gab sie Topuz immer mehr Persönliches preis und fing an, sich über die Männer im

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