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Zitronen im Mondschein

Zitronen im Mondschein

Titel: Zitronen im Mondschein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mayer Gina
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versprochen hatte, erst einmal zuzuhören.
    »Ich kenne einen geheimen Weg über die Grenze. Mein Bekannter gibt mich als seinen Bruder aus, und du bist meine Frau.«
    »Dein Bekannter«, fragte sie. »Ist das ebenfalls ein Zwerg?«
    »Natürlich. Sonst wäre das mit den Brüdern ja wohl Unsinn.«
    »Es ist sehr gefährlich. Für Mirabella. Wenn man uns nun erwischt.«
    »Dann steckt man uns ins Gefängnis, und sie kommt zurück ins Kloster.«
    »Und wenn man uns erschießt?«
    »Dann sind wir tot.«
    Das entschied die Sache. Etwas Schlimmeres als der Tod konnte ihnen nicht passieren, und der Tod war allemal besser als der erbärmliche Zustand, in dem sie sich jetzt befanden.
    Sie packten ihre Sachen, nur das Allernötigste, und am nächsten Tag brachen sie von Sigmaringen nach Heiligenbronn auf. Sie legten den Großteil der Strecke zu Fuß zurück, manchmal nahm sie auch ein Fuhrmann oder ein Bauer mit.
    »Sie halten an, weil sie dich für ein Kind halten und Mitleid mit uns haben, und wenn sie dich erkannt haben, können sie nicht mehr zurück«, spottete Maria, und Mirko lachte. Zum ersten Mal seit Monaten lachte er wieder, und auch Maria fühlte sich so lebendig und froh, wie lange nicht mehr. Während ihrer Reise aßen sie kaum etwas, aber der Hunger belastete sie nicht, im Gegenteil, er verlieh ihnen ein Gefühl der Schwerelosigkeit. Leichtsinn. Vielleicht war es das, was die ganze Sache letztendlich zum Scheitern brachte.
    Denn als sie endlich in Heiligenbronn waren, gingen sie gemeinsam ins Kloster. Maria allein hätte vielleicht noch eineChance gehabt, doch zusammen mit Mirko, dem Zwerg, war es aussichtslos. Sie hätten es wissen müssen, sie hätten es gewusst, wenn sie nur ein paar Sekunden darüber nachgedacht hätten. Aber es konnte ihnen ja nicht schnell genug gehen.
    Die Schwester an der Pforte brachte sie ins Büro der Mutter Oberin.
    Die Oberin saß an einem schmalen Tisch, neben ihr noch eine andere Nonne. »Schwester Clementia«, stellte sie die Oberin vor. Schwester Clementia sah aus wie die leibliche Schwester der Oberin, beide hatten lange, blasse Gesichter, weiße Hauben, schwarze Schleier. Die Mutter Oberin trug eine Brille, die andere nicht, das war das einzige Unterscheidungsmerkmal.
    Maria und Mirko setzten sich auf die andere Seite des Tisches.
    »Ich verstehe nicht, was Sie von uns wollen«, sagte die Oberin. »Sie haben uns das Kind doch im Januar anvertraut.«
    »Ja, aber es war ein Irrtum. Nun möchten wir sie gerne wieder abholen«, sagte Maria.
    »Und in zwei Wochen bringen Sie sie wieder her? So geht das aber nicht«, meinte die andere Schwester.
    »Nein«, sagte Maria. »Wir behalten sie bei uns. Es war ein Irrtum.«
    »Das ist aber nicht möglich. Es tut mir leid, Sie dürfen sie nicht mitnehmen.«
    »Aber diese Frau ist die Mutter des Kindes«, sagte Mirko. »Sie können doch nicht einfach …«
    »Sie hat das Sorgerecht an das Kloster Heiligenbronn übertragen«, unterbrach ihn die Oberin scharf. »Hier ist die Unterschrift.« Sie reichte ihnen ein Schriftstück, auf dem wirklich und wahrhaftig Marias Unterschrift prangte, obwohl sie sich nicht erinnern konnte, dass sie jemals irgendetwas unterzeichnet hatte.
    Sie durften Mirabella nicht mitnehmen, sie durften sie nicht einmal sehen. »Und wenn Sie versuchen sollten, sie widerrechtlich zu entführen, rufen wir die Gendarmen«, drohte die Schwester ohne Brille.
    Dann brachte sie eine junge Novizin wieder nach draußen, bis hinter die Pforte.
    »Warum um alles in der Welt hast du dieses Papier unterschrieben?«, fragte Mirko fassungslos. »Wie konntest du bloß!«
    Was bist du nur für eine Mutter?
    Maria blickte über seinen Kopf hinweg auf die Klostergebäude. Fenster über Fenster, und alle waren schwarz und undurchsichtig. Vielleicht stand Mirabella in diesem Moment hinter einem von ihnen und sah sie und wunderte sich, warum sie nicht zu ihr hereinkamen. Vielleicht wünschte sie sich ja, dass sie endlich weggingen, weil es ihr jetzt so viel besser ging als früher. Vielleicht war sie gerade dabei, sie zu vergessen.
    »Glauben Sie mir, es ist das Beste für Ihr Kind«, hatte die Oberin noch gesagt. Genau wie Marthe und Domenica und Silvia und Herr Lombardi.
    »Wir müssen einen Weg finden, sie da herauszuholen«, sagte Mirko.
    »Ach, halt doch du den Mund!«, fuhr Maria ihn an, so laut, dass die Schwester in der Pforte neugierig den Hals reckte. »Was kümmert dich das überhaupt!«
    Sie war ungerecht, sie wusste ganz genau,

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