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Zitronen im Mondschein

Zitronen im Mondschein

Titel: Zitronen im Mondschein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mayer Gina
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einer Stadt am Fluss.
    »Meine Liebe.« Die Pressmann kam ihr mit ausgestreckten Armen entgegen. Einen Moment befürchtete Maria, dass sie sie umarmen könnte, aber kurz bevor sie sie erreicht hatte, ließFrau Pressmann die Arme wieder sinken. »Ich freue mich sehr, dass Sie es möglich machen konnten. Wünschen Sie Tee?«
    Sie führte Maria zu einem Diwan und nahm dann selbst auf einem Sessel Platz. Neben ihr stand ein Korb, in dem ein kleiner weißer Hund lag und schlief. Oder er war ausgestopft, dachte Maria, es war so seltsam, dass er so überhaupt nicht auf sie reagierte. Dann jedoch sah sie, dass sich die Flanke des Tieres in regelmäßigen Abständen hob und senkte.
    Im kalten Tageslicht wirkte die Puderschicht auf dem Gesicht der Pressmann wie Staub. Wie alt mochte sie sein? Jünger als Maria, älter als Gudrun. Um es richtig einzuschätzen, müsste man sie morgens nach dem Aufstehen sehen, dachte Maria, ohne Schminke und mit zerzaustem Haar. Aber vielleicht ging die Pressmann ja mit perfektem Make-up ins Bett.
    Frau Pressmanns Hand schwebte über der Messingglocke auf dem kleinen Tisch. Sie sah Maria erwartungsvoll an. Ja, richtig, der Tee.
    »Nein, danke.« Maria wollte nichts trinken, sie wollte die Sache so schnell wie möglich hinter sich bringen. Sie war nervös. Seit sie damals versucht hatte, Gudrun von der Saloneröffnung abzubringen, hatte sie niemandem mehr die Zukunft vorausgesagt. Sie hatte auch keine echten Visionen mehr erlebt. Die Muttergottes und Madame Argent besuchten sie nicht einmal mehr in ihren Träumen. Vermutlich waren auch sie angewidert von Maria, genau wie Mirabella.
    Maria legte ihre Beine übereinander. Die kunstseidenen Strümpfe machten ein zirpendes Geräusch, wie eine Stubenfliege, die gegen eine Fensterscheibe stößt. Nach dem Anziehen hatte sie die Strümpfe abgepudert, aber inzwischen glänzten sie schon wieder künstlich und billig.
    »Soll ich den Raum verdunkeln?« Der große Busen der Pressmann hob und senkte sich in schnellem Wechsel.
    »Nein, nein«, sagte Maria schnell. »Lassen Sie alles, wie es ist. Geben Sie mir Ihre rechte Hand.«
    Die Fingernägel der Pressmann waren perlmuttfarbene Ovale, die oberen Kanten glatt gefeilt und fest und makellos.Die Hände verraten das Alter einer Person, hieß es immer, aber Frau Pressmanns Hände verrieten nichts, außer dass sie ganz offensichtlich keine körperliche Arbeit und keine Anstrengung kannte.
    Maria drehte Frau Pressmanns Handrücken nach unten und betrachtete die offene Handfläche. Eine klare, lang gezogene Lebenslinie, darum herum ein zartes Geflecht aus Falten und Strichen, sternförmig am Daumenballen, kreuz und quer unter den Ansätzen der Finger. Was sagte ihr das? Nichts.
    Maria legte die Hand auf den Tisch, als wäre es irgendein Gegenstand, und schloss die Augen.
    Ich sehe ein helles Licht, so hatte sie früher ihre Prophezeiungen oft angefangen. Licht war gut, es gab den Menschen Hoffnung, und gleichzeitig legte man sich dadurch nicht allzu sehr fest.
    »Ich sehe ein helles Licht«, begann sie also. Ihre Stimme wurde dabei sehr tief und rau, das geschah immer noch unwillkürlich. »Und eine Frau.«
    »Ist es Gudrun?«, fragte die Pressmann aufgeregt. Das passte zu ihr, dass sie Maria gleich nach dem ersten Satz unterbrach.
    »Ich kann es nicht richtig erkennen.« In verschnörkelten, gewundenen Sätzen erzählte sie genau das, was Gudrun ihr aufgetragen hatte. Dass die Pressmann ihren Mann nicht verlassen sollte, dass sie trotzdem bei Gudrun bleiben sollte, dass alles gut war, wie es war.
    Sie erwartete, dass die Pressmann ganz zufrieden wäre mit der Prophezeiung. Immerhin konnte nun alles so bequem weitergehen, wie es angefangen hatte. Als Maria jedoch die Augen wieder öffnete, blickte sie in weit geöffnete Pupillen unter schwarz geschminkten Wimpern. »Ist das wirklich die Wahrheit?«, fragte die Pressmann misstrauisch.
    Maria starrte zurück und antwortete nicht.
    »Und auch in weiter Zukunft sehen Sie Gudrun noch?«, fuhr die Pressmann fort. »Sie sind sich also ganz sicher, dass sie bei mir bleibt?« Sie klang plötzlich ängstlich, ein vollkommen ungewohnter Zug an ihr.
    »Sie wird bei Ihnen bleiben, wenn Sie sie nicht zu sehr bedrängen«, sagte Maria. Und es stimmte wirklich, erkannte sie, Gudrun würde ihr Verhältnis zu Iris Pressmann nicht beenden, so lange diese nicht zu viel von ihr forderte, so lange sie wohlhabend und einflussreich blieb. Du kannst alles von ihr haben, dachte sie, nur

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