Zodius 01 - Ein Sturm zieht auf
»Darauf kann ich verzichten. Sie ist, was sie ist, das weiß ich besser als jeder andere. Wenn du Beweise willst, besorg ich sie dir. Wir haben jetzt eine Ladung Green Hornets. Lass Powells Lieferung, wo sie ist, und stell eine Satellitenverbindung her. Jetzt, da meine Mutter weiß, dass ich weiß, was sie treibt, werden sie sicher weggeschafft. Denn sie verkauft nicht nur an Powell. Sie steckt mit ihm unter einer Decke und das in jeglicher Hinsicht.«
Die Badezimmertür flog auf, und Cassandra erschien von Neonlicht umrahmt. Sie trug ein schwarzes T-Shirt und eine locker sitzende schwarze Jeans, die einen starken Kontrast zu ihrer bleichen Haut bildeten. Die noch immer schwarzen Augen schimmerten wie Opale in ihrem ungeschminkten Gesicht. Gier erfasste Michael, versetzte ihn in reine, weiß glühende Erregung. Er hatte geschworen, heute die Finger von ihr zu lassen und zuerst die Ergebnisse der Blutuntersuchung abzuwarten. Doch wie sollte man etwas so Grundlegendes wie das Atmen abstellen? Cassandra zu berühren, war genau dasselbe für ihn. Wie hatte er nur all die Jahre ohne sie leben können?
»Ich hab euch durch die Tür gehört«, verkündete sie, zögerte kurz und warf Michael einen gequälten Blick zu, während der übrige Raum verschwamm und sie sich nur an ihn richtete. »Falls mein Vater deine Mutter in die Sache hineingezogen hat, dann manipuliert er sie.« Sie verschränkte die Arme vor der Brust. »Er weiß alles von jedem Soldaten, den er in das Zodius-Projekt involviert hat. Er weiß garantiert auch alles von dir. Das Unternehmen deiner Familie produziert Waffen und beliefert damit die Regierung. Das wusste er, als er dich rekrutiert hat. Er wusste mit Sicherheit damals schon, wer deine Mutter ist. Das ist kein Zufall. Ich habe keine Zweifel, dass es für ihn nur das Sahnehäubchen ist, dass er sich mit deiner Mutter zusammengetan hat. Es ist eine Botschaft. Du hast dich in seine Welt gemogelt, ihm die Tochter genommen und ihn mit einem Messer bedroht. Und nun wetzt er die sprichwörtlichen Messer. Er hält deine Welt in den Händen. Er hat die Kontrolle, nicht du.« Sie atmete zitternd ein und stieß die Luft wieder aus. »Ich rede mir nicht mehr länger ein, dass er so etwas nicht tun würde. Ich habe versucht, ihn in Schutz zu nehmen und seine Handlungen zu rechtfertigen, aber damit ist jetzt Schluss. Es tut mir leid, was er dir und deiner Mutter antut.«
Michaels Herzschlag setzte für eine Sekunde aus, dann schlug es einen zornigen Rhythmus an. Powell sollte für das, was seine Tochter durchmachen musste, in der Hölle schmoren. Für das, was sie alle durchmachen mussten. »Entschuldige dich weder für deinen Vater noch für meine Mutter«, befahl er Cassandra. Es war ein Befehl, erbittert und guttural. Er würde nicht zulassen, dass sie sich das zumutete, und er würde seine Mutter nicht unbemerkt weitermachen lassen. »Wir müssen davon ausgehen, dass meine Mutter aus eigenem Antrieb handelt. Sie weiß, womit sie es zu tun hat.«
»Das kannst du doch nicht wissen, Michael«, beharrte Cassandra, während sie auf ihn zuging. »Was macht es für einen Unterschied, ob deine Mutter Green Hornets an die Regierung verkauft oder irgendwelche anderen Waffen?«
Seine Mutter wusste genau, was sie tat und warum sie es tat, darauf würde er Gift nehmen. »Sie kennt ihn«, sagte er. Stahl ummantelte seine Worte. »Gestern war jemand bei ihr. Ein Mann.«
Langsam begriff sie. »Du glaubst, dass es mein Vater war«, sagte sie. Obwohl es eine Feststellung war, nickte er. Sie öffnete den Mund, hielt kurz inne und flüsterte dann: »Und du glaubst, dass sie … was miteinander haben?«
»Ja«, erwiderte er grimmig. Trotz seines Bemühens, sie in Schach zu halten, schwangen die Schatten der Vergangenheit in seinem Ton mit. »Es war dein Vater.«
»Du weißt nicht zufällig, wo sich das PMI-Labor deines Vaters befindet, Cassandra?«, fragte Caleb.
Sie presste die Lippen zu einem schmalen Strich zusammen, als sie die Arme in einer Mischung aus Empörung und Rückzug vor dem Körper verschränkte. »Nein«, erwiderte sie. »Er hat es ›zu meinem eigenen Schutz‹ vor mir geheim gehalten. Seine berühmte Ausrede.«
Caleb fluchte und fuhr sich über den Nacken. »Wir müssen es wissen. Sonst drehen wir uns im Kreis. Er weiß, dass wir ihm auf den Fersen sind.«
»Ich finde das Labor«, bot sich Cassandra an. »Ich verschaffe mir Zugang zu seinem Computer und durchsuche seine persönlichen Sachen, sein
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