Zodius 01 - Ein Sturm zieht auf
Zweck er diente.
Mit einem Mal bemerkte sie, dass ihre Jacke fort und die Bluse verrutscht war. Das zwischen ihren Brüsten angebrachte Kabel war ebenfalls weg. Nun war sie auf sich allein gestellt, konfrontiert mit einem Mann, den sie kaum noch als ihren Vater erkannte.
»Hi, Engelchen«, sagte er, worauf sie ihn jäh ansah. »Was macht deine Migräne?«
»Warum tust du das?«, zischte sie. Auch wenn sie kaum begriff, was los war, suchte sie den Raum nach einer Tür ab – eine, links außen – und einem Telefon, das nirgends zu entdecken war. Ihre Handtasche lag neben ihrem Vater auf einem Labortisch; sie stand offen, als wäre sie durchwühlt worden.
»Ich, meine Liebste, versuche die Sicherheit unseres großartigen Volkes zu gewährleisten«, erwiderte er trocken. »Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie sehr es mich betrübt, dass du, mein kleines Mädchen, beschlossen hast, dich mit unseren Feinden zu verbrüdern.«
»Du meinst doch nicht etwa die Renegades?«, fragte sie. »Ist es wahr, Vater? Hast du wirklich vor, Red Dart gegen die Renegades zu richten? Jene Männer, die ihr Leben aufs Spiel setzen, um uns Adam vom Leib zu halten?«
»Sie sind alle GTECHs, Cassandra«, sagte er. »Alle bringen der Menschheit den Tod. Ich tue, was du von mir verlangt hast. Ich bringe in Ordnung, was ich in die Welt gesetzt habe. Ich begrenze den Schaden.«
»Mein Gott«, sagte sie. »Siehst du denn nicht, dass du bloß einen weiteren Albtraum lostrittst? Adam hat die Regierung infiltriert. Wenn er Red Dart nicht bekommt, bevor du ihn herausgibst, dann holt er ihn sich, sobald du es tust. Du ermöglichst ihnen die Vernichtung der Renegades, und sie sind das Einzige, was zwischen uns und den Zodius steht.«
»Adam wird nichts von mir bekommen, Cassandra«, knurrte er. Sein Gesicht lief rot an, was einem seltenen Gefühlsausbruch gleichkam. »Wann war ich je so dämlich, mir in die Karten sehen zu lassen?« Er starrte sie mit wutverzerrtem Gesicht an, ehe er sich aufrichtete. Er stülpte ihre Tasche um und wühlte sich durch den Inhalt. »Wo ist dein Handy?«
»Zu Hause«, erwiderte sie und fügte in sarkastischem Ton hinzu: »Das Klingeln war Gift für meine Migräne.«
»Wo ist dein Handy, Cassandra?«, blaffte er.
Sie wusste, worauf er aus war: Er wollte Kontakt mit Michael aufnehmen. »Zu Hause«, plärrte sie zurück, während sie einen flüchtigen Blick auf die Frau warf, die sich bisher im Hintergrund gehalten hatte. Ihr dunkles Haar und die Gesichtszüge erinnerten sie an Michael. »Ich weiß, wer Sie sind. Jocelyn Taylor. Sie sind Michaels Mutter.« Die Frau presste die Lippen zusammen, ihre Augen flackerten in einer Mischung aus Skrupel und Zorn. »Wie konnten Sie Michael nur so niederträchtig in den Rücken fallen?«
»Michael ist nie jemandem treu gewesen, außer sich selbst«, erwiderte sie, jedoch mit weniger Überzeugungskraft, als Cassandra angesichts ihrer Taten erwartet hätte.
»Kennen Sie Ihren Sohn überhaupt?«, fragte Cassandra. »Andere Menschen haben bei Michael stets Vorrang. Er setzt sein Leben immer wieder aufs Spiel, um andere zu retten.«
»Hast du etwa vergessen, dass er mich mit einem Messer bedroht hat?«, schaltete sich ihr Vater ein.
Cassandra funkelte ihn wütend an. »Wenn er deinen Tod gewollt hätte, würdest du nicht mehr leben«, erwiderte sie. »Er hat dich vor Adam gerettet, und ich denke, dass du das weißt. Du willst nur nicht derjenige sein, der gerettet werden muss. Du hast den Verstand verloren, Vater. Du steuerst auf deinen Untergang zu und reißt uns alle mit.«
»Das reicht«, schnappte Powell. »Wie lautet Michaels Nummer, Cassandra?«
»Ich weiß nicht, wie ich ihn erreichen kann«, sagte sie. »Selbst wenn ich es wüsste, warum sollte ich es ausgerechnet dir verraten?«
Er gestikulierte in Chins Richtung. »Legen Sie die Kontakte an. Verpassen Sie ihr Elektroschocks.«
Cassandra und Jocelyn schnappten gleichzeitig nach Luft. »Das traust du dich nicht«, verkündete Cassandra.
»Wie lautet die Nummer?«, wiederholte ihr Vater.
Obwohl Cassandra Todesangst hatte, kam es nicht infrage, Michael ans Messer zu liefern. Sie reckte trotzig das Kinn. »Ich weiß nicht, wie ich Michael erreichen kann.«
Ihr Vater starrte sie wütend an, dann gab er Chin ein Zeichen. »Legen Sie los.«
»Sie ist deine Tochter«, sagte Jocelyn und packte seinen Arm.
Er schüttelte sie ab. »Und Michael ist dein Sohn«, erwiderte er. »Wir müssen für das übergeordnete Wohl
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