Zodius 01 - Ein Sturm zieht auf
beobachtete, wie Kelly Sterling bearbeitete. Als der Monitor beim Bett einen gleichmäßigen, stabilen Rhythmus anzeigte, ließ er erleichtert die Schultern fallen. Die Green Hornets, jene grüne, von Taylor Industries hergestellte Munition, hatten einen guten Mann nicht das Leben gekostet. Er würde dafür sorgen, dass es dabei blieb.
Er hörte, wie Cassandra und Caleb erleichterte Seufzer ausstießen, während die Nervosität in der Nische des kleinen Wartebereichs abebbte.
»Caleb.« Eine Männerstimme ertönte von hinten.
Michael drehte sich um und entdeckte Dr. Walker, einen von einem halben Dutzend Ärzten, die Caleb von Groom Lake mitgenommen hatte. Der große Arzt mit den kurzen dunklen Haaren warf Michael einen argwöhnischen Blick zu, was Caleb nicht entging. »Er ist einer von uns. Schon immer gewesen.«
Michael hätte am liebsten die Zähne gefletscht, um den Mann verdammt noch mal zusammenzucken zu lassen. Als würde er sich nicht schon beschissen genug fühlen, ohne dass ihm noch signalisiert wurde, hier fehl am Platz zu sein. Andererseits – vielleicht stimmte das ja sogar.
»Was wollen Sie?«, bellte Michael gereizt, wobei er ein Knurren kaum unterdrücken konnte.
Dr. Walker räusperte sich nervös. »Die inneren Organe von Noah, Cooper und Jacob wurden nicht getroffen. Wir bringen Damion gleich in die Chirurgie, um ihm eine Kugel in der Nähe des Herzens zu entfernen. Die OP sollte komplikationslos verlaufen. Da sein Herz nicht direkt getroffen wurde, dürfte er bald wieder auf die Beine kommen. Sein Körper wird schnell heilen.«
Caleb nickte knapp. Er winkte den Arzt ein Stück den Flur hinunter, um mit ihm unter vier Augen zu sprechen. Michael bezweifelte nicht, dass es in dem Gespräch um ihn ging, was ihn nur noch mehr reizte.
Sein Blick fiel auf Cassandras schlammverschmiertes, bleiches Gesicht, und er winkte einer Schwester. »Wir brauchen einen Arzt.«
Cassandra wies die Frau kopfschüttelnd ab. »Es ist sinnvoller, wenn sie nach den Männern sieht, die in Lebensgefahr schweben. Mir fehlt nichts.«
»Nein«, wehrte er ab und dachte an ihren leblosen Körper, den er minutenlang in den Armen gehalten hatte. »Deine Atmung hat ausgesetzt. Du musst untersucht werden.« Er hob die Hand und winkte noch einmal nach der Schwester, die ihn anstierte, als sei er Freddy Krueger aus den alten Nightmare -Filmen. Er zog ein mürrisches Gesicht. »Zur Hölle, Frau. Ich bin kein Zodius, sondern Renegade. Und wir brauchen hier verdammt noch mal einen Arzt.«
»Beruhig dich«, sagte Cassandra und sah die Frau kopfschüttelnd an. »Mir fehlt nichts.«
»Ach, von wegen«, murrte er.
»Mir geht’s gut, Michael. Dank dir.« Ihre sanfte, beruhigende Hand schloss sich um seinen Arm. Er konnte sich weder Sanftheit noch Ruhe leisten. Nicht, solange Menschen dem Tod ins Auge blickten. Die falschen Menschen. Cassandra und Sterling statt Powell und Adam.
»Danke mir nicht, Cassandra«, zischte er, während Zorn in ihm aufstieg wie ein schwungvoll geworfenes Messer. Er wollte ihren Dank nicht. Er wollte … Nun, er wusste nicht, was er im Augenblick wollte außer Adams und Powells Blut und Cassandra unter sich zu spüren, während sie seinen Namen stöhnte. Und ihm ein kleines Stück vom Himmel schenkte, einen Ausweg.
Doch sie konnte nicht länger dafür herhalten. Nicht, ohne sich auf eine Verbindung einzulassen – mit einem Mann, der nicht einmal ein Mann war. Um das nicht aus den Augen zu verlieren, hatte er ihr aus dem Weg gehen und die Beziehung beenden wollen. Und wieder vergaß er es in ihrer Gegenwart.
Keiner von beiden ging dem anderen aus dem Weg. Stattdessen blickte sie mit diesen wunderschönen grünen Augen zu ihm auf – die wunderschön und grün bleiben sollten. Nicht schwarz. Sie sollten nicht in den Strudel der Obsidian-Hölle gesogen werden, was jedoch geschehen würde, wenn er sie gänzlich forderte.
»Ich kann mir nicht vorstellen, wie es sein muss, wie der Feind behandelt zu werden«, sagte Cassandra leise. »Du bist in Zodius durch die Hölle gegangen. Aber deswegen bin ich stolz auf dich und auch auf das, was du getan hast.«
Ihm schnürte sich die Brust zusammen. Er wandte den Blick ab und lenkte ihn auf die Glasscheibe. »Du würdest anders denken, wenn du wüsstest, was ich dort tun musste.« Seine Funktion als Adams persönlicher Leibwächter, Tyrann und Terrorist hatte er nur allzu gut erfüllt. Und allzu leicht. Mitunter hatte er sogar vergessen, dass er so nicht war.
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