Zodius 01 - Ein Sturm zieht auf
diese Spritze geben, werden Sie es bereuen«, warnte er.
Jocelyns volle Lippen hoben sich ungerührt zu einem Lächeln, während sie nach einem Infusionsständer griff. »Für einen ans Bett gefesselten Mann sind Sie sehr hartnäckig.« Sie führte die Spritze in den Infusionsschlauch und leerte sie.
»Das nächste Mal sind Sie ans Bett gefesselt, und dann lasse ich meinem Willen freien Lauf.« Für ihre Arglist war sie ihm ein wenig Spaß schuldig.
Sie zog eine Augenbraue hoch. »Versprechungen, Versprechungen. Im Augenblick bezweifle ich, dass Sie sich die Schuhe selbst binden können, geschweige denn, mich fesseln.« Sie schleuderte die Spritze in einen Mülleimer und machte es sich neben ihm bequem, dann legte sie eine Hand auf seine Brust. Sie war warm auf seiner kalten Haut. »Wie wäre es, wenn wir uns darüber unterhalten, was mit Ihnen geschieht?«
Eine plötzliche Schwere trommelte über seine Augenlider, verschmolz mit der Hitze ihrer Handfläche und zerrte ihn in eine Lethargie hinein. »Sagen. Sie. Es. Mir.«
»Sie haben das GTECH-Serum bekommen – ein spezielles Serum, das noch kein anderer Mann erhalten hat. Sie werden der stärkste und kompetenteste GTECH sein – was Sie als deren Befehlshaber auch sein sollten.«
Der Stärkste . Die Welt drehte sich in Brocks von Drogen vernebeltem Verstand. Diese Welt gefiel ihm. Ihm gefiel Jocelyns Stimme – so klangvoll und weiblich.
Sie fuhr fort: »Während des Übergangs entstehen Schmerzen, da sich Ihre Muskeln und Ihr Flüssigkeitshaushalt anpassen. Aber wenn es vorbei ist, werden Sie der mächtigste Mann der Welt sein, und wir fangen an, Ihre Armee aufzubauen.« Sie rutschte näher heran. Wie im Van stach ihm trotz seiner schwindenden Sinne ihr irrer, exotischer Duft in die Nase. »Sie werden ein Held sein, Brock.«
Ein Held, dachte er lächelnd. Er würde ein Held sein. Der mächtigste Mann der Welt.
Genugtuung schlüpfte in seinen Verstand, und er gestattete seinen Augen, sich zu schließen, gestattete der Dunkelheit, das grelle Licht zu überwinden.
17
Michael hielt Cassandras schlaffen Körper in den Armen und materialisierte sich vor der Höhlenwand zu Sunrise City. Er war kaum fähig zu atmen, und wenn Cassandra es nicht tat, wollte er gewiss auch nicht mehr. Er musste sie unbedingt an einen sicheren Ort bringen und trat vor den unsichtbaren Punkt, der ihn einscannte und identifizierte. Die Höhle spaltete sich in zwei Teile und gewährte Zugang zu einem versteckten Eingang. Innerhalb einer Sekunde stand Michael im Inneren der enormen Lagerhalle, die den Einstieg zu Sunrise City bildete, während sich die Türen automatisch hinter ihm schlossen.
Als er Cassandras tropfnassen Körper niederlegte, hatte er das Gefühl, als würde seine Brust in einen Schraubstock gespannt. Ein Blick in ihr blasses Gesicht genügte, um sich seiner größten Angst zu stellen – sie atmete tatsächlich nicht.
»Nein!« Er stieß einen Schrei aus, kauerte sich neben sie, riss den Körperpanzer bis zur Taille auf und begann mit der Reanimation. Sie musste leben. Musste leben . Chaos stürmte auf ihn ein, Trotz, Schmerz und Zorn. Er presste die Lippen auf ihre. Während er sich verzweifelt um ihre Rettung bemühte, schwirrte ihm der Kopf vor quälenden Gedanken. Schuldgefühle stürzten auf ihn ein. Er hatte das zu verantworten. Es war allein sein Werk.
Mit Vernunft versuchte er den niederschmetternden Schlag zu verhindern: Wenn sie in einer Verbindung gelebt hätten, dann wäre er bei ihr gewesen und hätte die Frauen in Zodius nicht retten können, hätte nie von Red Dart erfahren, und der Körperpanzer hätte ihm nicht zur Verfügung gestanden. Wenn er sich mit ihr verbunden hätte, wäre es ihm möglich gewesen, ihr uneingeschränkten Schutz zu bieten. Dann würde sie nicht im Sterben liegen. Oder wäre nicht bereits tot. Er richtete sich auf und schrie aus vollem Hals. Sie war tot. Sie war tot. Und er ebenfalls. Sie zu verlieren, war das Einzige, was er nicht ertragen, die einzige Prüfung, die er nicht bestehen konnte.
Ein markerschütternder Schrei wand sich spiralförmig durch die Dunkelheit, die Cassandra verzehrte. Weiße Flecken rührten an dem Schwarz und Grau vor ihren Augen. Sie erwachte keuchend und setzte sich auf, Kopf und Magen drehten sich. Doch es gab nur eins, was wichtig war. Michael rief nach ihr. Er rief nicht nur – er schrie mit schmerzverzerrtem Gesicht aus tiefster Brust.
Er schrie nach ihr. Sie wusste es mit jeder Faser ihres
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