Zodius: Gegen den Sturm (German Edition)
sie. »Es war der spezielle Cocktail, den Iceman entwickelt hat. Den er erst seit wenigen Tagen in großem Maßstab auf der Straße unter die Leute bringt. Und mit meiner Hilfe können Sie ihn aufhalten. Ich rufe in ein paar Tagen wieder an, wenn sich die Opferzahl erhöht hat.« Sie legte auf.
Stille füllte den Raum mit wachsender Spannung, bis Michael sagte: »Becca kann uns helfen, dem ein Ende zu setzen.«
»Sie wird sterben, und Dorian wird sich davonmachen«, widersprach Sterling. »Das löst keines unserer Probleme.«
»Und genau deshalb werde ich ihr auch nicht erlauben, ihr Leben aufs Spiel zu setzen – es sei denn, ich weiß, dass sie ihre Fähigkeiten gut genug unter Kontrolle hat, um sich selbst schützen zu können«, entgegnete Caleb. »Aber um das richtig einschätzen zu können, muss ich mit ihr zusammenarbeiten. Du kennst mich, Sterling. Du weißt, dass ich sie nicht den Löwen zum Fraß vorwerfen würde.« Er zögerte, dann fügte er hinzu: »Aber sie hat es verdient, selbst wählen zu dürfen.«
Sterling sah Caleb mit schmalen Augen finster an. Was da in Calebs Worten mitschwang, gab ihm die Gewissheit, dass sich Caleb in Beccas Bewusstsein Einblick in ihre Beziehung verschafft hatte, und das passte ihm ganz und gar nicht. Außerdem lenkte es seine Aufmerksamkeit auf einen weiteren Punkt: Becca würde es ihm wahrscheinlich nicht verzeihen, wenn er ihr die Wahl abnahm, aber das würde ihn kaum daran hindern können, wenn er sie eben dadurch zu schützen vermochte. »Gut, dann arbeite mit ihr, aber lass Dorian aus dem Spiel. Zumindest so lange, bis wir wissen, ob sie sich wirklich selbst verteidigen kann.«
Siehe da. Er hatte doch tatsächlich zugestimmt. Gewissermaßen. Und er konnte am Ausdruck von Calebs Augen ablesen, dass sein Freund wusste, dass er sich zu mehr im Moment jedenfalls nicht breitschlagen lassen würde – wenn überhaupt je. Becca zu beschützen war für ihn so notwendig geworden wie das Atmen.
Eine gute Stunde nachdem Sterling sie in seinem Bett allein gelassen hatte, damit sie es sich gemütlich machte und sich »wie zu Hause« fühlte, stand Becca im Labor und arbeitete intensiv an der Immunisierung gegen
Ice
. Gerade beschäftigte sie sich mit der Zusammenstellung einer Liste jener häufigen irdischen Organismen und Substanzen, von denen sie glaubte, dass sie für eine Analyse ihres Reaktionsverhaltens vielversprechend waren.
Der Timer auf dem Schreibtisch piepte und signalisierte ihr, dass es Zeit für ihre Dosis war. Sterling hatte einen großen
Ice
-Vorrat in seinem Apartment zurückgelassen, und nun zog sie eine Ampulle aus dem Laborkittel, den sie über ihrer schwarzen Lieblingshose trug, die sie zu ihrer großen Freude unter den von Cassandra mitgebrachten Sachen gefunden hatte.
Mit zitternden Händen öffnete sie den Verschluss und verschüttete ein paar Tropfen der Droge auf das rosa Hemd, das unter ihrem Laborkittel hervorlugte. Sie verzog das Gesicht und wischte das Vergossene weg. Das Hemd war eines ihrer Lieblingsstücke. Sie hatte es von einer ihrer NASA -Exkursionen während ihres Studiums mitgebracht. Auf seiner Vorderseite prangte der Schriftzug: »Wissenschaft – der Saft zum Mond«; eine Art Variation über das Thema »Wissen ist Nahrung fürs Gehirn«. Sie freute sich immer über den perplexen Ausdruck auf den Gesichtern der Menschen, wenn sie den Aufdruck sahen und nicht den Mut hatten zu fragen, was er bedeutete.
Ein wenig von dieser Erheiterung hätte sie im Moment gebrauchen können, als sie die Ampulle ansetzte, dann zögerte und sich fragte, warum sie so heftig zitterte. Sie hatte nun tatsächlich dieses Tattoo im Nacken. Sobald Sterling den Raum verlassen hatte, war sie zum Spiegel gerast, um zu sehen, ob das Symbol inzwischen vielleicht verschwunden war, aber es war immer noch da gewesen.
Becca nahm die Ampulle von den Lippen und setzte den Verschluss wieder auf. Was, wenn die Kombination dieser drei Faktoren – ein unvollständiges Lebensband, ihr Krebs und das
Ice
– irgendwie Einfluss auf die von ihr benötigte Dosis genommen hatte? Es war wohl besser, sie nahm sich vor und nach der Einnahme des
Ice
Blut ab, denn sie fühlte sich überhaupt nicht wohl. Tatsächlich war ihr sogar verdammt übel.
Du musst was essen,
sagte sie sich.
Aber tief im Innern wusste die Frau und Wissenschaftlerin in ihr, dass es nicht nur das war. Was, wenn das, was sie empfand, etwas mit ihrem unvollständigen Lebensband mit Sterling zu tun hatte? Leider
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