Zoe und der mächtige Tycoon
gefühlt. Frei, zufrieden und … heil. Geliebt!
Nein, das war absolut lächerlich! Und sie wusste es. Sie kannte den Mann, der ihr für einen Moment den Himmel auf Erden gezeigt hatte, doch gar nicht. Ebenso wenig wie er sie. Für ihn war sie einfach nur Zoe. Und so sollte es auch bleiben. Eine einzige Nacht konnte daran nichts ändern.
Aber durfte man nicht wenigstens träumen?
Nachdem Zoe ihr improvisiertes Gewand hochgerafft hatte, ging sie in den Wohnraum hinüber. Auch hier keine Spur von Max. Sie schaute in der Küche und in zwei weiteren Schlafräumen nach. Wieder nichts. Auch nicht im Esszimmer, in Max’ Arbeitszimmer und in der Bibliothek. Ob er das Apartment verlassen hatte?
Verwirrt stand sie mitten in der Bibliothek, deren umlaufende, raumhohe Regalwände mit kostbar wirkenden, in Leder gebundenen Büchern bestückt waren. In einer Ecke stand ein riesiger Mahagonischreibtisch. Ein schwacher Duft nach Leder und Pfeifenrauch bescherte Zoe ein Déjà-vu. Für einen bittersüßen Moment sah sie sich selbst als Kind in der Bibliothek ihres Vaters sitzen.
Oscar …
Erneut regten sich Unsicherheit und Furcht in ihr. Als sie eine Bewegung im Augenwinkel wahrnahm, fuhr Zoe erschrocken herum, wobei ihr die Satindecke entglitt und wie ein dunkles Blütenblatt zu Boden segelte.
Erst jetzt fiel ihr auf, dass sich die Terrasse offenbar um das gesamte Penthouse zog. Denn quer durch den rundum verglasten Speiseraum und das weitläufige Wohnzimmer sah sie Max draußen im Freien stehen. Ohne ihn aus den Augen zu lassen, wickelte sie sich wieder in die Decke, durchquerte beide Zimmer und trat auf die Terrasse hinaus.
„Da bist du ja“, sagte sie in leichtem Ton, hörte aber selbst die Unsicherheit in ihrer Stimme.
Max stand bewegungslos mit einer Hüfte an die halbhohe Balustrade gelehnt und hielt einen Keramikbecher in den Händen. Er hob den Kopf und sah ihr entgegen, obwohl Zoe das seltsame Gefühl hatte, dass er an ihr vorbei oder durch sie hindurch sehen würde. Natürlich war er längst angezogen und wirkte wie der frische Morgen, während sie …
Verdammt! Was musste sie für ein Bild abgeben? Warum hatte sie sich nicht auch angezogen? Dann würde sie sich jetzt entschieden wohler und selbstsicherer fühlen!
„Ja, da bin ich“, murmelte Max, ohne eine Miene zu verziehen.
„Du trinkst Kaffee? Ich war eben in der Küche, habe aber nichts gerochen. Dabei würde ich alles für eine Tasse heißen Kaffee …“
„Ich habe ihn schon vor Stunden gemacht, inzwischen ist er kalt“, unterbrach er sie kalt. In seiner dunklen Stimme lag nicht eine Spur von Wärme oder Entgegenkommen.
„Oh …“ Zoe zog ihr Gewand noch fester um sich und warf die vom Schlaf zerzausten Locken mit einer lässigen Geste über die Schultern zurück. So hoffte sie, ein wenig lässiger rüberzukommen. Außerdem … welcher Mann würde schon einer Frau widerstehen können, die nur mit einer Satindecke bekleidet vor ihm stand?
„Nun, dann setze ich am besten frischen Kaffee auf. Kannst du mir vielleicht eins von deinen T-Shirts leihen?“
„Ich halte das für keine gute Idee.“
Anfangs glaubte Zoe, sich verhört zu haben. Ihre Finger krampften sich um das Satin, während ihr Herz plötzlich im Stakkato klopfte. Max wirkte so kühl und distanziert, dass sie sich am liebsten auf der Stelle unsichtbar gemacht hätte.
Nein! flehte sie innerlich. Bitte nicht! Nicht so ein Ende …
Was war geschehen, dass er sich in der kurzen Zeit so verändert hatte? Vom leidenschaftlichen Liebhaber zu diesem Fremden, in dessen Blick sie nur Ablehnung und eine gewisse Ungeduld las? Wahrscheinlich war sie für ihn nicht mehr als ein Intermezzo, das er schnellstmöglich beenden wollte, um sich seinen wichtigeren Tagesgeschäften zu widmen.
„Warum?“, fragte sie rau und zwang sich zu einem Lächeln. „Ist das Kaffeepulver ausgegangen?“
„Nein“, kam es knapp zurück. „Aber ich denke, du wirst gar nicht lange genug bleiben, um Kaffee oder Wäsche zum Wechseln zu brauchen.“
Es fühlte sich an, als hätte sie eine schallende Ohrfeige bekommen. Sie öffnete den Mund zu einer entsprechenden Entgegnung, doch in ihrem Kopf fühlte sie nur eine beklemmende Leere. Aber sie musste etwas sagen!
„Ich würde dir ja gern für deine Gastfreundschaft danken, bevor ich gehe“, brachte sie schließlich gepresst hervor. „Aber …“
„Nicht nötig.“ Sein Mund war eine einzige, harte Linie.
Zoe wandte sich ab, zögerte und drehte sich dann
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