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Zoë

Titel: Zoë Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Carmichael
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zurück. Doch seit dem Tag, als sie bei der Geburt des Jungen gestorben war, wollte der Kater nichts mehr von den Menschen wissen. Es war riskant, Fressen von dem Mädchen anzunehmen, das wusste er, doch in seinem Alter war er nicht mehr der Jäger, der er einmal gewesen war. Morgen oder übermorgen konnte er das Fressen ja auch einfach stehen lassen, falls da überhaupt welches sein sollte. Auf Menschen war nie Verlass. Aber für dieses Mal ließ er sich überzeugen.
     
     
     
     
     

3
    Henry kam kurz vor Sonnenuntergang zurück, aber es dauerte nicht lange, da wünschte ich mir, er wäre weggeblieben. Erst schien alles in Ordnung, er war müde, aber umgänglich, schob mir sogar meine fünfzig Dollar rüber, als Fred bezeugte, dass er den Kater gesehen habe.
    »Er ist schwarz-weiß gefleckt und hat einen Schnurrbart«, sagte ich zu Henry.
    »Ihr könnt mir viel erzählen. Ich hab ihn ja nicht mit eigenen Augen gesehen«, sagte Henry.
    »Aber Fred hat ihn gesehen. Stimmt’s, Fred?«
    Fred nickte. »Ein kräftiges Exemplar. Wiegt glatt seine fünf, sechs Kilo. Ich hab zugesehen, wie er auf einen Satz einen halben Wels von unserem Abendessen geschluckt hat.«
    Henry guckte skeptisch, so als hätten wir die ganze Geschichte frei erfunden.
    »Und weißt du, was noch passiert ist?«, fragte ich und wedelte mit meinen Geldscheinen herum. »Ich bin verhaftet worden!«
    »Wie bitte?« Henry sah Fred an.
    »Bei Sheriff Bean gab’s eine kleine Theateraufführung«, erklärte Fred.
    »Das war kein Theater! Er hat einen Fingerabdruck von mir genommen. Und Fred musste Bußgeld zahlen.«
    »Bußgeld?«, fragte Henry.
    »Kaugummi«, sagte ich. »Zwölf Päckchen!«
    »Unser Sheriff hat wieder mal mit dem Rauchen aufgehört«, warf Fred ein.
    »Verstehe«, sagte Henry.
    »Er sagt, wenn ich mir auch bloß den Fuß verstauche oder so, dann steckt er dich ins Gefängnis und wirft den Schlüssel weg!«
    »Das nenn ich Gerechtigkeit«, brummte Henry.
    »Anschließend hat er mich in Freds Gewahrsam entlassen, und ich hab den Padre und Bessie kennengelernt!«
    »Alles in Ordnung mit Bessie?«, wollte Henry wissen.
    »Sie hatte einen guten Tag«, antwortete Fred. »Und du?«
    Henry seufzte und guckte genervt. Das wurde sogar noch schlimmer, nachdem Fred ihm ein Häufchen Zettel gereicht hatte mit lauter Nachrichten, alle von derselben Frau. Drei- oder viermal hatte sie schon angerufen, seit Fred und ich zurück waren. Kaum hatte Henry den Namen gelesen, stürmte er fluchend in seine Werkstatt.
    Ich verzog mich in mein Zimmer. Meine Erfahrungen mit wütenden Erwachsenen hatten mich gelehrt, mich lieber aus der Schusslinie zu ziehen. Nach ein paar Minuten hörte ich, wie Freds Lieferwagen aus der Einfahrt fuhr. Gleich darauf warf Henry seine Maschinen an, dazu dröhnte seine grässliche Musik. Mich hatte er völlig vergessen. Also putzte ich mir die Zähne und legte mich mit meinem Notizbuch ins Bett.
    Ich betrachtete all die Sachen, die Fred und ich mit Henrys Geld bei unserem Ausflug in die Stadt besorgt hatten, hauptsächlich Wintersachen: eine warme Jacke, zwei Pullover, drei Paar Jeans und ein halbes Dutzend langärmliger T-Shirts in verschiedenen Farben. Kein einziges Teil aus einem Secondhand-Laden, kein Sonderangebot aus dem Billigladen, mit Flecken oder Löchern, die man unter dem Hosenbund oder unter einem Pullover verstecken musste, damit keiner sie sah. Alles absolut neu, nochin Plastik verpackt und mit Preisschildern dran. Auf meiner Kommode lagen sechs Paar Socken und sechs Garnituren Unterwäsche, und unten in meinem Schrank stand ein Paar neue Turnschuhe, die weder an der Ferse scheuerten noch an den Zehen drückten, neben meinem kostbarsten brandneuen Besitz: einem Paar roter Lederstiefel. Fast zu schön zum Anziehen.
    Ich ließ mich in meine Kissen sinken und dachte an all das, was an diesem Tag schön gewesen war, angefangen mit der Katze, genauer gesagt dem Kater. Er war groß und schwarz mit weißem Bauch und Lätzchen und vier weißen Pfoten, dazu ein weißes Dreieck um die Nase, mit einem schwarzen Fleck auf einer Seite, wie ein halber Schnurrbart. Wir hatten in Freds Pick-up gesessen, ohne uns zu bewegen, ohne zu sprechen, und zugesehen, wie er sein Fressen bis auf den letzten Bissen verputzte. Danach schaute er mit seinen schläfrigen, grün-goldenen Augen auf und in unsere Richtung, leckte sich einmal über die Schnauze und verschwand wieder im dichten Gestrüpp.
    Kaum waren wir von der Einfahrt in die Straße

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