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Zoë

Titel: Zoë Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Carmichael
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das lauteste Lachen, das man sich vorstellen kann.
    »Schätzchen«, sagte Bessie, »du und ich, wir zwei werden dicke Freundinnen.«
    »Wisst ihr«, sagte der Padre, »eine Geschichte, das wäre vielleicht was. Eine Geschichte über die heilige Theresa von Avila.«
    Mit Heiligen kannte ich mich sogar einigermaßen aus. Rita, also Mannys Mama, ging regelmäßig in die Kirche, und sie hat mich manchmal sonntags mit zur Messe geschleppt. Sie redete über den heiligen Soundso und die heilige Soundso, als wären es die Leute von nebenan oder jemand, den sie eben beim Einkaufen getroffen hatte, mit dem einzigen Unterschied, dass sie einen Heiligenschein hatten. »Ich hab zur heiligen Martha gebetet, sie soll dafür sorgen, dass Manny senior mal den Hintern hochkriegt und mir beim Abwasch hilft«, sagte sie zum Beispiel oder: »Wenn der heilige Antonius mir nicht geholfen hätte – ich würde heute noch über den Parkplatz vor dem Einkaufszentrum irren und mein Auto suchen.« Laut Rita hatte jeder Heilige besondere Fähigkeiten, und der heilige Antonius war dafür zuständig, verlorene Sachen wiederzufinden, während die heilige Martha die Helferin der Hausfrauen war. Sie selbst war nach der heiligen Rita benannt, der Schutzpatronin für verzweifelte Lagen. Der Arzt hatte Ritas Mutter nämlich gesagt, sie könne keine Kinder bekommen. Ritas zweitliebster Heiliger war Judas Thaddäus, ebenfalls zuständig für hoffnungslose Fälle. Rita lag dem armen Heiligen unablässig in den Ohren wegen Manny.
    »Von der heiligen Theresa habe ich noch nie gehört«, sagte ich.
    »Du erinnerst mich an sie«, sagte der Padre.
    »Wieso?«
    »Vor ungefähr fünfhundert Jahren ritt die heilige Theresa einmal auf einem Esel durch Spanien. Gott ließ zu, dass sie hinunterfiel in den Staub, und als sie sich beschwerte, sagte er: ›So gehe ich nun mal mit meinen Freunden um‹, worauf Theresa antwortete: ›Deshalb hast du auch so wenige.‹«
    Der Padre guckte verschmitzt, und wir mussten alle lachen.
    »Eins zu null für die heilige Theresa«, sagte ich, leckte meine Fingerspitze an und zeichnete das Spielergebnis in die Luft.
    »Hübscher Einfall«, sagte der Padre.
    »Ein guter Anfang für eine Predigt, so eine Geschichte«, fand ich. »Mrs Wilson würde sie allerdings nicht gefallen.«
    »Die würde einen Anfall kriegen!«, rief Bessie und kicherte.
    »Sie müssen ihr auf jeden Fall verraten, von wem Sie die Idee haben«, sagte ich.
    »Ihr habt euch heute alle miteinander schon ziemlich viel Zeit im Fegefeuer verdient«, neckte uns Fred.
    Aber Bessie grinste bloß. »Das war jede Minute Leiden wert.«
    »Ich kenne noch eine Geschichte«, sagte der Padre.
    »Wieder von einem Heiligen?«
    Er dachte nach. »Wie man’s nimmt.«
    Ich lehnte mich in meinen Sessel zurück.
    »Sie spielt an dem Tag, als Henry in der Kirche das Kreuz aufgehängt hat, das er in Bessies Auftrag hergestellt hatte«, begann der Padre. »Das war vor vier oder fünf Jahren, etwa eine Stunde vor dem Samstagabendgottesdienst. Einige Gemeindemitglieder waren schon früh gekommen und knieten betend in den Bänken. Henry stand auf einer wackligen Leiter hinter dem Altar. Der Putz bröckelte beim Bohren, und Henry schimpfte und fluchte bei allen heiligen Namen.«
    »Das passt«, sagte ich.
    Der Padre nickte. »So ging das eine ganze Weile. Schließlich kam eine der diplomatischeren Kirchgängerinnen völlig aufgeregt zu mir, rang die Hände und sagte: ›Herr Pfarrer, Sie müssen mit Dr. Royster sprechen, das ist Gotteslästerung! Ihre Pfarrkinder beschweren sich schon! Bitte sagen Sie ihm, dass er damit aufhören soll.‹ Meine Antwort war: ›Ich verstehe sehr wohl, Abigail, und ich teile Ihr Unbehagen durchaus, aber einen betenden Menschen soll man nicht stören.‹«
    Wieder mussten wir alle lachen und Bessie am lautesten.
    »Nie werde ich den Moment vergessen, als Lucinda Wilsonhereinkam, gerade als Henry das Kreuz fertig aufgehängt hatte«, fuhr der Padre fort. »Sie warf einen Blick darauf, dann sagte sie Henry ins Gesicht: ›Das ist das Hässlichste, was ich je gesehen habe.‹ Worauf Henry erwiderte: ›Machen Sie einfach die Augen zu, dann ist es weg.‹«
    Bessie klatschte in die Hände, sagte, sie könne diese Geschichte gar nicht oft genug hören, und verlangte gleich nach der nächsten, doch Fred meinte, es sei Zeit für ihr Nachmittagsschläfchen. Erst protestierte sie, er würde sie ans Bett fesseln, sagte sie, doch ich fand auch, dass sie müde

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