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Zombie-Ballade

Zombie-Ballade

Titel: Zombie-Ballade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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anderen. »Madam, ich will nicht neugierig sein, es steht mir auch nicht zu, aber ich frage mich, weshalb Sie mich mitgenommen haben.«
    Die Lippen der Frau bewegten sich. Es sollte ein Lächeln sein, war aber nur ein Zucken. »Es gibt bestimmte Gründe, einer davon gravierend. Du sollst sie kennen lernen.«
    Spiro begriff nicht recht. Er überlegte sich die Antwort, aber seine Chefin ließ ihm keine Zeit. »Ich will, dass du sie siehst.«
    »Die Toten?«
    Mary Arm räusperte sich. »Du bist ein Realist, nicht wahr?«
    »Ja, Madam.«
    »Und du verlässt dich entweder auf deine Fäuste oder auf deinen Revolver. Du glaubst nur an Dinge, die du siehst, die man dir beweist. Was jenseits dieser beweiskräftigen Tatsachen liegt, ist dir egal. Oder?«
    »So ist es.«
    »Und das ist falsch. Ich habe lange überlegt, ob ich dich einweihen soll, doch ich konnte dich beobachten und glaube, du sollst es wissen, denn du wirst mit ihnen leben müssen, Spiro.«
    Das Grinsen des Mannes wirkte ein wenig dümmlich. Aus Verlegenheit rückte er die Pelzmütze zurecht. Mrs. Baxter sprach oft in Rätseln, auch jetzt. Er hatte sich nie darüber Gedanken gemacht, aber in diesen Minuten vor dem Totenhaus wurde ihm mulmig.
    »Es ist noch immer nicht in deinen Schädel hineingegangen, wie ich bemerke.«
    »N… nein…«
    »Wie ich schon sagte, Spiro. Du wirst mit ihnen leben müssen.«
    »Aber doch nicht mit den Toten, Madam.«
    »Manchmal sind Dinge, die wir als tot ansehen, nicht tot. Dann leben sie, nur eben anders.«
    »Tote, die leben?« flüsterte er. »Dafür gibt es einen anderen Begriff. Zombies…«
    »Zum Beispiel…«
    Spiro atmete durch die Nase ein und spürte die kalte Luft, die sich in seinem Hirn festzusetzen schien. Die Antwort lag ihm auf der Zunge, nur traute er sich nicht, sie zu geben, weil ihm das Ganze absurd vorkam. Zudem winkte seine Chefin ab.
    »Du wirst es schon sehen, Spiro.« Mit diesen Worten setzte sie sich in Bewegung und schritt auf das Totenhaus zu. In der rechten Hand hatte sie einen flachen, glänzenden Schlüssel.
    Spiro kamen die Dinge nicht geheuer vor. Mary Arm hatte schon immer seltsame Anwandlungen gehabt - er brauchte da nur an die schwarzen Kerzen in ihrem Schlafzimmer zu denken - , aber was sie jetzt tat, setzte dem Fass die Krone auf. Sie redete von ihren verstorbenen Männern, als wären diese noch am Leben.
    Vielleicht war sie auch nicht mehr normal. Welcher Mensch ging schon gern auf den Friedhof? Und dann so oft. Sie hatte die Tür geöffnet, drehte sich um und winkte ihrem Leibwächter und Vasallen zu. Einem anderen hätte der Mann etwas gepfiffen, aber Mary Anns Bewegung folgte er.
    Er ging geduckt, den Kopf etwas eingezogen. Er schaute an der Baxter vorbei in das düstere Totenhaus, wo ihre Ehemänner lagen. Sie hatte Spiro nie mitgenommen. Das war heute eine Premiere, auf die er liebend gern verzichtet hätte. Er mochte kein Totenhaus, die Umgebung war ihm suspekt. Seine Chefin hatte zudem ein besonderes Verhältnis zu den Verstorbenen.
    »Bitte, Spiro, geh hinein. Du sollst sie sehen und sie begrüßen. Sie werden bestimmt mit dir einverstanden sein.« Die Stimme der Baxter war wie ein Hauch in der kalten Winternacht. Ein böses Flüstern, und Spiro verhielt neben ihr seinen Schritt.
    »Was haben Sie da gesagt, Madam?«
    Sie strich mit kalten Fingern über seine Wange. »Nichts, mein Lieber, gar nichts. Geh weiter…«
    Er betrat das Totenhaus. Zwischen den düsteren Wänden kam er sich wie eingeklemmt vor, obwohl Platz genug war. Von außen hatte das Totenhaus so billig ausgesehen, das Interieur hatte sich die Frau etwas kosten lassen.
    Schwarzer Marmor an den Wänden. Glatt und fugenlos. Jedenfalls fühlte er nichts, als er mit den Händen über die Wand strich und die Stimme der Frau hörte. Sie befahl ihm, stehen zu bleiben. Sie selbst ging weiter. Er hörte ihre vorsichtig gesetzten Schritte, als hätte sie Furcht, einen ihrer drei toten Männer zu wecken. Von den Särgen hatte Spiro bisher noch nichts gesehen, auch Mary Ann verschwand im Schatten. Er hörte sie und auch ein bekanntes Geräusch, als der Zündkopf eines Streichholzes über eine Reibfläche glitt und eine Flamme hoch zuckte.
    Sie fand Nahrung an einem Kerzendocht. Noch zwei weitere Flammen leuchteten auf und erhellten das Totenhaus. Die drei Särge, die dort standen, wirkten wie eine gespenstische Drohung aus einem Gruselfilm und Spiro sah, dass seine Chefin auf die Särge zuschritt, neben ihnen stehen blieb und den

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